Mariana: Roman (German Edition)
eigentlich keine Frage, oder? Sie sieht toll aus in diesem Kleid.«
Ich schaute auf seinen gebeugten Kopf nieder. »Du siehst wirklich sehr müde aus, weißt du.«
»Das mußt du gerade sagen.« Er drehte sich kurz nach mir um. »Hast du in letzter Zeit mal einen Blick in den Spiegel geworfen? Du siehst aus, als ob du einen Urlaub gebrauchen könntest.«
Ich lächelte. »Ich mache tatsächlich Urlaub. Ab morgen.«
»Oh. Wohin fährst du?«
»Nach Brighton.«
Er sah erneut auf und grinste. »Brighton? Das mit den obszönen Postkarten und so? Scheint überhaupt nicht dein Stil zu sein.«
»Ist es eigentlich auch nicht. Aber meine Eltern sind dort für eine Woche, und ich dachte, daß ich für ein paar Tage zu ihnen stoße.«
»Ach so, verstehe. Ich erinnere mich, daß dein Bruder davon erzählt hat. Irgendein Preisausschreiben, das dein Vater gewonnen hat, stimmt’s?«
»Kreuzworträtsel, ja.« Ich nickte. »Mam ist nicht übermäßig begeistert, aber meine Gegenwart muntert sie vielleicht auf. Außerdem ist es Jahre her, seit ich das letzte Mal am Meer war.«
»Na, dann fahr nur und amüsier dich. Wir werden das Haus für dich hüten, wenn du willst. So«, er setzte noch einmal die Rohrzange an und lehnte sich dann zurück, um seine Arbeit zu begutachten. »Ich finde, das ist mindestens ein Freibier wert. Warum gehen wir nicht rüber und sehen nach, was Vivien macht?«
Brighton war genauso bunt und schrill, wie ich es aus meiner Kindheit in Erinnerung hatte, aber das Wetter war ungewöhnlich schön, und meine Eltern freuten sich sehr, mich zu sehen. Ich vertrödelte vier Tage in ihrer angenehmen Gesellschaft, machte Strandspaziergänge, nahm Schnappschüsse vom Königlichen Pavillon auf und lachte über das ganze Spektakel.
Ich kehrte am Donnerstag nachmittag in geistig völlig erfrischtem Zustand zurück, ließ mein Gepäck in der Diele fallen und machte mich auf die Suche nach Geoff. Ich fand ihn in der Bar des Roten Löwen bei einem Glas Bier und einem Gespräch über Rugby mit Ned.
Ned zeigte sich ausnahmsweise beinahe lebhaft. »Pewsey wird Calne an diesem Samstag um zehn Punkte schlagen, wart’s nur ab.«
»Möchtest du auf diese Meinung vielleicht wetten, Ned?«
»Zehn Pfund.«
»Abgemacht.« Die beiden Männer gaben sich die Hände, und Geoff wandte sich mit einem Lächeln zu mir um, als ich mich auf den Barhocker neben ihm hievte. »Ein Bursche, der für mich arbeitet, spielt als Rechtsaußen für Calne«, erklärte er. »Ich bin nur loyal.«
Ned grinste. »Das Geld ist er los. Ist praktisch so, als ob man einem Kind ein Stück Zucker wegnimmt.«
Ich sandte Geoff meinen mütterlichsten Blick. »Soweit ist es also mit dir gekommen, während ich nicht da war? Alkohol und Glücksspiel?«
»Ich habe mich tödlich gelangweilt«, verteidigte er sich. »Niemand war da, um mit mir zu spielen. Iain hat zuviel zu tun diese Woche, und Vivien …« Er blickte stirnrunzelnd auf Ned. »Wo steckt Vivien eigentlich genau?«
Der schweigsame Barmann hob eine Hand und schüttelte den Kopf. »Hat keinen Sinn, mich zu fragen. Meine Lippen sind unter Androhung der Todesstrafe versiegelt.«
»Und Vivien ist also sonstwohin verschwunden. Ich mußte mich allein amüsieren.«
»Na gut, jetzt bin ich zurück. Was möchtest du machen?«
Er legte den Kopf schräg und überdachte das Angebot. »Ich könnte dich für den Anfang zum Essen ausführen, und später könntest du mich nach Hause begleiten und mir beim Packen helfen.«
»Packen? Für was?«
»Ich fliege am Samstag nach Frankreich«, antwortete er. »Oder hast du das etwa vergessen?«
»An diesem Samstag? Aber ich dachte, du fliegst erst Ende August?«
Geoff lächelte. »Wir haben Ende August, zumindest beinahe. Sieh mich nicht so an. Ich bin doch nur sechs Wochen weg.«
Sechs Wochen! Das schien eine kleine Ewigkeit. Ich blickte immer noch düster drein, als wir den Pub verließen und uns dem schattigen, ungepflasterten Weg zuwandten, der hinauf nach Crofton Hall führte. Geoff hielt sich dicht neben mir, sein Arm streifte meine Schulter. Nach ein paar Minuten des Schweigens drehte er mir den Kopf zu und sah mich an, einen unlesbaren Ausdruck in den Augen.
»Warum kommst du nicht mit mir?«
Ich sah schnell auf. »Was?«
»Nach Frankreich, meine ich. Warum kommst du nicht mit? Es ist genug Platz im Flugzeug, und das Haus ist sehr geräumig, es würde überhaupt keine Umstände machen. Und ich würde mich über deine Gesellschaft freuen.«
»Oh
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