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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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stillschweigend geduldeten Hang zur Verschlagenheit, der ein ererbtes Familienmerkmal war.
    »Ich glaube, ich würde deinen Vater gern kennenlernen«, sagte Geoff.
    Meine Antwort bestand aus kaum mehr als einem unverbindlichen Gemurmel. Es war ganz gut für Geoff, fand ich, daß mein Vater immer noch außer Landes war. Meine bisherigen männlichen Freunde waren in der Regel vor ihm geflohen. Paps konnte manchmal sehr schwierig sein, und er hatte bis jetzt noch keinen jungen Mann getroffen, der seinen hohen Ansprüchen genügte. Am besten war es, hatte ich herausgefunden, sie ihm einfach nicht vorzustellen. Es ersparte uns allen viele Unannehmlichkeiten.
    Die Fahrt zurück nach Exbury war viel zu kurz, und allzuschnell hielten wir wieder vor meinem Haus. Geoff griff nach hinten und reichte mir mein Schoßpult und das kleine gerahmte Gemälde, das ich unsinnigerweise gekauft hatte. Zum ersten Mal an diesem Tag wurde unsere Unterhaltung befangen.
    »Das hat Spaß gemacht«, sagte ich. »Ich hatte wirklich einen schönen Tag.«
    »Ich auch.« Er blickte auf seine Hände auf dem Lenkrad. »Weißt du«, sagte er, »ich muß wieder für ein paar Tage nach Norden rauf, vielleicht sogar für eine ganze Woche, aber wenn ich zurückkomme, würde ich mich gerne wieder mit dir verabreden.« Er drehte den Kopf, um mich anzusehen. »Ich würde dich gern zum Essen einladen.«
    »Das klingt gut«, sagte ich, und er lächelte auf eine Weise, daß mich der volle Zauber seines Charmes vorübergehend benommen machte.
    Unser Kuß war besser als der erste. Schließlich, analysierte ich, kannten wir uns jetzt beinahe zwei Wochen länger, und wir hatten gerade einen absolut perfekten Tag miteinander verbracht. Als der Kuß geendet hatte, schenkte ich ihm ein glückliches Lächeln und tastete nach dem Türgriff.
    »Mach’s gut.«
    Er lehnte sich über den Sitz und half mir mit der Tür.
    »Bist du sicher, daß du mit den Sachen allein zurechtkommst?«
    »Ja, danke.« Ich nickte und umfaßte meine Trophäen fester.
    »Also dann.« Wieder dieses Lächeln. »Ich ruf dich an, wenn ich zurück bin.«
    Ich sah zu, wie er davonfuhr, fühlte mich lächerlich glücklich und tanzte fast um das Haus herum zur Hintertür. In widerspenstigem Gegensatz zu meiner Stimmung weigerte sich der Schlüssel, sich in dem neuen Schloß herumdrehen zu lassen, und im Eifer des Gefechts entschlüpfte mir das Schoßpult aus Eichenholz und fiel mit lautem Poltern zu Boden, wobei es die Steinstufen nur um wenige Zentimeter verfehlte.
    »Verdammt!« Ich verfluchte meinen Bruder und das Schloß und kniete mich ins Gras, um das Pult aufzuheben. Es war bei dem Fall aufgesprungen, und die unverschlossene, samtbezogene Schreibfläche hing aufgeklappt in den Scharnieren. Ich schloß es und wischte mit dem Finger etwas Dreck von dem ziselierten Buchstaben »H« auf dem Messingschild des Deckels.
    Als ich das Pult anhob, klapperte etwas darin, und ich stöhnte innerlich auf. Mit neuer Energie nahm ich die Hintertür in Angriff, und diesmal gab das Schloß, wenn auch recht schwerfällig, nach. Ich stieß die Tür mit der Schulter auf und mit einem kräftigen Fußtritt wieder hinter mir zu.
    Nachdem ich meine Käufe auf dem Küchentisch abgesetzt hatte, öffnete ich das Schoßpult erneut und untersuchte die Aushöhlung unter der Schreibfläche. Es schien nichts zerbrochen zu sein, aber ein schmales Geheimfach war offenbar durch den Sturz aufgesprungen. Mit neugierigen Fingern zog ich es vollständig auf.
    In dem kleinen Schubfach lag ein zierlich gearbeitetes Armband aus abgestoßenem und angelaufenem vergoldetem Metall, das einen Reigen phantasievoll gestalteter Paradiesvögel mit Augen aus blauem Glas zeigte, die wie königliche Juwelen funkelten.

Kapitel achtzehn
     
    Mit leicht zitternden Händen nahm ich das Armband aus der flachen Schublade, wo es – ja, wie lange eigentlich? Jahrhundertelang? – verborgen gelegen hatte. Es war dasselbe Armband, das wußte ich mit einer jegliche Logik überschreitenden Sicherheit. Sein Anblick, das Gefühl seines Gewichts und seiner Form in meiner Handfläche waren mir derart vertraut, daß kein Zweifel darüber bestand, daß es einmal mir gehört hatte.
    Aber wie war es in ein hölzernes Schoßpult gelangt, das – wenn man der Herstellerinschrift glauben konnte – erst Mitte des achtzehnten Jahrhunderts gefertigt worden war, also siebzig Jahre oder mehr nach Mariana Farrs Ankunft in Exbury? Das Armband immer noch fest in der Hand,

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