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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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rannte, das Krachen, wenn er auf Barrieren prallte, die Schüsse, Detonationen und die Glockenschläge, wenn es Extrabonus gab. Extrabonus – das wusste sie, weil er mit seiner hellen Stimme »Extrabonus!« rief. Wie ein kleines Kind freute er sich. Sie beobachtete, wie er sich wand, sich drehte, die Beine verkrampfte, anzog, mit den Füßen trat; das Tablet dabei immer fest in den Händen, zeitweise auf die Oberschenkel gepresst. Mit beiden Händen bearbeitete er die glänzende Oberfläche. Drehte sich, streckte sich, stöhnte, schrie, kirrte, gluckste, machte Mienen, als sei er nicht bei sich selbst. Dingdong. »Extrabonus!«
    Er lachte, voller Freude und mit Glanz in den Augen, saß da, an die Wand gelehnt, und vergeudete keines der virtuellen Leben. Schnell war es ihm langweilig geworden; zu einfach, den nächsten Level zu erreichen. Müde rappelte er sich auf und schlich davon. Bevor er verschwand, rief er: »Mach dich fertig. Extrabonus!« Aber es klang nicht freudig. Sie wusste inzwischen, worum es ging.
    Eine Fernsehreportage war ihr eingefallen, in welcher es um einen Versuch mit Labormäusen gegangen war. In einem großen Käfig hatten Forscher ein Labyrinth aufgebaut, mit Sackgassen, Gefahrenstellen aus Wasser, Löchern und anderen Herausforderungen. Die Mäuse sollten den Weg hindurchfinden – das Ziel war ein Stück Käse, wenn sie sich recht erinnerte. Bestimmte Mäuse erlernten den Weg sehr schnell und gingen bald auf direktem Weg zum Käse, ohne einen der Irrwege zu beschreiten. Genau wie eine dieser Labormäuse kam sie sich hier vor. Nur blieb ihr die Frage bisher unbeantwortet, welcher Art der Käse war, der auf sie wartete.
    Er kam zurück, um ihr die Hände zu binden; dann erst löste er die Kette und brachte sie in den ersten Raum. Es hallte dumpf nach, wenn die schwere Tür ins Schloss fiel. Sie musste sich mit dem Rücken an das kühle Türblatt stellen. Auf Höhe der Hüfte war eine schmale Öffnung. Er griff von außen durch und löste die Handschellen, dann konnte es losgehen.
    Er wirkte verändert heute. Noch nie hatte er sich zu ihr gesetzt, oder war länger als notwendig in ihrer Gegenwart geblieben.
    Als er die Handfessel gelöst hatte, rief er halblaut, gerade, dass es durch die Türöffnung zu hören war: »Streng dich an! Ist ernst heute!« Es klang bösartig. Seine gute Laune war dahin.
    Soso, es war also ernst heute! Für sie war alles ernst, seit sie hier war, blanker, tödlicher Ernst.
    Das Zittern war vom Boden her zu spüren. Die Geräusche kamen dazu. Schwere Maschine, Hydraulik, hartes Metall.
    Ihr graute vor dem Parcours und für einen Moment war die zuletzt gewonnene Selbstsicherheit wieder dahin.

Fabrik
    Bucher lief unruhig im Büro herum, die Fahrzeugpapiere in der Hand. Im Grund hätte er schon auf dem Weg zu den Blohms sein wollen. Hartmann kam am Gang vorbei und sah ihn auf und ab gehen. Ein ungewohntes Bild. Er blieb stehen und fragte: »Was ist los?«
    »Das mit den Hunden … das macht mich ganz nervös … ich glaube, ich muss einen längeren Weg zur Tiefgarage nehmen. Ich könnte nicht gleich Auto fahren.«
    »Ja, das könnte wirklich eine Spur sein … die neutrale, die alle drei Fälle miteinander verbindet. Nimm doch den neuen Kollegen vom Trachtenverein mit. Der kann dann fahren und du hast Zeit dir Gedanken zu machen.« Er verschwand aus der Tür.
    Lara Saiter telefonierte bereits mit Kara Schiegs Bruder, der mit dem Auto unterwegs nach Passau war und gerade Dingolfing passierte. Er war etwas verwirrt und musste seine Gedanken sortieren, denn die Frage nach dem Hund fand er obskur. Er erzählte, dass er den Hund schon genommen hatte, als seine Schwester auf Tour gegangen war. Ein Mischling aus Südeuropa. Woher genau er war, wisse er nicht. Nach einigen Wochen habe er Barry zurückgegeben, weil es einfach nicht ging.
    »Wie denn zurückgegeben?«, fragte sie.
    »Ja an diese Tierschutzvereinigung, von der meine Schwester den Hund hatte.«
    »Haben Sie einen Namen, eine Adresse, vielleicht die Telefonnummer, eine Internetseite?«
    »Nein, da kann ich mich an nichts mehr erinnern. Ich habe dort angerufen, das weiß ich noch. Die Nummer, die stand auf so einem Flyer, der an der Pinnwand in der Küche hing … der Küche meiner Schwester. Das war noch, bevor ich die Wohnung auflöste. Ich werde das Ding weggeschmissen haben, oder es liegt irgendwo im Container herum, keine Ahnung.«
    Lara Saiter war enttäuscht. »Mhm. Herr Schieg, es ist wichtig für uns.

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