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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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ich dir zeigen kann, daß zumindest ein Teil meiner Geschichte sich durch Tatsachen beweisen läßt, dann akzeptierst du vielleicht auch den Rest als Tatsache.«
    »Nach dem Gesetz der logischen Deduktion, meinst du.« Er lächelte schwach. »Also gut, Sherlock. Woran hast du gedacht?«
    »Wir brauchen eine Schaufel«, sagte ich, und das Lächeln verschwand ganz.
    »Eine Schaufel?«
    »Etwas, mit dem man graben kann.«
    Die Sonne stieg höher, und es gab kaum Schatten in dem vernachlässigten Innenhof. Ich stand knietief in einem Gewirr von Unkraut und Dornengestrüpp und sah auf die Werkzeuge in Geoffs Händen.
    »Ich glaube nicht, daß die ausreichen werden«, äußerte ich meine Zweifel, und er blickte ebenfalls skeptisch und runzelte über den leicht verrosteten Eispickel und den Pflanzenheber die Stirn.
    »Tja, sie müssen halt genügen«, gab er zurück. »Es ist nicht meine Schuld, daß Iain immer alle Geräte versteckt. Er hat irgendwo alle möglichen Spaten und Schaufeln gelagert, aber ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo.«
    »Was soll’s.« Ich hob die Schultern und ging einen weiteren Schritt voran, wobei ich den wuchernden Pflanzenbewuchs prüfend mit dem Fuß zur Seite schob. »Ich glaube, er war hier irgendwo.«
    »Was war hier?«
    »Der Grabstein«, antwortete ich schlicht. »Der Grabstein von Richards Mutter. Sie weigerten sich damals, sie auf dem Friedhof zu begraben, weil sie katholisch war, also ließ William de Mornay sie hier beerdigen.«
    »Du machst Witze.«
    »Überhaupt nicht. Es ist eine Platte aus weißem Stein, etwa so breit«, sagte ich und hielt meine Hände etwa sechzig Zentimeter auseinander, »und ihr Name ist darauf eingemeißelt.«
    In seinen Augen erglomm ein Schimmer meiner eigenen Erregung. »Genau hier, meinst du?«
    »Ich glaube. Er könnte unter sehr viel Erde liegen«, erklärte ich, als ich mich umsah. »Der Boden scheint höher an die Wand heranzureichen als damals, aber das könnte ich mir auch einbilden.«
    »Wie wär’s, wenn du die Tür dort als Anhaltspunkt nimmst?« schlug er vor und wies mit dem Kopf über seine Schulter auf das Haus. »Wie tief lag der Boden im Verhältnis zu dieser Tür?«
    »Die Tür gab es damals nicht. Der gesamte Westkorridor war an dieser Seite offen, wie bei einem Kreuzgang in einem Kloster.«
    Geoff akzeptierte meine Feststellung mit philosophischer Gelassenheit. »Na schön, dann müssen wir einfach das Beste hoffen. Der Eispickel hat eine Spitze von achtzehn Zentimetern, das sollte genügen.«
    Ich hatte das Bedürfnis, die Finger zu kreuzen, als ich zusah, wie er sich hinhockte und mit zögerlichen, nur halb überzeugten Bewegungen begann, den überwucherten Boden mit dem Eispickel zu bearbeiten. Ich hatte wohl insgeheim die ganze Zeit gehofft, daß Geoff wußte, daß er einmal Richard gewesen war. In meinen Tagräumen hatte ich einen euphorischen Moment des Wiedererkennens phantasiert, in dem wir einander in die Arme stürzten wie diese klischeehaften Paare im Fernsehen und überglücklich die Tatsache feierten, daß wir uns nach drei Jahrhunderten des Wartens wiedergefunden hatten …
    Natürlich war es nicht so abgelaufen. Die Wirklichkeit richtete sich in meiner Erfahrung nur selten nach der Phantasie. Aber wenn ich ihn wenigstens davon überzeugen konnte, dachte ich, daß ich nicht verrückt war, daß Richard de Mornay wirklich existiert hatte, dann würde er mit der Zeit vielleicht einsehen, wer er war. Wer wir waren.
    Seine Stimme drang in meine Gedanken. »Du denkst, daß ich Richard bin, nicht wahr?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Wieder durch logische Schlußfolgerung«, antwortete er und schickte ein schiefes Lächeln in meine Richtung. »Wenn du Mariana warst, dann  …« Er zuckte bedeutungsvoll die Achseln.
    »Ich kann nicht behaupten, daß mir der Gedanke noch nicht gekommen wäre«, gestand ich, meine Worte mit großer Sorgfalt wählend. »Wir haben uns ja wirklich gleich sehr gut verstanden, du und ich, und dein Nachname ist de Mornay, und du liebst Frankreich beinahe genausosehr, wie er es tat.«
    »Woher willst du dann wissen, daß er nicht als Franzose wiedergeboren wurde?«
    Ich sah auf seinen dunklen Kopf hinunter, der tief über die Arbeit gebeugt war, so daß ich seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte. »Und du siehst genauso aus wie er«, endete ich mit leiser Stimme.
    Er ging nicht darauf ein und entfernte sich bei seiner Untersuchung etwas weiter vom Haus. »Vielleicht ist er auch gar nicht mehr

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