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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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Fremde hier in Exbury in diesen Zeiten«, erklärte er, »und noch weniger sind es, die … mein Interesse erregen.« Sein überschatteter Blick traf mich mit brennender Intensität, und das Lächeln in seiner Stimme war noch deutlicher. Vielleicht weil er sich meiner geblendeten Augen erbarmte, wendete er sein Pferd, so daß die Sonne nicht mehr direkt hinter ihm stand, zog seinen Hut mit schwungvoller Geste und neigte den Köpf in einer scherzhaften Verbeugung.
    »Richard de Mornay, zu Euren Diensten«, stellte er sich vor.
    »Mein Herr.« Ich neigte zur Antwort ebenfalls den Kopf, zum Teil eingedenk meiner guten Manieren und zum Teil, weil ich es nicht länger ertragen konnte, sein Gesicht anzusehen. Es war ein schönes Gesicht, hager, edel geschnitten und von dunklem Teint, eingerahmt von einem gepflegten schwarzen Bart und locker gewelltem, natürlichem dunklem Haar, nicht von einer der aufwendigen Perücken, an deren Anblick ich mich in der großen Stadt so gewöhnt hatte.
    Auch seine Kleidung folgte nicht der neuen, verweiblichten Mode. Er trug eine einfache, schwarze Weste und enge Reithosen mit einer langen schwarzen Jacke und hohen Lederstiefeln. Die Sachen waren aus feinstem Material und die Stoffe reich bestickt, aber nicht protzig, und sahen daher um so kostbarer aus. Ich fragte mich, wer dieser Richard de Mornay war. Er schien ganz anders zu sein als die einfachen Bauern und Kaufleute, denen ich seit meiner Ankunft begegnet war.
    »Ihr seid sicher, daß Ihr nicht verletzt seid?«
    »Ich bin sicher. Ich danke Euch.« Meinen Kopf immer noch gesenkt, wartete ich darauf, daß er weiterritt. Als er das nicht tat, riskierte ich einen neuerlichen Blick zu ihm hinauf und sah, daß er mich beobachtete.
    »Dann wünsche ich Euch einen guten Tag, Mistress«, sagte er bedächtig und nickte noch einmal, bevor er seinen Hut wieder aufsetzte und das Pferd in Richtung des Dorfes lenkte. »Denkt daran, Euch künftig vorzusehen auf diesem Weg.«
    Ich hatte den seltsamen Eindruck, daß er mich noch vor etwas anderem warnte, als von einem Pferd niedergeritten zu werden, doch bevor ich seine Worte noch richtig begreifen konnte, war er schon fort, und ich blieb wie ein Dummkopf mitten auf dem Weg stehend zurück. Ich riß mich mit Mühe zusammen, verließ den Pfad und ging über die Felder nach Hause, um die Möglichkeit eines weiteren Treffens mit Richard de Mornay auf der Dorfstraße zu umgehen.
    Das Haus meines Onkels, auf das ich nun von hinten über die unebenen Felder zuging, war ein trostloser und abschreckender Anblick. In den wenigen Tagen, die ich seit meiner Flucht aus London dort verbracht hatte, hatte ich gelernt, diesen Ort zu fürchten, so wie ich als Kind den drohenden Anblick des Towers von London gefürchtet hatte. Beide waren auf ihre Art Gefängnisse.
    Es gab keinen konkreten Grund für diesen Eindruck, auch nicht für meine wachsende Angst vor meinem Onkel. Ich war nicht mißhandelt worden, man hatte mich ohne Umstände in das alltägliche Lebender Familie aufgenommen, und Onkel Jabez’ Verhalten mir gegenüber war durchweg höflich, wenn auch etwas distanziert. Dennoch hatte mich ein furchtsames Gefühl beschlichen, wie es ein Kind empfindet, das mitten in der Nacht durch die Flure eines fremden Hauses streift und an jeder Ecke erwartet, einem unbeschreiblich schrecklichen Ungeheuer zu begegnen. Als die Tage vergingen, wurde mir die Gegenwart dieses Ungeheuers immer bewußter; ich konnte beinahe spüren, wie es unter der Fassade der täglichen Routine lauerte wie die Schlange im Garten Eden. Und obwohl ich ihm noch kein Gesicht verleihen konnte, war ich mir seiner Existenz sicher.
    Mit schleppenden Schritten betrat ich das Haus durch die Hintertür und fand Rachel in der Küche vor, die Arme bis zu den Ellbogen in Teig. Sie sah auf, lächelnd und mit Mehl bestäubt.
    »Hattest du einen schönen Spaziergang?« fragte sie, und als ich nickte, fuhr sie fort: »Ich begann schon, mir Sorgen zu machen, du warst so lange weg.«
    »Ich war auf dem Friedhof, um das Grab meines Großvaters zu sehen«, erklärte ich mit abwesender Stimme. »Rachel, was weißt du über einen Mann namens Richard de Mornay?«
    Sie blickte mit einem Ruck auf, zögerte, und ihre Augen glitten an mir vorbei und weiteten sich in plötzlicher Furcht. Ich hatte meinen Onkel nicht hereinkommen hören, aber ich spürte seine Gegenwart hinter mir, noch bevor er sprach.
    »Richard de Mornay«, wiederholte er den Namen und betonte die Worte

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