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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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Buchseite las. Sie las gerade in diesem Moment in mir, was ich an der Art, wie unsere Augen sich begegneten, erkannte …
    »Es tut mir leid, wenn es dich verstört«, sagte sie leise. »Daß ich mehr Dinge weiß als du. Aber ich bin nicht umsonst eine alte Frau geworden. Ich habe viele Jahre erlebt, und ich habe das Verstreichen der Zeit beobachtet, und wenn ich sonst nichts gelernt hätte, so doch, daß das Schicksal nach seinem eigenen Zeitplan arbeitet.« Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und sah mich mit philosophischer Gelassenheit an. »Es ist wie ein Kreislauf, das Leben, weißt du«, fuhr sie fort. »Man beginnt irgendwo und wählt seinen Weg, und wenn man am Ende angekommen ist, stellt man fest, daß man wieder genau da angelangt ist, wo man angefangen hat. Und das ist es, was du jetzt mit Marianas Leben tust. Wenn du den ganzen Weg zurückgelegt hast, wenn du den Kreis geschlossen hast, dann und erst dann wird dir der Zweck deiner Reise klar werden.«
    »Und Sie sind absolut sicher«, fragte ich, »daß ich sie bin … ich meine, daß sie … daß Mariana Farr und ich dieselbe Person sind?«
    »Oh ja.« Ihre Augen blickten sanft. »Ich habe dich gleich erkannt.«
    »Mich erkannt?«
    »Ich habe dich schon einmal gesehen«, erklärte sie. »Nicht als die, die du jetzt bist, natürlich, aber du warst es trotzdem.«
    »Aber natürlich«, erinnerte ich mich. »Die Grüne Frau.«
    »Und die Frau im Kavalier-Schlafzimmer oben«, fügte sie hinzu. »Mariana spukte lange Zeit an beiden Orten.«
    Ich überlegte. »Aber ich habe gedacht, daß der Geist oben immer noch aktiv ist. Es ist doch nicht möglich, daß eine Seele sich an zwei Stellen gleichzeitig befindet, oder?«
    Alfreda Hutherson schüttelte geduldig den Kopf. »Es gibt keinen Geist oben«, verriet sie mir. »Nicht mehr. Was du gefühlt hast, war einfach die Aura von etwas, das vor langer Zeit geschehen ist. Sie hat das in diesem Zimmer hinterlassen, verstehst du, ungefähr so wie jemand einen Schatten an die Wand wirft.«
    Ich schwieg einen Moment nachdenklich.
    »Manchmal sehe ich einen Mann«, sagte ich dann langsam. »Einen Mann auf einem grauen Pferd …«
    »Richard.« Sie nickte. »Er ist ebenfalls eine Art Schatten, wenn du ihn so siehst. Unter der alten Eiche in der Senke, nicht wahr? Ja, er hat dort viel Zeit verbracht. Es ist kein Wunder, daß etwas von ihm dort zurückgeblieben ist. Teilweise ist es jedoch auch eine Projektion deines eigenen Geistes, mußt du verstehen. Wenn du zu lange in die Sonne starrst, siehst du sie auch überall.«
    Mein Instinkt war also richtig gewesen, dachte ich. Wenn Richard de Mornay kein Geist war, dann könnte auch er, wie Mariana, munter und lebendig in Exbury leben. Er konnte sogar, theoretisierte ich, in Crofton Hall wohnen. Was hatte Tom mir doch gesagt? Daß Menschen, die wiedergeboren werden wollen, dazu neigen, sich mit anderen Menschen, die sie in einem früheren Leben kannten, zu umgeben. Wir waren alle irgendwie miteinander verbunden. Vivien und Iain und Geoff und ich … und vielleicht sogar …
    »Sind wir uns schon einmal begegnet?« fragte ich Mrs. Hutherson, plötzlich neugierig geworden. »Zuvor, meine ich. Waren Sie jemand, den ich kannte?«
    Sie lächelte auf die Frage, aber es schien mir ein trauriges kleines Lächeln zu sein, und ihre Augen blickten, als sie meinen begegneten, weit in die Ferne. »Ach«, sagte sie, von mir zum Fenster sehend, »wir waren alle schon einmal jemand, früher.« Sie neigte ihren Kopf und lauschte. »Das wird Vivien sein«, sagte sie in entschlossenem Ton. »Ich setze besser den Kessel für eine neue Kanne Tee auf.«
    Ich selbst hörte nichts außer dem Wind und fernem Vogelgezwitscher, aber ich war kein bißchen erstaunt, als wenige Minuten später Vivien schwungvoll durch die Küchentür trat und gleichzeitig der Kessel auf dem Herd zum Kochen kam.

Kapitel neunzehn
     
    In dieser Nacht träumte ich von meiner Mutter. Ich träumte, daß ich wieder ein kleines Kind war, mit aufgestoßenen Knien und Rattenschwänzen, das im Garten unseres Hauses in Oxford spielte, während meine Mutter neben mir auf dem Rasen saß und las. In meinem Traum hatte meine Mutter blaue Augen. Sie ist ein sehr dunkler Typ, so wie ich, und ich weiß noch, wie ich dachte, wie merkwürdig das doch sei, daß ihre Augen sich plötzlich von ihrem normalen Braun in Blau verwandelt hatten, aber als ich sie danach fragte, lächelte sie nur und küßte mich und schickte mich wieder

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