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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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gleichgültig, ihre Augen blickten trüb und uninteressiert.
    Ein gelber Lichtkegel fiel aus der Bibliothek in den Innenhof,
    und ich ging vorsichtig darauf zu, wobei ich meine Röcke hob, damit sie nicht auf dem Gras raschelten. Das Herz klopfte mir bis zum Hals, während ich mich der offenen Tür näherte, und blieb plötzlich ganz stehen, als starke Arme mich von hinten mit eisernem Griff packten und mich ins Licht zogen.
    Ich hätte geschrien, wenn ich hätte Atem holen können, aber beides wurde durch die breite Hand verhindert, die sich auf meine Nase und meinen Mund preßte und mich fast erstickte. Meine Augen weiteten sich zuerst vor Angst und dann vor Erkennen, und die Hand fiel so schnell von meinem Gesicht, wie sie mich gefaßt hatte.
    »Mistress Farr!« Das Gesicht des Kammerdieners verriet diesmal sein Erstaunen. »Ich bitte um Verzeihung! Ich hielt Euch für einen Dieb.«
    Ich rieb mir den Hals und lächelte matt. »Ich bin hier, um Zuflucht bei seiner Lordschaft zu erbitten«, klärte ich ihn auf. »Sagt mir, ist mein Onkel mir schon zuvorgekommen?«
    Der Kammerdiener schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe ihn nicht gesehen. Niemand war seit Eurem Besuch heute morgen hier.«
    »Lieber Herr, ich bitte Euch«, beschwor ich ihn und legte eine Hand auf seinen Ärmel, »laßt auf keinen Fall meinen Onkel in dieses Haus. Er will Eurer Lordschaft Böses, und hier ist jemand bei mir, der die Schlechtigkeit seines Wesens bezeugen kann.«
    Ich drehte mich um und rief nach Caroline, die sich immer noch im Schatten der jenseitigen Mauer hielt. »Komm her, Caroline, dieser Mann ist ein Freund. Bei ihm bist du sicher.«
    Langsam kam sie heran, ging mit diesem steifen, schmerzgebeugten Schlurfen, das klägliche Bündel schützend an die Brust gedrückt. Als sie uns erreicht hatte, fiel das Licht aus der Bibliothek voll auf das wächserne, leblose Gesicht des Kindes und zeigte ein Rinnsal trocknenden Blutes, das die blau angelaufene Haut befleckte.
    Der Kammerdiener sah es und blickte mich mit entsetzten Augen an. »Wo ist Euer Onkel jetzt, Mistress?« fragte er.
    »Ich befürchte, daß er vor dem Herrenhaus im Hinterhalt liegt«, antwortete ich ohne Umschweife. »Habt Ihr einen Mann, dem Ihr vertrauen könnt?«
    »Ich habe drei Männer, die genauso kräftig sind wie ich selbst«, war seine loyale Antwort, »und einen jungen Burschen, der nicht zurückschrecken wird, wenn die Pflicht ihn ruft. Wollt Ihr, daß ich nach dem Sheriff schicke?«
    Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. »Der Sheriff wäre uns nicht von Nutzen, Sir, denn er ist tot und war obendrein ein Verräter. Ich muß gestehen, daß ich nicht weiß, wem man in dieser Sache trauen kann. Die Wölfe haben sich gut unter den Schafen versteckt.«
    Der Kammerdiener reckte stolz seine Schultern. »Dann müssen wir uns selbst verteidigen«, sagte er. »Ich werde meine Männer ausschicken, damit sie an der Straße auf die Rückkehr seiner Lordschaft warten und ihn vor der Gefahr warnen.«
    Ich lächelte ihn erleichtert an. »Ich danke Euch, Sir. Wohin kann ich meine Tante bringen, damit sie es bequemer hat?«
    »In der großen Halle brennt ein Feuer, Mistress, an dem Ihr Euch beide wärmen könnt. Ich werde eine Dienstmagd schicken, die sich um Euch und … um das Kind kümmern kann.« Er blickte mitleidig auf Caroline, aber sie starrte nur ausdruckslos zurück und folgte uns, als wir sie dazu aufforderten.
    Ich wartete, bis die Dienstmagd kam und Caroline sich in einem Sessel niedergelassen hatte, wo sie Johnnie hin und her wiegte und zufrieden dabei summte. Unfähig zu bleiben, verließ ich die beiden Frauen und ging nach oben, wobei ich in meiner Unruhe immer zwei Stufen auf einmal nahm.
    Das rote Schlafzimmer wirkte kalt und verlassen ohne Richards Gegenwart. Das Mondlicht verwandelte die Bettvorhänge in Geister und tauchte meine Füße in eine gespenstische Lache, aber ich wagte nicht, eine Kerze zu entzünden, aus Angst, daß mein Onkel mich sehen könnte. Er lauerte dort draußen, das wußte ich, irgendwo hinter einem Baum oder einer Hecke oder Gartenmauer versteckt und von einem einzigen, grausamen Gedanken getrieben. Der Rasen breitete sich farblos und friedlich unter dem Fenster aus, aber ich konnte die bösartige Gegenwart der Viper spüren.
    Ich starrte über den Rasen hinweg auf die Straße und hoffte, daß einer von Richards Dienern ihn bereits aufgehalten und zur Umkehr bewogen hatte. Ich hoffte und hielt Ausschau, bis mir vor Müdigkeit alles vor

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