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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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der Friedhofsmauer erhob, vor der Rasen und Rosengarten zu einer wässrigen Mischung verschwammen, grün und malvenfarben und von einem trüben, stumpfen Braun. Meinen Blick starr auf diese Aussicht gerichtet, ging ich weiter in den Raum hinein und ballte unwillkürlich die Fäuste.
    Als das Gefühl über mich kam, traf es mich mit der Macht einer Flutwelle und riß mein Kinn mit einem Ruck nach oben. Angst und Schmerz und Panik, diese Empfindungen stürzten mit seelenverbrennender Intensität übereinander. Nein , flehte eine Stimme in meinem Kopf von allein, immer wieder, wie wahnsinnig, nein, nein, nein …
    Das Klingen in meinen Ohren stieg zu einer unerträglich hohen Frequenz an, so daß jeder Nervenstrang in meinem Körper davon vibrierte, und dann brach das Geräusch plötzlich ab, so plötzlich, als hätte jemand eine Tür davor zugeschlagen, und ich war von friedvoller Stille umgeben. Ich öffnete die Augen.
    Der Rasen erstreckte sich vor mir im Sonnenlicht, leicht verzerrt durch die Fensterscheiben, doch grün und üppig und eben, nur zur Rechten durch den Bogen der staubigen Auffahrt und zur Linken von den verschlungenen Windungen des Rosengartens unterbrochen. Nicht weit vom Haus, in einer der hohen, ausladenden Eichen, sang ein Vogel immer wieder dieselben süßen, vibrierenden Töne, den Choralgesang der Natur.
    Hinter mir bewegte sich Richard im Bett. Ich konnte spüren, wie er mich beobachtete.
    »Woran denkst du?« Seine Stimme war tief, vom Schlaf gefärbt. Die Stimme eines Liebhabers. Ich zog den rauhen Stoff des Schals enger um meine nackten Schultern und hob sie leicht, eine kaum wahrnehmbare Geste.
    »An alles«, antwortete ich, »und nichts.«
    »Und was davon bin ich?«
    Alles, hätte ich ihm sagen können, aber die Worte blieben mir in der Kehle stecken. Ich wandte mich vom Fenster ab, um ihn anzusehen, wie er mit seinen Schultern gegen die Kissen gelehnt dalag, seine Brust breit und gebräunt über dem weißen Leinen, seine Hände über dem flachen, muskulösen Bauch verschränkt. Es war eine Haltung männlicher Selbstzufriedenheit, und doch blickten seine Augen seltsam verletzlich, unsicher.
    Ich interpretierte diesen Blick jedoch falsch. »Ist es Euer Wunsch, daß ich Euch jetzt verlassen soll?«
    »Warum denkst du das von mir?« Seine Augenbrauen hoben sich, alle Verletzlichkeit war daraus verschwunden. »Du bist keine Bedienstete, Mariana, die ich einfach so fortschicke.«
    »Nein«, räumte ich ein, auf meine Füße niedersehend, »ich bin keine Bedienstete. Ich bin eine Mätresse. Ein kleiner Unterschied, da habt Ihr recht.«
    Seine Augen verließen mein Gesicht nicht. »Du bist meine Liebste«, verbesserte er mich sanft, »und das ist keine Schande. Möchtest du diesen Nachmittag ungeschehen machen?«
    Ich hob den Kopf. »Nein«, antwortete ich ehrlich.
    »Ich werde dich nie in mein Bett zwingen«, sagte er. »Ich will keine verängstigte Frau, sondern eine, die mir ihre Liebe aus eigenem, freien Willen schenkt. Wenn ich dir nichts verspreche, dann weil die Welt ein unsicherer Ort ist und Worte wenig wiegen. Aber wenn du die Ehrenhaftigkeit meiner Liebe bezweifelst, dann komm her«, er streckte die Hand nach mir aus, die Handfläche nach oben, »und laß mich mein Gelöbnis erneuern.«
    Ich ging zu ihm, blindlings, wie eine Blume, die zum Licht der Sonne strebt; und der Schal fiel vergessen von meinen Schultern, als er mich in seine Umarmung hinabzog. Es war ein zärtlicher Liebesakt, ohne die drängende Leidenschaft des vorherigen, und als er vorüber war, hielt er mich fest, mein Kopf lag an seinem Herzen, seine Hand war in meinem Haar vergraben.
    »Und was denkst du nun?« fragte er mich träge.
    Ich lächelte. »Ich denke, daß mein Onkel nicht oft genug weg sein kann.«
    Er lachte und wickelte eine meiner Haarsträhnen um einen Finger. »Dein Onkel kommt morgen zurück, hast du gesagt?«
    Ich nickte. »Er verließ uns, kurz nachdem du fortgeritten warst. Ich habe ganz vergessen, dich zu fragen, wie deine Reise war. Wie geht es dem König?«
    »Es ging ihm gut, als ich ihn gestern verließ«, antwortete Richard. »Er erinnerte sich freundlicherweise an die Dienste meines Vaters und bat mich, mit ihm zu Abend zu essen, aber ich war müde und begierig, nach Hause zurückzukehren, und außerdem ist der Hof kein Ort für einen Gentleman.« Ich spürte sein Lächeln. »Du machst dir hier Sorgen über die Schicklichkeit, einen einzigen Liebhaber zu haben. Bei Hof würdest du für

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