Marie + Leo = Liebe (German Edition)
zurückzuhalten.
Sie wollte nicht weinen, sie
musste stark sein. Nicht nur für sich selbst, sondern vor allem für Leo.
Immer wieder fielen ihr die Augen
zu. Sie hatte nicht schlafen können, die ganze Nacht wachgelegen, sich mit
Selbstvorwürfen gequält und nachgedacht. Darüber, wie sie ihm helfen konnte.
Und auch darüber, wie es weitergehen sollte.
Dr. Pflippen war ihr vorhin auf dem Gang begegnet. Sie hatte ihm noch ein paar Fragen
gestellt. Größtenteils Dinge, die sie gestern schon einmal von ihm hatte wissen
wollen. Doch niemand erwartete von ihr, dass sie sich an all das erinnerte.
Wie es aussah, war es wohl in
der Tat extrem unwahrscheinlich, dass Leo als derselbe das Krankenhaus verlassen
würde, als der er zu seinem Einsatz aufgebrochen war.
Marie wusste, dass das unendlich schlimm werden würde. Wie sollte ein Mann wie
Leo damit klarkommen, wenn er plötzlich auf Hilfe angewiesen war, womöglich für
den Rest seines Lebens?
Er war geradezu süchtig nach
Bewegung, joggte manchmal stundenlang. Ohne Frage würde Marie ihn auch noch
lieben, wenn er das nicht mehr konnte. Aber wie es ihm damit gehen würde,
konnte sie sich ausmalen, und ihr schwante Fürchterliches.
„Ich liebe dich, hörst du? Ich
liebe dich, egal was passiert. Wir schaffen das, das weiß ich. Du wirst wieder
gesund. Du musst wieder gesund werden.“
Weinend ließ sie ihren Kopf auf
seine Bettdecke sinken und für einen kurzen Moment hatte sie dabei das Gefühl,
er hätte seine Hand bewegt. Doch als sie hinsah, lag sie genauso da wie zuvor.
Ich werde wirklich verrückt.
Kurz darauf kam eine Schwester herein
und Marie fragte sie, ob es nicht sein könne, dass ihr Freund dabei sei,
aufzuwachen. Sie erntete einen mitleidigen Blick.
„Er bekommt Medikamente, die
ihn ins Koma versetzen. Ein überraschendes Aufwachen ist ausgeschlossen, das
kommt nur bei Patienten vor, die in natürlichem Koma liegen.“
„Vielleicht hat jemand einen
Fehler gemacht und ihm zu wenig davon gegeben. Oder er ist so fit, dass die
Medikamente nicht wirken. Oder-“
Schwester Deborah war
beleidigt. Fehler unterliefen auf ihrer Station niemandem. Höchstens Herrn Lenßen , dem jungen Assistenzarzt, der noch viel lernen
musste.
„Glauben Sie mir, er wird nicht
wieder wach“, fauchte sie und rauschte mit wehendem Kittel davon.
Auf dem letzten Treppenabsatz stutze Marie. Weshalb brannte vor ihrer Tür
ein Windlicht? Seit wann stand dort überhaupt ein Windlicht?
Die letzten Stufen musste sie ohne Deckenlicht nehmen. Weil sie aus Überraschung stehen geblieben war, hatte sie ihr gewohntes
Zeitfenster nicht einhalten können, das vom Flurlicht vorgegeben war. Der
Schalter für die Treppenhausbeleuchtung funktionierte nur im Erdgeschoss und so
musste sie sich immer beeilen, wenn sie oben nicht minutenlang mit ihrem
Schlüssel ins Leere stochern wollte auf der Suche nach dem Schlüsselloch.
Genau dieser Fall war jetzt eingetreten.
In der linken Hand hielt Marie die unbequemsten Schuhe seit
Menschengedenken, in der rechten ihre unpraktische
Abendtasche. Wer kam auf so eine dämliche Idee, nachmittags einen
Cocktailempfang zu geben? So etwas taten wirklich nur Bürgermeister und
ausgerechnet den hatte sie über den Haufen gerannt.
Sie war spät dran gewesen und hatte gehofft, möglichst unauffällig noch in
die Pressekonferenz schlüpfen zu können. Allerdings hatte sie nicht bedacht,
dass so wichtige Leute wie Bürgermeister gern zu spät zu ihren eigenen
Empfängen kamen und ihn somit im wahrsten Sinne des Wortes von den Socken gehauen,
als sie um die Ecke geschossen kam.
Nun sollte man meinen, dass ein großer starker Bürgermeister so schnell
nicht ins Taumeln geriet, doch hier war die Sachlage eine andere. Der werte
Herr Bürgermeister hatte sich nämlich nur drei Tage zuvor bei einem
Fahrradunfall (Umwelt und so…) einen Wadenbeinbruch zugezogen und war daher nur
eingeschränkt mobil und auf Krücken angewiesen.
Nun tastete Marie sich barfuß mit ausgestreckten Armen zu ihrer Tür und
wollte gerade den ersten Schlüssellochtreffversuch starten, als Leo ihr von
innen die Tür öffnete.
Darüber erschrak sie so sehr, dass sie vermutlich rücklings die Treppe
hinunter gepurzelt wäre, wenn er sie nicht geistesgegenwärtig aufgefangen und
in ihre Wohnung gezogen hätte.
„Leo, was-“
„Sch-h.“
Er hielt ihr eine Hand vor den Mund, sodass ihr lediglich blieb , ihm einen fragenden Blick zuzuwerfen.
„Du hast doch gesagt, dass
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