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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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mich. »Es war überhaupt kein Problem. Er wurde selbst weggerufen, mußte aus Geschäftsgründen für die nächsten paar Tage nach Norden, aber er sagte, er riefe dich an, wenn er zurück ist.«
    »Ach ja?« Vivien legte den Kopf auf die Seite.
    »Er hat mir eine Führung durch das Herrenhaus versprochen«, erklärte ich in der Hoffnung, daß im Sonnenlicht niemand mein Erröten bemerken würde. Zum zweiten Mal wechselte ich das Thema. »Der Garten sieht wunderschön aus«, sagte ich.
    Das tat er wirklich. Die ordentlichen Reihen winziger grüner Sprossen waren nun von knospenden Büscheln von Hyazinthen und Primeln umgeben. Er hatte auch eine Kletterrose hinzugefügt, vielleicht ein Ableger aus dem berühmten Rosengarten von Crofton Hall, dessen schlafende Ranken sich träge über die sonnenerwärmten Steine wanden. In etwa einem Monat würde das kleine Stück Land geradezu vor Leben und Farben explodieren.
    Iain folgte meinem anerkennenden Blick und zuckte mit den breiten Schultern. »Er macht sich so langsam«, sagte er bescheiden.
    Ich sah auf meine Armbanduhr. Es war fast halb zwölf. »Möchte jemand vielleicht eine Tasse Tee?« bot ich an.
    »Großartige Idee.« Vivien ließ ihre Harke mit sichtbarer Erleichterung fallen, und Iain warf ihr einen Blick nachsichtiger Zärtlichkeit zu, bevor seine müden grauen Augen auf meine trafen und er lächelte.
    »Ich würde nicht nein sagen«, war seine Antwort.
    Ich hätte es keiner Seele eingestanden, am wenigsten mir selbst, aber ich war froh, daß ich nicht allein war, als ich die Tür des stillen grauen Hauses aufschloß und mit einem tiefen Atemzug der Entschlossenheit über die wartende Schwelle trat.

Kapitel elf
     
    Ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen. Die restlichen Tage der Woche vergingen in ruhiger, vollkommener Normalität, so langweilig, wie man es sich nur vorstellen kann. Perverserweise war ich enttäuscht. Das war sicher keine rationale Reaktion, aber ich konnte es nicht ändern. Geduld gehörte, wie meine Familie aus vollem Herzen bestätigen würde, nicht zu meinen hervorragendsten Eigenschaften, und nun, da ich darauf vorbereitet – sogar begierig – war, eine weitere Szene aus Mariana Farrs Leben zu erfahren, fand ich es frustrierend, daß mir die Gelegenheit versagt blieb. Selbst mein Beobachter auf dem grauen Pferd hatte mich verlassen, und die Stelle unter der alten Eiche war jedesmal leer, wenn ich den Mut aufbrachte hinzusehen.
    Am Freitagmorgen schließlich hatte sich meine Ungeduld in Unruhe verwandelt, und ich richtete meine Gedanken auf die Arbeit, um mich abzulenken. Es war sowieso höchste Zeit, daß ich wieder zu arbeiten begann, sagte ich mir in resolutem Ton. Als ich in gewohnter Haltung vor dem Zeichentisch saß, die markierte Manuskriptseite an der oberen Leiste befestigt und ein sauberes Blatt Zeichenpapier unter meinem Bleistift ausgebreitet hatte, fühlte ich mich sofort konzentrierter und entspannter.
    Es war über einen Monat her, seit ich das letzte Mal an den Illustrationen zu dem Märchenbuch gearbeitet hatte. Ich war nach dem Kauf des Hauses zu aufgeregt gewesen, während des Umzugs zu beschäftigt und von den darauffolgenden Ereignissen zu abgelenkt, um auch nur daran zu denken, meine Kobolde und Königinnen zu zeichnen. Die kleinen Figuren hatten die ganze Zeit über wie im Brutstadium gewartet, und nun sprangen sie geradezu aus meiner Vorstellungskraft in die Bleistiftspitze und auf die unberührte Seite und brachten Leben in die Bearbeitung einer koreanischen Sage über einen verärgerten Drachen.
    Die Geschichte erforderte insgesamt vier Illustrationen. Bis zum frühen Nachmittag hatte ich mit der fast peniblen Ausführung der Details, die mein Markenzeichen war, die Bleistiftskizzen fertiggestellt. Die Skizzen mußten noch mit Aquarellfarben ausgefüllt werden, aber das konnte bis morgen warten. Ich lehnte mich in dem hohen, gepolsterten, speziell angefertigten Stuhl zurück, reckte die Arme über den Kopf, um die Knoten zwischen meinen Schulterblättern zu lösen, und sah mich zufrieden im Zimmer um.
    Ich hätte mir keinen besseren Platz zum Arbeiten aussuchen können. Der Raum war klein, quadratisch und hatte eine niedrige Decke, aber die Wände waren in einem hellen Sonnenaufgangsgelb gestrichen und entlockten den breiten, polierten Bodenbrettern einen leuchtenden Widerschein. Es war ein gemütliches, freundliches kleines Zimmer.
    Wenn ich meinen Stuhl drehte, hatte ich durch das Fenster eine gute

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