Mariana: Roman (German Edition)
nacht?«
»Elias? Oh ja, er kennt ihn gut, und er führt das Schwert wacker für seine Jahre. Seht Ihr nur zu, daß die anderen bereit sind, und versammelt Euch am Kreuzweg in drei Stunden.«
»Ich werde für unseren Erfolg beten«, erbot sich der Fremde, aber mein Onkel schob das Angebot beiseite.
»Das ist nicht nötig. Der Herr har gezeigt, daß er auf unserer Seite steht, indem er uns den Teufel in die Hände spielt, und morgen werden wir auf die Wiederausrufung der Republik anstoßen können.«
An dieser Stelle bewegten sie sich ganz von der Tür weg, und ich drückte mich an ein Tischbein, während mir das Blut gefror und ich den vergessenen Scheuerlappen fest mit meiner zitternden Hand umklammerte. Es war kein böser Traum, sagte ich mir, noch eine meiner Einbildungskraft entsprungene Phantasie. Sie hatten vor, den König zu töten. Sie hatten wirklich vor, den König zu töten und einen weiteren Cromwell an seine Stelle zu setzen. Es schien unglaublich, und doch …
Ich faßte mit tastenden Fingern an meine Wange und spürte noch immer die empfindlichen Stellen der Blutergüsse.
Mein Onkel war fähig zu töten.
Ich muß den König warnen, dachte ich … und bemerkte erst dann die Einfalt dieses Gedankens. Ich, den König warnen? Nicht nur einfältig, sondern unmöglich. Trotzdem mußte eine Warnung ergehen. Richard, beschloß ich. Ich würde es Richard sagen, und er würde einen Weg finden, den König zu benachrichtigen. Ich stand auf und war schon beinahe an der Küchentür, als das Geklapper von Geschirr mich daran erinnerte, daß sich Caroline zwischen mir und der Hintertür befand. Mein Onkel und sein Besucher waren nicht mehr im Wohnzimmer, aber ich konnte den Nachklang ihrer Stimmen aus der Diele hören. Auch auf diesem Weg war kein Entschlüpfen möglich.
Voll Panik drehte ich mich um, und mein Blick fiel auf die zum Garten hinausgehenden Fenster. Eines der Fenster stand einen Spalt offen, ich öffnete es leise so weit, daß ich hindurchpaßte. Ich ließ mich vorsichtig auf den weichen Boden darunter fallen und zog dann das Fenster von außen wieder zu, falls jemand in das Zimmer sehen sollte, während ich fort war. Mit etwas Glück, sagte ich mir, würde niemand meine Abwesenheit bemerken. Seit Rachels Weggang war der Haushalt furchtbar still geworden, und Tante und Onkel gaben wenig auf mich acht.
Ich betete inständig, daß sie mich nicht ausgerechnet jetzt suchen würden, als ich mich um die fensterlose Südseite des Hauses stahl und leichtfüßig durch das lange Gras zu der Senke lief, hinter der ich im willkommenen Schutz des Waldes verschwand. Ich rannte blindlings drauflos, wie ein verängstigter Hase, dachte weder an meine bloßen Füße noch an meine grobe Kleidung. Ich hörte nicht auf zu rennen, bis ich an dem großen Eichenportal von Crofton Hall angekommen war, hob die Faust und hämmerte mit all meiner verbliebenen Kraft dagegen.
Die Tür schwang nach innen auf, und Richards Kammerdiener stand vor mir. Nur das leiseste Zucken seiner Augen verriet seine Überraschung, mich zu sehen, sonst hielt er seinen Gesichtsausdruck sorgfältig unter Kontrolle.
»Ich muß mit Mylord de Mornay sprechen«, flehte ich außer Atem. »Es ist eine Sache von großer Dringlichkeit.«
Der Kammerdiener nickte höflich und trat beiseite, um mich einzulassen. »Seine Lordschaft ist im Kleinen Salon, Mistress Farr. Ich glaube, Ihr kennt den Weg.«
»Ja.« Ich lächelte dankbar. »Dank Euch.«
Richard saß allein an seinem Sekretär am Fenster und brütete über irgendwelchen vor ihm ausgebreiteten Papieren. Er wandte seinen Kopf, und da ihm die ruhige Beherrschtheit seines Dieners fehlte, zeigte er seine Überraschung deutlich. »Mariana! Wie bist du hier hereingekommen?«
Seine erste Reaktion war pure Freude darüber, daß ich ihn besuchte, aber als seine Augen über mein erregtes Gesicht und meine aufgelöste Erscheinung in den groben Kleidern streiften, verschwand sein Lächeln. »Was ist? Was ist geschehen?«
»Verrat, Richard.« Ich machte einen stolpernden Schritt auf ihn zu und schwankte ein wenig auf meinen unsicheren Beinen. »Sie wollen den König töten. Ich habe sie darüber sprechen hören …«
»Wen? Deinen Onkel?« Ich nickte, und Richards Züge versteinerten. »Mit wem hat er gesprochen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Ich konnte sie nicht sehen und kannte die Stimme nicht. Aber sie sind zusammen sieben an der Zahl, und Elias Webb ist einer von ihnen. Sie
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