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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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einem Kuß. »Du mußt lernen, dich nicht so sehr um die Meinung anderer zu kümmern.«
    Aber er zügelte den Hengst in der Senke südlich von Greywethers, unter dem ausladenden Schutz einer rauschenden Eiche, und half mir beim Absitzen.
    »Wie wirst du wieder ins Haus gelangen?« fragte er.
    »Genauso, wie ich herausgekommen bin, durch das Fenster des Speisezimmers. Es ist eine leichte Kletterpartie.«
    »Welches Fenster ist es?«
    »Das dort«, ich wies mit der Hand darauf, »das zweite von der Tür aus, über dem Garten.«
    Er fand die Stelle und prägte sie sich ein. »Wenn du hineingeklettert bist und sicher sein kannst, daß sie nichts bemerkt haben, schließ das Fenster, aber nicht vorher«, wies er mich an. »Wenn das Fenster offenbleibt, werde ich wissen, daß du entdeckt bist, und dich herausholen.«
    Ich legte meine Hand einen Augenblick lang auf seinen Stiefel und zog die Stirn in Falten. »Richard.«
    »Ja?«
    »Du wirst doch vorsichtig sein?«
    Das aufblitzende Grinsen sollte mich zweifelsohne beruhigen. »Denk an das Motto meiner Familie«, sagte er. »Ich bin unzerstörbar, und deine Sorgen sind an einen wie mich verschwendet. Geh nun, und paß gut auf dich selbst auf. Ich werde hier warten, bis ich weiß, daß du in Sicherheit bist.«
    Ich ging so lange wie möglich am Waldrand entlang und rannte dann mit aller Schnelligkeit, die ich aufbringen konnte, über die offene Wiese. Ich hatte das Gefühl, daß hundert Augen mich beobachteten, und betete, daß es nur Augen meiner Einbildung waren. Es war schwieriger, von außen nach innen über das Fensterbrett zu klettern, aber nach mehreren Versuchen stand ich wieder in dem stillen Speisezimmer, in dem der Geruch von Bodenwachs lag. Ich glättete meine Röcke und ging vom Fenster weg, doch bevor ich meinen Platz an der Tür wieder einnehmen konnte, schwang die Küchentür auf, und Caroline sah mit neugierigen Augen herein.
    »Du warst sehr still hier drinnen«, sagte sie und versuchte ein Lächeln. »Ich dachte schon, du seist eingeschlafen.«
    Ich lächelte zurück und hoffte, daß sie meine zitternden Hände nicht bemerken würde. »Ich habe das Fenster geöffnet«, sagte ich überflüssigerweise. »Der Geruch des Wachses ist sehr stark und macht mir Kopfschmerzen.«
    Sie entgegnete nichts darauf, sondern begutachtete nur meine Arbeit und schien sie zufriedenstellend zu finden. »Würdest du eine Weile auf Johnnie aufpassen?« war ihre nächste Frage. »Ich muß deinen Onkel bedienen.«
    »Natürlich. Es dauert nur einen Moment, bis ich das hier weggeräumt habe.«
    Sie nickte und zog sich wieder in die Küche zurück, und ich ließ meinen angehaltenen Atem in einem langen, zittrigen Seufzer entweichen. Aus Carolines Verhalten ging klar hervor, daß man mich nicht vermißt hatte, aber ich war der Katastrophe nur um Haaresbreite entkommen, und dieses Wissen machte mich beben wie ein Blatt in einem Herbstlüftchen.
    Ich richtete mich auf und ging zu dem offenen Fenster, wo ich meinen Blick auf die Senke richtete. Er war noch dort, wie er es versprochen hatte, ein großer, dunkler Schatten auf dem hochragenden, grauen Pferd, der unbeweglich unter dem Baldachin der Eiche verharrte. Langsam und bedächtig zog ich das Fenster zu, bis der Riegel einrastete, und beobachtete, wie Richard die Hand hob, zum Zeichen, daß er es gesehen hatte.
    Ich wollte zur Antwort winken, aber er hatte das Pferd schon herumgelenkt und folgte der Baumreihe am Fluß entlang, und als ich die Hand wieder sinken ließ und mich gegen das kühle Glas des Fensters preßte, sah ich, wie Pferd und Reiter in einen schnellen Galopp fielen und sich nach Süden, in Richtung Salisbury wandten.

Kapitel einunddreißig
     
    Der Abend legte sich über uns wie der Schatten des Todes. Johnnie greinte und jammerte wegen seines schmerzhaften Zahnens und wollte einfach nicht einschlafen, aber ich war froh über die Ablenkung, als ich ihn dicht neben dem Küchenfeuer in meinen Armen wiegte. Wenn Caroline wußte, wohin ihr Mann geritten und was seine Absicht war, so ließ sie sich nichts anmerken. Wir sprachen von alltäglichen Dingen, falls wir überhaupt sprachen, aber es lag eine fast greifbare Spannung in der Luft und machte uns alle drei ruhelos.
    Es ging schon auf Mitternacht zu, als wir vor dem Haus Pferde hörten, das Lärmen rasselnden Geschirrs und tanzender Hufe und das Geschrei von Männern im Hof. Dann entfernten sich die Geräusche, die Vordertür schlug zu, und die Schritte meines Onkels

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