Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte
zu verraten, was wirklich in ihr vorgeht. Es ist nur der Hormoncocktail, der verrückt spielt, würde Joe mit diesem Lächeln sagen, das ihre Knie weich werden lässt. Aber sie wird standhaft bleiben.
Als Joe ihr zum Abschied die Hand reicht, sieht er sie prüfend an. Er sucht nach Wahrheit unter ihren vielen Worten, aber es ist keine da. Miriams Stolz ist schlimmer als der von Joe. Deshalb nickt er zu ihren albernen Worten von Dank und der möglichen musikalischen Zusammenarbeit in der Zukunft, doch ihr Geld will er nicht. Miriam sei dem Cowboy sehr viel mehr schuldig … Damit umfängt er vorsichtig ihr Gesicht mit seinen Händen und zieht es zu sich heran. Keinesfalls will er die an Miriams Busen schlafende Esther stören, doch er besteht auf diesem Kuss. Sanft berührt er mit seinen Lippen ihre und sieht dabei in ihre ängstlichen Augen.
»Ein einziger Kuss, den darf ich mir doch nehmen, oder?« Miriam beginnt zu zittern. Es ist ein Zittern, das durch ihren ganzen Körper geht, so als würde allein die erste zarte Berührung seiner Lippen sie bereits schwächen. Prüfend hält Joe inne. Er sieht viel in dem schattigen Grün unter ihren dichten Wimpern, unter anderem wieder das scheue Reh, aber jetzt auch eine bissige Natter. Er sieht einen See mit ungeweinten Tränen, ähnlich seinem eigenen, Zähren, randvoll mit Bitterkeit und Verlust. Ein Tropfen entkommt dem Augenlid und bleibt dort stehen, um Miriams beschämende Gefühle nicht durch ein banales Kullern über ihre Wange zu verraten. Fast flehend sehen ihn Miriams Augen jetzt an. Er möge ihr bitte ihr Lügen lassen. Joe schüttelt kaum wahrnehmbar seinen Kopf. Dann legt er erneut seine Lippen auf ihre. Er ist noch nicht fertig. Als Nächstes muss er prüfen, ob ihre Kraft die seine wird aushalten können für die vielen kommenden Jahre, in denen sie drei Kinder zusammen ins Leben führen werden.
Sein Kuss ist das Versprechen, da zu sein und sein Bestes zu geben, um Miriam zu halten, und zu teilen, was das Leben ihnen noch schenken wird. In ihrem Inneren entstehen Bilder, die Shambala verblassen lassen. Kinderlachen, Musik, sonnige Wiesen und die wunderbare Stille des Zurücksinkens in die Kissen nach dem Feuerwerk, das der Cowboy in ihr entzünden wird. Miriam hat mit einem Mal keine Zweifel mehr. Ihre Lippen antworten seinen mit einem Ja, so glühend und ehrlich, wie es nur Menschen zustande bringen, die vom Feuer des Leids getauft wurden. Miriam hat ihren Mann gefunden.
Der Pfarrer öffnet nach dem letzten Segen die Kirchenpforte und entlässt die Gemeinde in den Tag. Bene sieht es als Erster. Da küssen sich zwei auf der Kirchmauer. Anna-Sophie deutet nach oben. Direkt über dem Paar steht eine Wolke, gefüllt mit Himmelsversprechen.
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