Marienplatz de Compostela (German Edition)
harte Botschaft vom Tod, die macht es Angehörigen viel, viel einfacher. Es gibt eine Beerdigung, ein Grab, die Möglichkeit dorthin zu gehen. Nun ja. Er war schlecht drauf. Ich allerdings auch, nach der Einlage am Ostbahnhof. Kein guter Tag. Ich habe mir diesen Container angesehen, weil er es wollte, aber was soll man anfangen mit den Resten eines Lebens, die da in einem metallenen Quader stecken. Diese Möbel, Umzugskisten mit Geschirr, Wäsche, Kleidung, Staubsauger, Hundenäpfe, Werkzeugkisten, Teppiche und Bilder. Die Firma hatte Kara Schieg nach sechs Wochen fristlos gekündigt, wegen unerlaubten Fernbleibens. Das müssen die so machen und dann nimmt eben alles seinen Gang. Wohnungsauflösung, Behördengänge, Vermisstenanzeige …«, sie sah Bucher an, »und bei euch, was gab es über Nora Bender Neues?«
Bucher blies die Backen auf und antwortete unmotiviert. Seine Gedanken waren woanders. »Es war im Grunde ein recht vernünftiges Gespräch, ganz ohne Emotionalität. Dennoch eine groteske Situation.«
Hartmann schaltete sich ein. »Es ging halt um das Bein, und wie man damit verfahren soll. Sie hatten nach uns gleich einen Termin beim Pfarrer, um da mal nachzufragen, wie man das machen soll. Aber zu unserem Fall selbst, nichts Neues, nein. Wir mussten halt sagen, dass wir derzeit keine Chance sehen … mehr … also noch andere Körperteile zu finden. Blöde Sache … da hockt man da und weiß gar nicht welche Worte es gibt, das auszudrücken.«
»Ihr Lebensgefährte war dabei, dieser Ingenieur, nicht wahr. Von dem gab es auch nichts, was uns weiterbringen könnte?«
»Nein. Das war ein ganz ein Stiller, Introvertierter. Der steht immer noch unter Schock. Der hat sich da, in dieser Familie richtig wohlgefühlt, das merkte man. Aber wenn er eine neue Frau kennenlernt, irgendwann, dann wird das schwierig werden. Wer will schon diesen Ballast, diese Erinnerung mitschleppen …«
Das Gespräch verebbte und langte wieder an einem toten Punkt an.
Bucher schüttelte den Kopf und fragte Lara: »Du sagtest vorhin, du hättest die Sachen im Container durchgesehen. Waren da wirklich Hundenäpfe?«
Sie stutzte. »Ja, schon. Da stand ein offener Karton herum, in dem das ganze Zeug war, das man eben so braucht. Decke, Leinen, Näpfe.«
»Ja, hatte sie denn einen Hund, die Kara Schieg?«, fragte Bucher. Er wartete keine Antwort ab und sah zu Hartmann. »Der Lebensgefährte von Nora Bender, der Ingenieur, der hatte doch einen Hund dabei, nicht wahr, Alex, so einen Mischling, oder?«
»Ja«, bestätigte Hartmann, »Straßenhund. Ich habe ihn noch gefragt, wo er her sei, und er hat gesagt aus Bukarest hätten sie ihn. Sie ihn … «
Buchers Stimme klang aufgeregt. »Anne Blohm, die hatte keinen Hund, aber ihre Eltern, die haben einen. Und sie hat ihn beschafft.«
Hartmann kapierte und stand auf. »Mensch! Dann gehen wir mal der Hundespur nach.«
Lara sagte: »Ich rufe den Bruder von Kara Schieg an und frage nach. Danach würde ich mir gerne mal die Isar vorknüpfen. Einfach mal an den Kanälen entlang, und mich dort umsehen.«
Bucher stimmte zu.
Zenner wollte schon fragen »Allein?«, hielt es aber für besser zu schweigen.
Lara Saiter sprach ihn an. »Du kennst doch die Blohms von der Sache mit dem Unfall.«
»Ja.«
»Dann fahr doch mit hin, oder meinst du das wäre problematisch, wenn du da auftauchst?«
»Nein, nein, überhaupt nicht, ich meine nur … meine Dienststelle …«
»Das regle ich«, schaltete sich Weiss ein.
Draußen am Gang druckste Zenner eine Weile herum, bis er den Augenblick als günstig erachtete und Hartmann gerade nicht telefonierte. »Du, wer ist denn der Alte da?«
»Weiss?«
»Ja … der sich kümmern will.«
»Das ist unser großer Chef«, sagte Hartmann trocken und hing schon wieder am Hörer.
»Aha, großer Chef..«
Verschont
Er war überraschend aufgetaucht, lächelte und schien gut gelaunt. In den Händen hielt er seinen Tablet- PC . Zuvor hatte er sich an die kahle Wand gegenüber gelehnt und sie lange angesehen, so, als wäre sie ein fremdes Wesen. Dann hatte er begonnen Grimassen zu schneiden und herumzuhampeln. Als stünde er vor einem Hohlspiegel am Jahrmarkt, so verrenkte er sich und machte Faxen vor ihr. Widerwärtig. Als er davon genug hatte, hockte er sich auf den Boden, den Rücken an der Wand, und spielte. Er hatte Angst vor ihr. Seine musternden Blicke auf die Kette verriet es.
Sie kannte die Geräusche seines Spiels: das Sausen, wenn der Held
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