Marie + Leo = Liebe (German Edition)
zu.
Sie haben Recht, Leo maß mit zweierlei Maß. Während er sich darüber
aufregte, dass Marie schmachtende Blicke auf sich zog, bemerkte er nicht
einmal, dass er von einer Frau angeflirtet wurde, die
in Begleitung ihres schmächtigen Verlobten mit Nickelbrille erschienen war.
Wie wir ja wissen, war Leo erotischen Versuchungen grundsätzlich nicht
abgeneigt, nicht einmal wenn sie einen Klunker von Tiffany´s trugen. Weshalb also reagierte er nicht?
Marie zog sich einen Lidstrich,
doch ihre Hände zitterten so sehr, dass er reichlich verwischt ausfiel. Dann
strich sie ihr Tank-Top glatt und überprüfte den Sitz ihrer Haare. Sie hatte
eine halbe Stunde damit verbracht, sie zu richten. Mit dem Ergebnis war sie nicht
zufrieden. Dennoch lächelte sie ihr Spiegelbild an. Gleich würde Leo aufwachen.
Marie konnte es gar nicht mehr
erwarten, gleich von Leo angegrinst und gefragt zu werden, ob sie denn nichts
Besseres zu tun hätte, als hier herumzuhängen.
Eine halbe Stunde später musste
sie schon einiges mehr an Selbstbeherrschung aufbringen, um weiterhin den
Anschein eines fröhlichen Lächelns zu erwecken.
Die Mienen der Umstehenden
waren währenddessen immer betretener geworden.
Dr. Pflippen tippte ihr leicht an den Oberarm.
„Das muss gar nichts heißen,
Frau Claaßen , das kann schon mal vorkommen.“
Sie nickte.
„Wann- Ich meine, Sie versuchen
doch noch mal ihn aufzuwecken, oder?“
„Selbstverständlich. In einigen
Tagen unternehmen wir einen neuen Versuch.“
In einigen Tagen?
Marie fühlte sich, als habe ihr
jemand eine Faust in die Magengrube gerammt.
Einige Tage waren eine lange
Zeit. Wie sollte sie die quälende Ungewissheit bis dahin aushalten?
Dr. Pflippen hatte ihr zwar erklärt, dass die Chancen gering standen, aber eine verbindliche
Auskunft war das nicht gewesen.
Am Abend hatte Marie sich als
ein Häufchen Elend auf Ricardas Couch zusammengerollt
und ließ sich nicht trösten, egal wie viel Mühe Ricarda sich auch gab.
„Du solltest darüber nachdenken,
wie es weitergehen soll, falls Leos Genesung nicht so fortschreitet, wie du dir
das wünschst.“
„Wie ich mir das wünsche? Was
soll das heißen?“, fauchte Marie.
„Das weißt du genau. Ich meine
es nicht böse, aber du musst dir Gedanken zu diesem Thema machen. Du brauchst
einen Plan“, bestimmte Ricarda.
Marie nickte. Ricarda hatte
Recht, aber das hieß nicht, dass Marie sich gern Gedanken über den Super-GAU
machen wollte.
„Ich weiß nicht. Es gibt doch
Elternzeit. Ich hab mich da noch nicht informiert. Aber bis dahin ist Leo doch
auch wieder fit. Dann geht er arbeiten, vielleicht kann er bei der Bundeswehr
irgendetwas Administratives machen. Einsätze koordinieren, Soldaten ausbilden,
was weiß ich. Und ich kümmere mich ums Baby.“
Ricarda schluckte angesichts
dieses bürgerlichen Ideals.
„Geht das denn so einfach, dass
Leo eine andere Aufgabe übernimmt?“
Marie zuckte mit den Schultern.
„Ich hab mich da nie mit ihm
drüber unterhalten. Das stand gar nicht zur Debatte“
Ricarda verzog das Gesicht und
setzte erneut an.
„Jetzt mal rein hypothetisch –
wenn Leo nicht wieder wach wird, was machst du dann?“
Irgendwie musste man Marie doch
zu einer Aussage bewegen können.
„Dann muss ich nach der
Elternzeit wieder arbeiten gehen“, antwortete Marie.
„Und das Baby?“, hakte Ricarda
nach.
„Vielleicht kann meine Mutter
auf es aufpassen. Sie arbeitet ja nur zwei halbe Tage.“
„Ich bin auch noch da. Wir
bekommen das schon hin“, murmelte Ricarda und strich über Maries Locken.
Ich sorge schon dafür, dass das
Kleine Pazifist/-in wird, fügte sie gedanklich hinzu.
Marie musste kräftig in die Pedale treten, um mit Leo mithalten zu können. Er
hatte keine Mühe, die Anhöhe hinauf zu kommen.
Ganz schön außer Puste holte Marie ihn ein, als er oben auf dem Hügel
anhielt. Sie hatte die Befürchtung, dass ihr Gesicht krebsrot und
schweißüberströmt war.
Leo mochte an Marie, dass sie ihm immer das Gefühl gab, der Stärkere zu
sein. Zum einen war das bei jemandem mit seinem Beruf nicht schwierig und zum
anderen tat Marie das auch meist unfreiwillig. Dennoch gefiel es ihm. Natürlich
war das bei Weitem nicht das einzige, das ihm an ihr gefiel, aber das stand auf
einem ganz anderen Blatt.
„Hier?“, fragte er und wies unter einen der umstehenden Bäume.
Marie konnte nur nicken.
Sie schoben die Fahrräder ein Stück auf die Wiese, um nicht den Radweg
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