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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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beneidet und nicht geahnt, dass ich zuvörderst die Bücher für Madame führen musste, Briefe aufsetzen, Mahnungen zustellen, ihre störrischen Haare ondulieren, ständig den Laden blitzblank fegen und putzen. Im Herbst hatte ich in ihrem Garten das Obst abzuernten, die Zwetschgen säuberlich zu entkernen und die Birnen kleinzuschneiden, um alles in ein großes Fass zu werfen, wo es täglich, mittels eines ausgedienten hölzernen Wäschestampfers, mindestens eine Stunde lang gerührt werden musste. Diese Prozedur war nötig, damit Madame später daraus ihren heißgeliebten Schnaps brennen konnte, den sie nie vergaß, pünktlich jede volle Stunde einzunehmen. Aus medizinischen Gründen, wie sie stets betonte. Nun, manch einer beruhigt sich mit ein wenig Alkohol. Doch bei Madame war es leider umgekehrt. Nach dem fünften Gläschen fing sie meist zu toben an. Sie warf mir dann vor, dass ich mich zu lange mit dem Verzieren der Strohhüte aufhielt, die die ärmeren Leute in unserer Gegend in Heimarbeit flechten und zu Glocken nähen, bevor sie sie zu ihr bringen. Verschnitt sie sich gar - im Vollrausch natürlich - beim Zurichten des teuren Samtes, so machte sie mich natürlich dafür verantwortlich.
    Nein, ich wollte gewiss nie mehr zur Trussaut zurück, und vor Erleichterung, eine neue Anstellung in Aussicht zu haben und sei es auch in einem Nest wie Rennes, ließ ich alle Bedenken fahren, fasste den Priester an den Händen und zog ihn übermütig im Kreis herum. Boudet wehrte sich überrascht, schüttelte dann aber, ebenfalls lachend, den Kopf.
    „Kind, Kind“, sagte er, als er sich atemlos ein wenig verlegen unsichtbare Stäubchen von der Soutane klopfte, „du bist schon etwas Besonderes - ganz und gar nicht dumm. Nun ja, etwas zu eigensinnig wohl und ein wenig zu hübsch vielleicht für dort oben. Aber“, er räusperte sich, „ich denke, du wirst trotzdem gut hinaufpassen nach Rennes. Gib jedoch acht auf dich! Und – halte vor allen Dingen deine Zunge im Zaum, selbst wenn es dir schwerfällt. Die Stelle der Pfarrhaushälterin ist nämlich eine Vertrauensstellung - eine ganz besondere Vertrauensstellung“, betonte er nachdenklich, bevor er sich anschickte, den Heimweg anzutreten.
    Auch meine Großmutter hatte mir heute früh beim Abschied noch einmal ins Gewissen geredet, während ich mir den Tragkorb mit meinen wenigen Habseligkeiten auf dem Rücken lud. „Du bist so unstet und voreilig, wirfst alles, was dir unangenehm ist, zu schnell hin. Es kann nicht immer nur nach deinem Kopf gehen. Ohne Geduld und Ausdauer kommst du nicht weit im Leben, meine Kleine. Gib dem Pfarrer dort oben nicht gleich am ersten Tag eine Widerrede. Mach uns bitte keine Schande, Marie!“
    Als ich mich noch einmal nach ihr umdrehte, um ihr zu winken, sah sie mir bekümmert nach, mit ihren dunklen Knopfaugen.
    Ich wollte ihr wahrhaftig keine Schande mehr bereiten. Endlich sollte Großmutter stolz auf mich werden, denn ihre Sorge war nicht ganz unberechtigt. In meinen frühen Mädchenjahren waren einige seltsame oder sogar höchst unangenehme Dinge geschehen, über die ich hier, in diesem unheimlichen Mondlicht, allerdings nicht auch noch nachdenken wollte.

    All die Jahre, die seit jener ersten Nacht in Rennes vergangen sind, habe ich Großmutters Worte beherzigt. Ein einziges Mal nur bin ich leichtsinnig geworden, an einem jener kostbaren leidenschaftlichen Tage inmitten des Rauschs über unsere märchenhafte Entdeckung. Aber natürlich hat uns jemand in dieser kompromittierenden Situation beobachtet. Die Neuigkeit ging durch Rennes-le-Château wie ein Lauffeuer, und ich, ganz allein ich, war die Schuldige.
    Seit dem Mord an Gélis jedoch, dem Priester von Coustaussa, hat die Angst allen Übermut abgelöst. Seitdem bedrohen dunkle Wolken unser Glück. Eine lauernde Unsicherheit hält uns in den Klauen, die uns nicht nur in der Nacht vor ungewohnten Schatten zurückweichen lässt. Der Segen ist zum Fluch geworden. Und ich kann mit niemandem über meine Ängste und die Last meines Mitwissens reden– selbst nicht mit meiner besten Freundin Louise, denn wenn ich es mir recht überlege. Ein Geheimnis war bei Louise noch nie gut aufgehoben.
    So treibt mich mein bedrücktes Herz und mein Gewissen dazu, alles aufzuschreiben, was mir bisher widerfahren ist und was geschehen wird. Ich werde dieses Heft gut aufbewahren müssen, damit uns niemand hinter das Geheimnis kommt.

2
    "Einst hat die Zeit mit Kraft und Macht bewirkt,
    dass ich die

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