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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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berichteten. Kommt dir das bekannt vor?«
    »Mir kommt es vor, als ob du da eine ganze Menge Material hättest«, kommentierte ich und versuchte den leichten Schauder zu ignorieren, der über meinen Körper lief.
    »Stapelweise«, bestätigte Tom. »Hör zu, warum schicke ich dir nicht einfach das ganze Paket, damit du die Sachen selbst lesen kannst, statt hier am Telefon weiterzuschwafeln?«
    »Gute Idee. Du hast doch meine Adresse, oder?«
    »Irgendwo, ja.«
    Da ich dem Gedächtnis meines Bruders nicht traute, gab ich sie ihm noch einmal und hörte das Kratzen seines Bleistifts, als er sie aufschrieb. Als wir unser Gespräch wieder aufnahmen, schien er genau wie ich enttäuscht zu sein, daß seit meiner Rückkehr nichts passiert war.
    »Gar nichts?« wollte er wissen. »Noch nicht einmal ein ungewöhnlicher Traum?«
    »Ich kann mich an keinen meiner Träume erinnern.«
    »Vielleicht versuchst du es zu sehr.«
    »Ich mache das nicht mit Absicht, Tom.« Meine Stimme klang abgehackt und ungeduldig. »Ich bin genauso begierig darauf, daß etwas geschieht, wie du, weißt du.«
    »Ich weiß. Tut mir leid.« Selbst durch das Telefon konnte ich sein Lächeln spüren. »Eigentlich lustig, wenn man darüber nachdenkt.«
    »Was ist lustig?«
    »Na ja, am Dienstag warst du noch besorgt, weil etwas passierte, und jetzt sind wir beide unruhig, weil nichts passiert.«
    »Ach so, verstehe. Also, ich empfinde es nicht unbedingt als lustig, von meiner Seite aus. Es ist eher ein ominöses Gefühl, wie eine Vorahnung, wenn du es genau wissen willst.«
    »Die Ruhe vor dem Sturm?«
    »Eher so, als ob … als ob ich beobachtet würde«, erklärte ich ihm. »Als ob jemand hinter mir stünde und mich beobachtete. Und wartete.«
    »Wartet auf was, was glaubst du?«
    »Ich weiß es nicht. Ich nehme nicht an, daß du in deinem Informationsstapel von eurem Bibliothekar irgendwelche nützlichen Hinweise hast?«
    »Dazu nicht, nein.« Er blätterte wieder in den Seiten. »Oh, aber ich hatte hier noch zwei andere Aussagen, die du interessant finden könntest …«
    »Ja?«
    »Es scheint viele Hinweise darauf zu geben, daß wir uns in jedem Leben mit denselben Menschen umgeben – daß dein Vater in einem nächsten Leben dein Freund wird und so weiter. Sie werden manchmal als ›Seelengefährten‹ bezeichnet und sind oft Leute, zu denen du dich sofort hingezogen fühlst, ohne wirklich zu wissen, warum.«
    »Also hättest du auch in einem früheren Leben schon mein Bruder sein können.«
    »Oder dein Ehemann«, neckte mich Tom. »Oder dein Sohn. Oder auch deine Tochter. Das Geschlecht scheint nicht immer gleich zu bleiben von einem Leben zum nächsten.«
    »Gut«, akzeptierte ich die Information. »Und was war die andere Sache, von der du glaubst, daß sie mich interessiert?«
    »Ah«, sagte Tom. »Also, das ist ein bißchen heikel, aber … die meisten Personen in einer dieser Studien gaben an, daß sie regelrecht beschlossen hatten, wiedergeboren zu werden; daß sie sozusagen in einer Art Schwebezustand verharrt waren, bis der rechte Augenblick sich bot.«
    »Und?«
    »Hast du nicht gesagt, daß dieser Geist, diese Grüne Frau in deinem Garten, seit etwa dreißig Jahren von niemandem mehr gesehen worden sei?«
    »So hat man es mir erzählt.«
    »Und ist dir noch nicht aufgefallen«, sagte Tom langsam, »daß auch etwa dreißig Jahre seit deiner Geburt vergangen sind?«
    Leise sprich, leise geh … Die Worte kamen mir automatisch und ungerufen in meinen verstörten Sinn, als ich allein auf dem von Mauern eingefaßten Friedhof stand und auf das überwucherte Grab von Mariana Farr hinuntersah. Sie gehörten zu einem Gedicht von Oscar Wilde. Ich hatte es einmal in der Schule auswendig lernen müssen, und selbst jetzt, nach vielen Jahren, konnte ich mich noch an die letzte, unvergeßlich traurige Zeile erinnern: All meine Welt liegt hier – wirf Erde nieder!
    Aber war das nicht gerade das Falsche? fragte ich mich. Ich sollte doch eher graben, um die Vergangenheit aufzudecken, und nicht Erde darauf häufen. Stirnrunzelnd bohrte ich meine Hände tiefer in die Taschen meiner Jeans und starrte auf den einfachen kleinen Stein. All meine Welt liegt hier …
    Ein kalter Windhauch blies mir die Haare aus der Stirn, und ich wandte mich ab, den Kopf in tiefem Nachdenken gesenkt, während ich mit schweren Schritten auf die Kirche zustapfte. Wie schon zuvor öffnete sich die riesige Holztür leicht auf meine Berührung hin. Als ich in dem stillen, kühlen

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