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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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in dem es vorwiegend um Ereignisse bei unseren verschiedenen Verwandten in Auckland ging und das in regelmäßigen Abständen von dem Gemurmel meines Vaters unterbrochen wurde, der sicher neben ihr saß und zu lesen oder zu dösen versuchte.
    »Was meinst du, Edward, Schatz?« fragte sie ihn dann gutgelaunt. »Oh ja, das darf ich nicht vergessen. Und dann, Julia, schneite sie herein und trug einen absolut unglaublichen Hut …« Und meine Mutter erzählte weiter und brachte eine neue, an Familientratsch reiche Anekdote an, um mich auf ihre kluge Art den Schrecken des Alptraums vergessen zu lassen.
    Meine Eltern waren wirklich großartig, dachte ich, als ich den Telefonhörer fast eine Stunde später wieder auflegte. Ich reckte die Arme über den Kopf und sah mich mit trägem Interesse im Flur um. Der Trick meiner Mutter hatte eindeutig gewirkt. Ich hatte keine Angst und keine bösen Vorahnungen mehr. Aber ich war leider auch kein bißchen mehr schläfrig.
    Na schön, sagte ich mir resolut, wenn ich schon wach und auf bin, kann ich mich auch gleich richtig anziehen. Ich stapfte wieder die Treppe hinauf und vertauschte meinen Morgenmantel mit Jeans und einem weiten T-Shirt, was unserer kürzlich eingetretenen Warmwetterphase entsprach. Als ich vor dem Spiegel meine Haare bürstete, fiel mein Blick auf den kleinen, geschwärzten Schlüssel, der immer noch auf dem Toilettentisch vor mir lag. Langsam, mit grüblerischen Falten auf der Stirn, legte ich die Haarbürste ab, nahm den kleinen Schlüssel auf und wog ihn nachdenklich in der Handfläche.
    Welche verborgenen Geheimnisse konnte er wohl für mich erschließen? Ich dachte an Mrs. Huthersons sanftes, wissendes Gesicht und wie es mich gestern über den Küchentisch in Crofton Hall hinweg angelächelt hatte. Du hast eine Art Reise begonnen , hatte sie gesagt. Ich schloß meine Finger einen Augenblick um den Schlüssel und betrachtete meine entschlossene Miene im Spiegel. Es hatte keinen Sinn, das Unvermeidliche hinauszuschieben, dachte ich. Es war Zeit, den nächsten Schritt auf meiner Reise zu machen. Es war Zeit, zurückzugehen.
    Wieder unten, zündete ich die Kerze an, die ich bei meiner letzten experimentellen Sitzung verwendet hatte, und stellte sie gut sichtbar in die Mitte des Tischs. Es wurde jetzt langsam hell draußen, daher wirkte die Kerzenflamme weniger hypnotisierend, aber ich konzentrierte mich mit etwas Anstrengung darauf und schloß halb die Augen. Die Zeit hielt an und bebte. Das Geräusch meines Atems war sehr laut in dem stillen Raum.
    »Mariana!« Carolines Stimme war schneidend, und ich riß den Kopf hoch, sofort wachsam. Meine Tante lächelte ein wenig über meine Reaktion, ihre Stimme wurde sanfter. »Du wirst dich noch verletzen«, warnte sie mich, »wenn du weiterhin so vor dich hinträumst. Haben wir dich zu früh geweckt?«
    »Ich habe schlecht geschlafen«, entschuldigte ich mich mit einer kleinen Lüge, da ich keine Lust hatte zu gestehen, daß meine Unaufmerksamkeit von den Gedanken an einen gewissen dunkelhaarigen Nachbarn herrührte. Ich nahm das Messer fester in die Hand und fuhr fort, Gemüse für die Suppe zu schneiden, die Rachel über der Feuerstelle kochte.
    »Es ist ungewöhnlich warm«, sagte Rachel zu meiner Verteidigung. »Das macht uns alle etwas schläfrig.« Sie richtete sich auf, trat mit gerötetem, feuchtem Gesicht vom Feuer zurück und warf Caroline einen verschmitzten Seitenblick zu. »Selbst dich habe ich heute morgen bei deinen Gebeten einnicken sehen, Schwester.«
    »Ich nicke nicht ein beim Gebet«, antwortete Caroline spröde, aber ihre Augen zwinkerten fröhlich, und sie sah beinahe jung aus, als sie Rachels Neckerei zurückgab. »Ich war nur ganz in die Andacht vertieft.«
    Rachel wollte gerade darauf reagieren, aber bevor sie etwas sagen konnte, öffnete sich die Küchentür, und mein Onkel kam herein. Augenblicklich verschwand die Lebendigkeit aus Carolines Augen, als ob eine unsichtbare Hand sie weggewischt hätte. Mein Onkel bemerkte die Verwandlung nicht. Er hatte ein rotes Gesicht und fühlte sich offensichtlich unwohl bei der Hitze, seine Miene war übellaunig.
    »Das ist der heißeste Tag, den ich je erlebt habe«, klagte er und wischte sich Schweißtropfen vom Kinn. »Es ist die Hitze des Teufels selbst. Mariana, hol mir einen Schluck Wasser, Mädchen, und spute dich.«
    Ich gehorchte wortlos, reichte ihm den Becher und ging wieder an meine Arbeit. Er trank das Wasser wie ein Vieh, mit lauten,

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