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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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überreden ließe, mich für ein paar Stunden loszureißen« antwortete ich. »An was hast du gedacht?«
    »Tee auf Crofton Hall.«
    Ich runzelte die Stirn. »Aber Geoff ist doch noch nicht zurück, oder?«
    »Nein, er ist immer noch oben im Norden. Die Einladung kommt auch von meiner Tante Freda. Sie liegt mir schon seit Tagen in den Ohren, daß ich dich auf einen Schwatz vorbeibringen soll, aber heute ist der erste Tag, an dem ich mir frei nehmen konnte. Ned lag nämlich mit einer Erkältung zu Bett.«
    Die gute Hexe von Exbury lud mich also zum Tee ein. Das war eine ganz und gar wunderbare Aussicht.
    »Ich komme sehr gern«, sagte ich.
    »Großartig. Ist dir drei Uhr recht? Du kannst bei mir vorbeikommen, wenn du möchtest, und mich abholen.«
    »Gut. Soll ich etwas mitbringen?«
    »Nur dich selbst. Und einen gesunden Appetit«, riet sie. »Tante Fredas Nachmittagstees könnten eine hart arbeitende, vierköpfige Familie sattmachen, und von uns wird erwartet, daß wir alles aufessen, was wir geboten bekommen.«
    Um drei Uhr an diesem Nachmittag war ich froh, daß ich Viviens Rat befolgt und das Mittagessen ausgelassen hatte, denn ich bezweifelte, daß ich sonst Platz genug für all die guten Sachen gehabt hätte. Der Tisch vor mir bog sich unter dem Gewicht von überladenen Tellern mit Kuchen und Sandwiches, eingelegten Appetithäppchen und kaltem Schinken in Blätterteigtorte.
    »Du mußt nicht alles aufessen, Kind«, beruhigte mich Mrs. Hutherson. Sie goß kochendes Wasser in die Teekanne nach und setzte sich mir gegenüber. »Egal was Vivien dir erzählt hat, ich bin nicht ganz so schrecklich.«
    Wir saßen in der Küche von Crofton Hall. Nicht in dem großen, widerhallenden Saal, den ich während meiner Führung durch das Herrenhaus gesehen hatte, sondern in einem kleineren, praktischer eingerichteten Raum im privaten Nordostflügel, der einen glänzenden Pinienholzboden, Spitzengardinchen und zahlreiche Pflanzen auf jedem Fensterbrett aufwies. Alfreda Hutherson verbrachte offensichtlich eine Menge Zeit in dieser Küche, denn der Raum hatte viel von ihrer Persönlichkeit aufgesogen und strahlte Wärme und Freundlichkeit und Geborgenheit aus.
    Ich fand sie faszinierend – eine große, magere Frau in einem einfachen, dunklen Kleid mit lachenden blauen Augen, die denen Viviens so gleich waren, daß ich nicht verstand, wie ich die Ähnlichkeit zuerst nicht hatte bemerken können. Sie bewegte sich mit einer königlichen, ganz natürlichen Anmut, und obwohl ihr Haar fast vollständig weiß war, war es mir nicht möglich, ihr Alter zu erraten. Wie ihre Nichte war sie eine gute Gesprächspartnerin, intelligent und belesen, mit einem köstlich verschmitzten, leisen Witz, der von Zeit zu Zeit aufschimmerte.
    »Ich muß sagen,«, bemerkte sie und reichte die Sandwiches zum dritten Mal herum, »es ist sehr nett, Gesellschaft im Haus zu haben. Ich fühle mich immer ein wenig verloren, wenn Geoffrey weg ist.«
    »Du hast statt seiner in dieser Woche Iain gefüttert – er hat es mir erzählt.« Vivien grinste vorwurfsvoll. »Er wird noch dick werden.«
    »Er arbeitet hart«, argumentierte ihre Tante. »Bei ihm setzt es nicht an. Und es ist schön, jemandem zuzusehen, der gutes Essen zu schätzen weiß.«
    »Sie wohnen also noch hier?« Ich nahm noch ein Sandwich. »Im Herrenhaus?«
    Sie lächelte. »Oh nein. Nein, ich habe ein eigenes kleines Haus im Dorf. Ich arbeite nur tagsüber hier, mache sauber und beaufsichtige die jungen Mädchen, und bevor ich gehe, stelle ich Geoffreys Abendessen in den Ofen, und er wäscht hinterher ab. Es ist ein sehr formloses Übereinkommen.«
    »Tante Fredas Haus steht genau gegenüber dem alten Pfarrhaus«, warf Vivien ein. »Es war das Haus meiner Großmutter, als sie noch lebte. Ein kleines Steinhaus mit grünen Fensterläden. Ist das das Telefon?« Sie neigte plötzlich horchend den Kopf. »Ja, ist es. Nein, bleib nur sitzen, ich geh schon ran«, sagte sie zu ihrer Tante, schob ihren Stuhl zurück und verschwand in dem langen, dunklen Korridor. Einen kurzen Moment später kam sie kopfschüttelnd zurück.
    »Kleine Krise«, verkündete sie. »Das war Ned. Offenbar arbeiten die Zapfhähne nicht mehr, und die Jungs werden langsam nüchtern. Ich laufe lieber rüber und sehe nach, was ich tun kann. Ich bin sobald wie möglich zurück.«
    »Du brauchst dich nicht zu beeilen, Liebes«, erwiderte Alfreda Hutherson mit einem Augenzwinkern. »Es ist ja genug zu essen da. Wir heben dir ein paar

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