Marienplatz de Compostela (German Edition)
Plan, »wer das konstruiert hat, ist kein Dummer nicht.«
Leider, dachte Bucher, leider.
»Frau Keller hat Kaffee gemacht. Geh mit runter und erkläre ihr die Sache, nicht dass sie noch mehr Angst hat.«
Als Hirzinger weg war, nahm die Spurensicherung den Plan von der Wand.
»Wo verdammt noch mal ist Lara?!«, schimpfte Bucher.
Hartmann zuckte mit den Schultern.
»Sie würde anrufen, sie würde doch anrufen, oder etwa nicht, Alex!?«
Hartmann blieb stumm. Natürlich würde sie anrufen. Gerade Lara würde anrufen.
Er lenkte ab. »Bei diesem Schott ist niemand zu erreichen. Die Sekretärin hat von einer Einladung zu einer Jagdgesellschaft gewusst. Keine konkrete Adresse. Wie sie sagte, ist das Ehepaar Schott erst übermorgen wieder erreichbar.«
»Na prima«, räsonierte Bucher, »na prima. Was macht sie bloß?«
*
Laurenz Bohden hatte die Lupe vor dem rechten Auge und ließ die Perlen in geübten Bewegungen, eine nach der anderen, an der Vergrößerungslinse vorbeigleiten. Die Spannung, die seinem Körper zu entnehmen war, machte sein Glücksgefühl sichtbar. »So schön, so schöne Stücke, die bekommt man heute gar nicht mehr, dieser Glanz, dieses sanfte Rosa … herrlich. Es sind alte Perlen.«
Es war ein zweireihiges Perlenarmband, das Lara Saiter trug. Da Schwarz ihre Farbe war, harmonierte gerade Perlenschmuck dazu und das Armband gehörte zu ihren Lieblingsstücken.
Als Laurenz Bohden am Verschluss angekommen war, stutzte er. »Ich hab es mir doch gedacht, ich habe mir es doch gedacht.« Er setzte die Lupe ab, fixierte einen Punkt weit weg, am Haus, bis sich sein Auge wieder justiert hatte, wie er Lara erklärte. Dann nahm er sich noch mal ausführlich Zeit für den Verschluss.
Vorsichtig gab er das Armband zurück und Lara legte es verblüfft an. » Was hatten Sie sich gedacht?«
»Das will ich Ihnen gerne erzählen, aber zuvor noch eine Frage. Woher haben Sie dieses Armband?«
»Es ist von meiner Großmutter. Ich bin die einzige Enkelin und so habe ich ihren ganzen Schmuck erhalten, weil meine Mutter ihn nicht trägt. Sie ist nicht so der Perlentyp – eher Gold und Glitzerzeug. Es gibt zu diesem Armband noch zwei Perlenketten, eine lange und eine kurze, sowie zwei Ohrhänger.«
Er klatschte in die Hände. »Ein komplettes Ensemble. Seien Sie froh, seien Sie froh. Es ist sehr wertvoll und hat den Krieg überstanden … musste nicht für Butter und Speck den Besitz wechseln … seien Sie sehr froh auch über die Freude, die Sie daran haben, ganz abgesehen, dass es Ihnen ausgezeichnet steht. Ihre Familie, also die Großeltern – sie stammen aus der Münchner Gegend, nicht wahr – und Sie waren nicht unvermögend, wie ich meine.«
»Das könnte zutreffen, ja«, blieb Lara zurückhaltend.
Er deutete auf das Armband. »Es ist aus der Werkstatt meines Vaters. Ich habe das daran erkannt, wie die zwei feinen Silberfäden die Bindung durchziehen. Das hat nur er so gemacht und gekonnt. Am Verschluss, innen, da hat er immer seine Initialen hinterlassen. Das hat er immer so gemacht. Ich finde das wunderbar!« Er reichte ihr die Lupe und sagte: »Sehen Sie selbst. An dem blanken Stück der Unterseite lesen Sie T. B. – für Theodor Bohden.«
Sie sah nach und fand sich in einem Zustand der Ergriffenheit und der Überraschung wieder. Was sollte dies alles bedeuten. Dieses Haus hier, dieser Mann, dieser Park – der von ihr hätte entworfen sein können. Sie fühlte sich in einer Weise zu Hause und geborgen, wie ihr das an noch keinem anderen fremden Ort geschehen war. An Zufälle glaubte sie nicht.
»Das ist schön, ja«, sagte sie, und sah Bohden lange Zeit an, ohne ein Wort zu sagen.
»Haben Sie sich ein Zimmer ausgesucht?«, fragte er.
»Ja. Ich nehme das mit dem großen Fenster.«
»Eine gute Wahl. Ich schlage vor noch ein Glas Wein zu trinken und zu erleben, wie es ganz dunkel wird. Es wird eine warme Nacht werden. Mit ein wenig Glück flirren Glühwürmchen durch die Luft – von hinten am Teich kommen sie immer hervor. Tagsüber hocken sie im Gestrüpp an der alten Sandsteinmauer.«
Sie saßen stumm unter der alten Kastanie und erlebten, wie es Nacht wurde. Tatsächlich irrlichterten einige Leuchtpunkte durch das Dunkel.
Laurenz Bohden hatte sein Zimmer im Erdgeschoss und verschwand – nachdem sie einander eine Gute Nacht gewünscht hatten – hinter einer breiten Eichentüre. Lara Saiter stieg die breite, geschwungene Holztreppe nach oben, zum Gästezimmer mit dem alten
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