Marienplatz de Compostela (German Edition)
knackte, surrte und knarzte.
Vorsichtig holte sie den Klettverschluss vom Bett und befestigte ihn an der Wade. Der kleine LED -Lenser, der mit im Holster steckte, musste erstmals arbeiten. Hoffentlich waren die Batterien noch gut.
Zuerst den Speicher, oder den Keller?
Sie entschied sich für den Speicher, der näher lag. Einmal ließ sie die Lampe kurz aufscheinen, um festzustellen, ob auf den Stufen nach oben auch Teppich verlegt war und was so alles an Zeug auf den Stufen herumstand. Ihr war am Nachmittag einiges aufgefallen: alte Milchkannen, in denen Trockensträuße steckten, Bilderrahmen, Zinnkannen und anderer Kram.
Vorsichtig stieg sie Stufe für Stufe nach oben, gab nur langsam ihr Körpergewicht an den Fuß weiter, um lautes Knacken und Knirschen zu vermeiden. Eine Stufe knackte trotzdem ganz laut, so als bräche das Holz. Sie erschrak und spürte ihr Herz pochen. Die Tür zum Speicher war durch einen Holzriegel geschlossen, der sich leicht hochziehen ließ. Behutsam drückte sie die Tür halb auf.
Sie wartete. Nichts zu hören, kein sich verändernder Schatten. Ein nächtlicher Windhauch verfing sich über ihr im Dach und ließ ein kurzes Zischen entstehen, danach war wieder Stille. Sie nahm die letzte Stufe und trat in das Dunkel. Es roch nach altem, trockenen Holz, nach Staub und vergehenden Stoffen.
Die Leuchte in der Linken, ging sie in die Knie und nahm die Waffe aus dem Holster. Der Lichtstrahl, der in das Dunkel schoss, tat ihren Augen weh. Im ersten Moment zuckte sie, denn die aufrecht stehenden Stützbalken erschienen wie Gestalten im weiten Raum und der sich bewegende Lichtstrahl ließ die Schatten wandern. Gruselig.
Grobe, breite Bohlenbretter bedeckten die gewaltige Bodenfläche. Eine Querwand oder Abtrennung existierte nicht. Weit hinten schimmerte eine Kommode im kalten Licht. Ein alter Schrank stand gegenüber und daneben lagen zwei überdimensionale Leinensäcke, aus denen alter Vorhangstoff quoll.
Hier gab es nichts, was interessant gewesen wäre.
Leise schloss sie die Tür und stieg die Treppe hinab, verharrte eine Weile im Erdgeschoss, bis sie auf die Steintreppe nach unten huschte. Dort wartete eine moderne Kunststofftür mit einem Sicherheitsschloss. Vorsichtig drückte sie die Klinke nach unten und mit einem Klacken öffnete sich die Tür. Sie verzog das Gesicht. Es war laut gewesen, in dieser nächtlichen Stille.
Rote LED s markierten den Lichtschalter neben der Tür.
Sollte sie einfach das Licht anschalten? Der Lenser tat es auch und wer wusste, was noch alles in Gang gesetzt wurde, wenn sie den breiten Schalter betätigte? Pumpen, Lüftungen, Sicherungen.
So alt die Fassade auch war – im Innern handelte es sich um ein hochmodernes Haus. Sie hatte einen Keller mit brüchigen Sandsteinen erwartet, Spinnweben an den Wänden, Lehmboden und diesen typisch modrigen Geruch.
Nichts roch hier. Am Boden lagen grobe Steinplatten, die Wände waren sauber verputzt und im Lampenstrahl erkannte sie mehrere Türen an den Seiten des Ganges. Hinter der ersten Türe fand sie Kisten und Kartons. Im nächsten Raum lagerten Lebensmittel – Konserven, Eingemachtes, Tetrapaks, Dosen, Gläser, Büchsen. Sie ging weiter und öffnete die Tür zu einem großen Gewölberaum. Hier roch es tatsächlich etwas muffig, aber auf eine nicht unangenehme Weise. Der Weinkeller. Die Flaschen reflektierten das Licht. Sie warf einen Blick über die Etiketten. Sehr feine und viele alte Weine lagerten hier. Ein Genießer und Kenner, dieser Laurenz Bohden – ohne Zweifel.
Vor einer Kiste Lilian Ladouys überkam sie Enttäuschung und Erleichterung gleichermaßen, und eine schwere Müdigkeit. Was hatte sie geglaubt hier finden zu können? Ein mittelalterliches Verließ, in dem Frauen gequält und zerteilt wurden?
Trotzdem prüfte sie alle anderen Räume, kontrollierte die Wände – das Raummaß passte. Sie ging nach oben, wusch sich im Bad und schlich leise zurück ins Zimmer.
Heftiges Vogelgezwitscher weckte sie. Ein paar Stunden hatte sie doch schlafen können. Es war noch grau draußen, denn die Sonne brauchte noch eine Weile. Sie stand auf und schauderte vor der Schönheit des Parks. Auf den Grasspitzen glänzten die Tautropfen und legten einen matten Schleier über das sonst saftige Grün. Hinten leuchtete die Fläche des Teichs, der sie magisch anzog.
Im Erdgeschoss war es ruhig. Ein Blick auf die Uhr zeigte vier Uhr zwanzig. Sie zog sich aus, holte ein Handtuch aus dem Bad, legte es über ihre
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