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Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte

Titel: Maria sucht Josef - Eine weihnachtliche Liebesgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Joens
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eisernem Lächeln. Man will ja nur das Beste – für das eigene Kind. In Joe steigt Wut auf.
    Er sieht von der Kindergärtnerin zu der heftig weinenden Anna-Sophie, die ihre Papagena an sich drückt, und schüttelt den Kopf.
    »Na! Des passt net!«
    Er erschrickt beinahe über seine eigene Vehemenz, und auch Bene sieht ihn ein wenig befremdet an, aber Joe bleibt dabei.
    »Na! Des ist koane zufriedenstellende Lösung. Des mach ma net!«
    »Sie meinen …?«
    »Ich meine!« Joe beugt sich zu Veronika vor. »Hier ist ein sehr unglückliches kleines Mädchen, das noch nicht einmal seine Mutter dabeihat, die es trösten könnte. Das geht nicht!«
    Joe kann auch Hochdeutsch, wenn es sein muss. Und er erwartet keineswegs, mit seinem Argument gehört zu werden, doch zu seinem Erstaunen nickt der Eiszapfen. Sie lächelt sogar. Diesmal ist es ein weicheres Lächeln, eher Neuschnee als Eis.
    »Na gut, aber dann spielen Sie eben den Josef, Onkel Joe!«
    Es ist das zweite Mal an diesem Tag, dass Joe vor einem weiblichen Wesen in die Knie geht. Diesmal sehen einige amüsierte Väter zu, ganz vorne der Vater von Sabrina mit einem deutlich mitleidigen Lächeln. Joe hat das Gefühl, die herablassenden Gedanken des Mannes laut zu hören. Dabei sollten sich die Banker, denn dafür hält Joe diesen Mann, in diesen Zeiten auch nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen.
    Die Kindergärtnerin gibt das Signal. Kantele, Glockenspiel und Blockflöte verdichten sich zur Folter, doch nichtsdestotrotz hält Joe sich eisern an seinem Josefstab fest. Er sieht seiner kleinen Maria fest in die Augen, und Anna-Sophie sieht ebenso fest in seine. Ihre beiden Augenpaare leuchten sozusagen um die Wette mit den Sternen auf dem Blau, nur das zählt in diesem Moment, ihre vier Augen.
    »Mein lieber Josef, jetzt schwöre beim lieben Gott im Himmel deinen heiligen Schwur!«
    Anna-Sophie deutet auf Joes rechte Hand an dem langen Holzstock und flüstert ihm zu: »Hochheben!«
    Joe wechselt den Josefstab schnell zur Linken, dann hebt er folgsam zwei Finger und spricht so würdevoll und heilig wie möglich: »Ich schwöre hiermit, dass ich das Kind, also den Jesus … nein, das Jesuskind …«
    Wie noch lauteten die Worte genau?
    Viktoria ist die Souffleuse.
    »Ich schwöre, dass ich dich, geliebte Maria, und das Jesuskind in deinem Bauch von nun an beschützen will.«
    Bekräftigend nickt Anna-Sophie ihm zu. Das ist der Text. Um seinen Schwur zu unterstreichen, nimmt sie jetzt energisch Joes linke Hand und legt sie auf den Kissenbauch in ihrer Strumpfhose. Der Josefstab verliert den Halt und knallt zu Boden. Schrill bläst die Flöte daneben. Die Engel mit ihren Kanteleharfen kommen aus dem Konzept. Das ist zu viel. Aus Joes Mund kommt kein einziges Wort. Stattdessen stehen ihm die Schweißperlen auf der Stirn. Ungeduldig flüstert Anna-Sophie ihm zu: »Na, los! Schwör!«
    In die andachtsvolle Stille platzen die ersten Lacher von den anderen Kindern. Engel, Hirten, Schafe und sogar ein Ochs und ein Esel starren den erwachsenen sprachlosen Mann an und kichern. Joe zwingt die Kröte in seinem Hals, sich zu verziehen, denn diese Maria will er nicht enttäuschen. Er räuspert sich und beginnt zu sprechen.
    »Ich schwöre, dass ich dich, geliebte Maria, und das Jesuskind in deinem Bauch von nun an und für immer beschützen werde!«
    Ein strahlendes Lächeln von Viktoria. Ihr Neuschnee verwandelt sich in einen verheißungsvollen Frühlingsregen.
    Als Joe nach der Generalprobe mit den Kindern zurück nach Erding aufbricht, ist die Stimmung in Molly beinahe albern. Das mag an der Telefonnummer liegen, die Viktoria beim Abschied unauffällig in Joes Jacke gesteckt hat. Sie würde gerne mal mit ihm einen Kaffee trinken gehen, wenn er noch frei ist. Ob er noch frei sei, wollte sie aber vorher wissen. Ist Joe ein freier Mann? Ihr anschließendes kleines Wortspiel über den feinen Unterschied des Singleseins und der wirklichen Freiheit hat Joe genossen. Vielleicht hat er sich in der Anfangstemperatur der jungen Frau getäuscht? Vielleicht ist sogar noch mehr drin als nur ein lauer Frühlingsregen? Hitze, siedende Hitze ist Joes Vorstellung von einer gelungenen Nacht. Mehr will er ohnehin nicht. Danach findet er die Energie der jungen Frauen oft abstoßend. Da werden innerlich in Windeseile Reihenhäuser gebaut, Konten zusammengelegt und Kinder gezeugt. Oder es wird mit präzisem Kalkül festgestellt, dass der geplante Bausparvertrag nicht mit seinem ergrauenden Haar

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