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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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langsam und beschrieben einen eigenwilligen Bogen. Beide Hände waren tief in den Hosentaschen vergraben. Der Bund der Jeans hing weit über die Hüfte hinab, die Beinstöße schleiften auf der Straße. Die dünnen, braunen Arme hingen in der Sonne. Weiss entdeckte zwei große, blaue Flecke.
    Dass der nicht stolpert mit der Hos’. Batthuber war noch nicht zu sehen.
    Siebl schlurfte am Abgang zur U-Bahn vorbei und blieb an der Fußgängerampel stehen.
    Der will hier herüber, erschrak Weiss. Er rief Batthuber an und sprach unterdrückt. »Er kommt rüber zu mir. Steht am Fußgängerüberweg.«
    »Okay. Komme gerade nicht über die Straße, bin aber gleich in der Nähe, sage den andern Bescheid.«
    Das Rot der Fußgängerampel hielt unendlich lange an. Schnell war Siebl von einer kleinen Traube wartender Menschen umgeben. Einer der langen, blauen Linienbusse bog vom Busterminal kommend in die Orleansstraße ein. Er musste abbremsen, denn eine Frau war bei Rot in die Straße gelaufen. Sie winkte dem Busfahrer zu, der unfreundlich gestikulierte.
    »Ja du dumme Nuss«, brummte Weiss.
    Der Linienbus verdeckte die Sicht auf die gegenüberliegende Straßenseite. Endlich war er vorbei. Siebl stand drüben und sah zu Boden. Er sah niedergeschlagen aus. Sein rechtes Auge war blau unterlaufen. Ein langer zäher Kerl. Weiss war drauf und dran rauszugehen, doch das wäre blöd gewesen. Erst auf der hiesigen Seite warten und dann doch in die andere Richtung weitergehen. Es war besser ihn rüberkommen zu lassen und dann zu folgen. Ja, das war besser.
    Ein weiterer Bus bog ein; der 54er, Lorettoplatz, hinter dem schon der 145er zur Kiesmüllerstraße wartete. Weiss kniff die Augen zusammen und sah hinüber zur anderen Straßenseite. Wo blieb nur Batthuber? Der 152er zum Rotkreuzplatz kam auch noch daher.
    »Ja zefix nochamal, wie viel gibt’s denn davon heut noch!?«, fluchte er halblaut. Jetzt war es ihm zu bunt. Er eilte hinaus auf die Straße. Der letzte Bus dröhnte vorbei. Von vorne sah er Batthuber mit eiligen Schritten die Orleansstraße heraufkommen.
    Siebl war weg.
    Batthuber hielt auf Weiss zu und sein Körper vollzog eine Bewegung, die hieß: »Und, wo ist er?«
    Ja, wo war er? Siebl war verschwunden.
    Unmöglich, er konnte unmöglich herübergekommen sein. Er musste noch drüben stehen.
    Endlich wurde es grün und er eilte hinüber. Batthuber sprintete heran. »Ich nehm den Abgang …«, rief er.
    Weiss fuchtelte Einverständnis und querte in Richtung Busterminal. Dieser auffällige Kerl musste doch hier in der Nähe sein. Wie konnte man so eine beschissene Bushaltestelle auch so unübersichtlich bauen! Weiss tobte, machte die paar Schritte hinüber zum Burger King. Auch nichts. Kein Tobias Siebl.
    Batthuber fiel ihm ein. Der war da unten allein unterwegs. Vielleicht hatte er ihn schon, kämpfte mit ihm herum. Er eilte ins Bahnhofsgebäude, das für ihn keines im klassischen Sinn war, weil es keiner Ordnung unterlag, die ihm gefallen hätte. Es war eine Ansammlung von Gängen, Hauptgängen, Nebengängen, Räumen, Wegen, Tunneln, Schächten und Läden, Shops, Kaufstellen, Garküchen, Bazaren und Cafés – aber ein Bahnhof war es für Weiss nicht, nein, das war er nicht, der Ostbahnhof, wo zu viele Busse herumfuhren, einem die Sicht verdeckten und französische Cafés in ihrem inneren Kern italienische waren.
    Er traf auf Batthuber, als der mit der Rolltreppe aus dem U-Bahnstockwerk nach oben fuhr. »Und?«
    Die Frage hätte er sich sparen können.
    Der Pinzgauer Sepp fluchte. »So ist’s, wenn die Scheiße bergauf läuft, Himmelsakra. Gerade im Wechsel muss der Krattler loslaufen, aber des machen’s immer, die Spinner, die hat der liebe Gott an der langen Leine, irgendwie.«
    Alles Suchen, alles Fluchen, alle stillen Seufzer und Bitten nutzten nichts. Siebl blieb verschwunden.
    Hans Weiss war außer sich, dass es gerade ihm hatte passieren müssen und er ließ sich dies von niemandem ausreden, dass er es gewesen sei, der versagt hatte und es nicht die unglückliche Zusammenkunft von Ereignissen war, die den Erfolg vereitelt hatten. Der Pinzgauer Sepp holte ein Papier von der Rückbank und packte ein Stück Kuchen aus. Er lachte, bevor er hineinbiss. »Ha, Heidelbeerkuchen, machen die Schlitzaugen da vorne, Obori … unglaublich, oder?«
    Weiss schwieg. Für den Pinzgauer Sepp war die Niederlage schon vergessen. Ein paar Zeilen mehr als der berühmte Dreizeiler in ihrem täglichen Bericht. Mehr nicht.
    *
    Es gab

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