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Mariana

Mariana

Titel: Mariana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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nicht aufdrängen, weil ich merke, daß Sie in Ruhe gelassen werden wollen, wenn Sie sich elend fühlen. Sie fühlen sich elend, nicht wahr? Beim Mittagessen ging’s Ihnen jedenfalls miserabel.»
    «Du liebe Güte, haben Sie das bemerkt?»
    «Es war nicht zu übersehen.»
    «Ach!»
    Er trug einen handgestrickten Pullover. Mittendrin hatte jemand einen Fehler gemacht, und eine der Maschen war größer als die anderen. Sie hätte gern gewußt, wer den Pullover für ihn gestrickt hatte. Hoffentlich seine Mutter.
    Sie sprach schnell weiter, ohne dabei aufzusehen: «Ich hatte scheußliche Schmerzen, die bekomme ich jetzt manchmal. Aber im Augenblick ist alles in Ordnung. Ich wollte nicht, daß Mrs. van de Meyer etwas merkte. Sie hätte nur unnötig viel Aufhebens gemacht.»
    «Die hat nichts gemerkt. Sie ist so beschäftigt mit diesem schauderhaften Haus, daß sie nicht einmal merken würde, wenn Sie im Sterben lägen. Sagen Sie, geht’s Ihnen jetzt wirklich besser? Warum lassen Sie mich nicht ans Steuer?»
    «Wirklich? Das wäre wunderbar. Ich —»
    Schritte knirschten auf dem Kies, und Mr. Jowitt tauchte hustend hinter dem Wagen auf. Sam streckte die Hand aus und zog Mary hoch.
    «Geht’s?» fragte er und hielt ihren Arm noch fest. «Sie sind ja bald zu Hause. Übrigens», flüsterte er, bevor er sie losließ, «ist der Kerl nicht widerlich?»
    «Ekelhaft», sagte sie und sah ihn strahlend an.
    Sie fuhren Mr. Jowitt in sein Büro zurück. Er saß hinten im Wagen, hatte die Ellenbogen auf den Vordersitz gestützt. Mary fühlte seinen Atem im Nacken. Nachdem er ausgestiegen war, ließ Mrs. van de Meyer ihn noch eine Weile auf dem Trottoir der Highstreet stehen, während sie ihm durchs Fenster alles mögliche mitteilte, was ihr in letzter Minute einfiel.
    Dann lüftete er seinen Bowler-Hut, sagte «Auf Wiedersehen», und als sie losfuhren, sah Mary durchs Rückfenster, wie er in den Gully spuckte.
    Diesmal saß sie in der Mitte, ohne jede Absicht, es hatte sich zufällig so ergeben. Sie sank auf dem weichen, bequemen Sitz zusammen und lehnte sich zurück, während Sam und Mrs. van de Meyer sich über sie hinweg unterhielten. Seine Hände am Lenkrad waren lang und braun und hatten kräftige Gelenke.
    Kurze Zeit fuhren sie durch die Dämmerung, dann brach die Dunkelheit herein und mit ihr der Nebel. Zuerst waren es nur leichte Nebelschwaden, aber je näher sie London kamen, um so stärker wurde er, und schließlich schloß er sie vollkommen ein. Auch das Licht der Scheinwerfer konnte ihn nicht mehr durchdringen. Ein rotes Licht, so groß wie ein Stecknadelkopf, schien weit vor ihnen zu sein, bis Sam plötzlich den Wagen herumriß, um nicht auf einen Lastwagen aufzufahren, der unmittelbar vor ihrem Kühler auftauchte. Mrs. van de Meyer schrie auf, und Sam sagte «Heiliger Strohsack» und verringerte das Tempo auf ein Minimum.
    «Diesmal werde ich keine Notiz von dir nehmen», sagte Mary zu der Ratte, die in ihrem Inneren wieder zu nagen begann.
    Sam hatte das Fenster heruntergedreht und lehnte sich weit hinaus, um die Straße besser sehen zu können, und so konnte Mary, als das Nagen in einen schneidenden Schmerz überging — der diesmal nicht in Wellen kam, sondern anhielt — , ihren Kopf nach rechts drehen und unbemerkt in seinen Mantel hineinstöhnen. Mrs. van de Meyer hockte ganz vorn auf ihrem Sitz, rieb vergeblich mit einem parfümierten Taschentuch an der Windschutzscheibe und stellte fest: «Ich sehe überhaupt nichts mehr.»
    «Ich fürchte, wir werden die Windschutzscheibe hochstellen müssen, ich kann den Bordstein nicht erkennen», sagte Sam und zog Kopf und Schultern so plötzlich zurück, daß er Marys Kopf fast an der Rückenlehne zerquetschte. Schuldbewußt fuhr sie in die Höhe.
    «Was ist los?» fragte er.
    «Es hat wieder angefangen», flüsterte sie.
    «Verflixt noch mal. Können Sie’s aushalten, bis wir nach Hause kommen? Es dauert nicht mehr lange.»
    «Ja, es wird schon gehen.» Sie zog die Schultern hoch, verschränkte die Arme und krümmte sich vornüber. Als die Windschutzscheibe geöffnet war, nahm ihnen die eisige Luft fast den Atem, aber Sam konnte etwas schneller fahren, und bald hatten sie den Anschluß an eine endlose Kette von Autos gefunden, die alle brav eins hinter dem anderen auf der Western Avenue entlangschlichen. Es bestand nicht die geringste Hoffnung, sie zu überholen, sie mußten ihren Platz beibehalten wie ein Laster auf einem Güterzug. Sie würden nie nach Haus kommen,

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