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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Kaffeekanne. Dann wandte er sich noch einmal zu mir um.
    „Und noch eins, Marie: Wir müssen miteinander reden. In aller Ruhe, nicht nur über meine Entdeckung ...“
    Ich verstand, auch ohne dass er den Satz beendete, knüpfte meinen warmen Umhang um die Schultern, weil es um diese Stunde noch ziemlich kühl war, und verließ eilig und in einer erwartungsfrohen Bangigkeit das Haus.

7
    „Ich will mich nicht am Gold des frühen Abends freuen,
    noch an den Segeln in der Ferne ...“
Victor Hugo

    Als ich am späten Nachmittag bei leichtem Nieselregen wieder hinaufstieg, begleitete mich die neue Hebamme, Madame Malvoise. Sie wollte nach Suzette Dalmas sehen, die ihr viertes Kind erwartete.
    „Gut, dass ich dich treffe, Marie“, hatte sie ohne Umstände gesagt, „weißt du vielleicht, wo ich schöne Osterluzei finden kann? Meine Vorräte gehen langsam zu Ende.“
    Sie hatte also bereits gehört, dass ich mich mit Heilkräutern auskannte. Die Großmutter hatte das ganze Jahr hindurch Kräutlein gesammelt und getrocknet. Wer auch immer in Couiza erkrankte, war erst zu ihr gekommen, bevor er einen Arzt aufgesucht hatte. In Rennes-le-Château hatte ich – weil ich nun einmal die besten Standorte in der ganzen Gegend weiß - schnell den Ruf als Kräuterhexe erworben. Noch war er freundlich-spöttisch gemeint.
    „Kennt Ihr Torkains Weinberg, Madame?“ fragte ich die Hebamme.
    „Den drüben auf der anderen Seite, gegen Montazel?“
    „Genau den, dort findet Ihr Osterluzei in rauen Mengen!“
    Die Osterluzei ist eine schon den alten Ägyptern und Griechen bekannte Heilpflanze, die geburtserleichternd wirkt. Saunière hatte mir ihren Namen erklärt: Aristolochia clematitis . Ariston bedeutet das Beste , locheia Geburt, das Beste also für Geburten.“

    Oben angekommen, sah ich Boudets Gig ausgespannt vor dem Pfarrhaus stehen. Über den Wagen war eine alte Ölplane gebreitet. Offenbar war Antoine wieder aus Esperaza zurück. Ich warf einen kurzen Blick in den Stall und sah Boudets Pferd neben Saunières temperamentvollem Rotfuchs „Monsignore“ stehen.
    In Saunières Arbeitszimmer brannte Licht. Von den Männern jedoch war kein Laut zu hören. Nachdem ich mich umgezogen, meine Haare trockengerieben und wieder aufgesteckt hatte, setzte ich Kaffeewasser auf und schnitt die Brioche, die ich gestern gebacken hatte, in Scheiben. Dann stellte ich alles auf ein Tablett und trug es die Treppe hoch.
    Als ich an die Tür klopfte, hörte ich nur ein undeutliches „Herein“. Die Priester saßen mit hochroten Köpfen über den Pergamenten und blickten – wie ihre beiden Pferde - nicht einmal auf, als ich eintrat. Wie sah es nur in diesem Zimmer aus? Überall lagen Bücher herum, mitten auf dem Tisch thronte die Heilige Schrift, die wertvolle, lederne, mit dem goldenen Verschluss. Auf dem überzähligen Stuhl und sogar auf den Dielen lagen halbbeschriebene oder zusammengeknüllte Blätter. Was trieben die beiden nur?
    „Meine Herren, ich bringe Ihnen den Kaffee!“ rief ich fröhlich, um sie auf mich aufmerksam zu machen, und zerrte die bestickte Tischdecke zurecht, die auf der einen Seite schon halb zu Boden hing.
    „Bitte, Marie“, brummte Saunière, das vertrauliche Marinette vermeidend, „lass die alberne Decke in Ruhe, und geh wieder nach unten. Wir bedienen uns selbst.“
    Den ganzen Abend saß ich in der Küche und wartete. Der Regen trommelte jetzt unablässig auf das Dach des Stalls. Das laute Geräusch machte mich nervös. Ich dachte an das Gold, das ungeahnte Möglichkeiten versprach – und noch etwas spukte mir in dieser Nacht im Kopf herum: das angekündigte Gespräch.
    Hin und wieder fielen mir die Augen zu vor Müdigkeit, dann schreckte ich hoch. Amüsiert dachte ich wie Großmutter, wenn sie sich am Abend ans Spinnrad setzte, meist innerhalb kürzester Zeit eingenickt war. Ihr Kopf mit dem schwarzen Tuch war dabei nach vorne gefallen und ein kleiner Schnarcher ihrer Kehle entschlüpft. Rüttelten wir Kinder sie sanft am Arm und riefen: „Großmutter, wach auf!“, so fuhr sie zusammen und leugnete alles. Dann fing sie an, rasch weiterzuspinnen, um das Versäumte nachzuholen. Es hatte jedoch stets nur kurze Zeit gedauert, bis sie erneut eingenickt war.
    Als es auf Mitternacht zuging, gab ich auf. Ich schnitt Brot und Schinken in Scheiben, stellte alles auf den Tisch, Butter dazu und einen Krug Rotwein und ging zu Bett.

    Am nächsten Morgen war alles aufgegessen, der Krug verschwunden. Sicher schlafen die

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