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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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weswegen?«
    »Auf Gleis vier am Ostbahnhof, Richtung Innenstadt, gleich gegenüber vom Kartoffelmuseum, du fährst am besten über Ampfing- und Grafingerstraße an.«
    Lara Saiter hörte das Quietschen und Rattern eines Zuges durch den Hörer. Sie wartete.
    »Sag mal, Alex, was ist denn los!?«
    »Wir haben Tobias Siebl. Er liegt hier auf den Gleisen – allerdings tot.«
    Sie war fassungslos: »Oh Mann! Vor den Zug geschmissen?«
    »Nein. Erschlagen und auf den Gleisen abgelegt. Komm einfach und schau es dir an.« Seine Stimme klang plötzlich weiter weg. Er hatte das Handy vom Ohr genommen und sein lauter Ärger klang von fern. »Nein! Nein! Noch nicht den Sarg. Das dauert noch, Mensch, hab ich doch schon ein paar Mal gesagt! Wartet noch!«
    Dann drückte er das Gespräch weg.
    *
    Die Sonne schien in sommerlicher Freude auf die Gleise. Die Oberflächen der Schienen glänzten prall. Am Rand der Gleiswüste südwestlich des Ostbahnhofs hatte sich eine bunte Menge versammelt. Sanitäter, Polizei aus München in grüner Uniform, daneben die blauen Modedresses der Schottersheriffs. Dazwischen Gleisarbeiter und Bahnbedienstete in grellfarbenen Warnwesten und die neutralen weißen Overalls der Spurensicherung. Ganz am Rande, bewegungslos, die Bestatter in dunkelblauen Livreen; in dieser Aufmachung völlig fehl am Platze. Zwischen all den Farben standen die Zivilisten: Bucher, Hartmann, Batthuber. Lara Saiter hüpfte über die Gleise und wimmelte einen aufgeregten Menschen in Warnweste ab, der sie hindern wollte zur Fundstelle durchzudringen.
    »Schöne Scheiße«, empfing sie Hartmann.
    Sie ging bis zur Leiche. Bucher befand sich in der Hocke und sprach mit dem Rechtsmediziner. Er sah kurz hoch, nickte ihr zu. Mehr Begrüßung war nicht drin.
    Sie ging ein paar Schritte zurück. Tobias Siebl lag auf dem Rücken und fast parallel zu den Betonschwellen. Die Unterschenkel lagen auf dem einen Schienenkörper, der Hals auf dem anderen. Der Kopf war unnatürlich weit über die Schienenkante nach hinten abgeknickt. Der Anblick war verstörend, wie aus einem schlechten Film. Sie hob den Kopf und sah in den blauen Himmel. Wie schön war diese Luft unter den Bäumen heute früh gewesen. Auf dem Weg zu Schotts Villa. Und jetzt diese Szene hier.
    Bucher kam zu ihr. »Erschlagen … mit einer Eisenstange, schräg von hinten auf die rechte Schädelseite oberhalb des Ohres. Da ist alles nur noch Matsch. Der Rechtsmediziner sprach von einem Volltreffer. Er war sofort tot.«
    »Er wird sich nicht so hingelegt haben«, stellte sie nüchtern fest und sammelte ihre Gedanken.
    »Das stimmt. Das ist hier nicht der Tatort, nur die Ablagestelle. Er sollte von einer S-Bahn überrollt werden. Wohl um die Tötungsspuren zu verschleiern.«
    »Und – hat der S-Bahn-Pilot rechtzeitig gebremst?«
    »Nein. Da gab es eine Weichenstörung, weswegen in diesem Gleisbereich kein Zug fuhr. Gleisarbeiter haben ihn dann gefunden.«
    »Auf den MVV ist Verlass, kann ich da nur sagen. Weichenstörung, soso. Woher wissen wir, dass es Tobias Siebl ist?«
    »Er hatte als ordentlicher Mensch seinen Ausweis dabei. Foto passt zu Gesicht. Dann das Piercing …«
    Sie war von der Situation wie benommen. Eigentlich hätte sie gerne mit jemandem über das Gespräch geredet, das sie gerade hinter sich gebracht hatte. Der Tote beanspruchte alle Aufmerksamkeit. Sie warf einen Blick hinüber zur Leiche. Neidisch wollte sie ihm deswegen nicht sein.
    »Hier ist so weit alles erledigt«, meinte Bucher, »wir treffen uns im Büro.«
    »Macht das Sinn?«, fragte sie, »jetzt ist doch jeder durch den Wind und kann keinen klaren Gedanken fassen.«
    »Eben deswegen«, sagte Bucher und ging weiter.
    Sie löste sich aus der Starre, die sie befallen hatte. »Johannes! Warte, warte noch, ich habe eine Information für dich, die wichtig ist.«
    Bucher drehte sich um. Sie sah ihm an, dass er nur noch hier wegwollte. »Tobias Siebl und sein Vater, sie haben sich geschlagen. Es muss brutal gewesen sein. Wir haben es uns ja schon so was gedacht. Dieser Doktor Schott hat es bestätigt.«
    Bucher sah sie einige Sekunden an und überlegte. »Okay. Wir werden Siebl nach einem Alibi fragen müssen.«
    »So, wie du es sagst, hast du eine andere Vermutung.«
    »Wir waren zu dicht an Siebl dran. Das war der andere, glaube mir. Jetzt wird es ganz eng.«
    »Wissen die Eltern denn schon Bescheid?«
    »Nein. Noch nicht.«
    »Ich will da nicht hin, Johannes … heute nicht.«
    »Musst du nicht, Lara.

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