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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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leuchteten. »Da möchte man gleich selbst losfahren.«
    Er ging an die hohe Regalwand mit den Fahrzeugpapieren, stöhnte über die Anstrengung des Daseins und die schlechte Welt. Eine dunkle Kunstledermappe kam zum Vorschein. Er blies einmal darüber, als ob da Staub zu entfernen wäre, und wischte die Oberseite mit der blanken Hand ab. »Schweren Herzens, aber eine unserer besten Wagen. BMW , fünfdreissig, Touring, x-drive.«
    Peter fuhr ihn an. »Dieses scharfe Schwert kannst du dem Passatfahrer doch nicht geben, bist du wahnsinnig!?«
    Bucher erhob matten Einspruch, weil er über seinen Passat nichts kommen lassen wollte.
    »Ach hör auf«, wiegelte Peter ab, »… wie oft haben wir die Kiste in den letzten Monaten überbrücken müssen, dass sie anspringt, he!? Und das bei zwanzig Grad – plus!«, er machte das Startgeräusch nach. »Oing, oing, oing, oing, chchchdede chchchdededede.«
    Bucher war es ja selbst schon peinlich gewesen. Er suchte nach einer Verteidigung und Babette fiel ihm ein. Die hatte auch schon mal Hilfe für ihren Renault R4 geholt und er führte es zu seiner Verteidigung an. Ein Fehler.
    Die beiden schüttelten den Kopf und Robert trat einen Schritt zurück, bevor er sprach, so als müsse er seine Distanz zu Buchers Einlassung auch sichtbar werden lassen. »Die Babette hat Benzin im Blut … erstklassige Fahrerin … neulich erst wieder die Testfahrt mit dem Benz nach Memmingen. Hat schon nach ein paar Kilometern gesagt – wir waren noch nicht an Gilching vorbei –, er hätte einen zu weichen Arsch, der Benz. Oder Peter, war’s nicht so?«
    Peter bestätigte. »Hat einen zu weichen Arsch, eindeutig. Merkt die sofort.«
    »Eben. Und ihr R4, das ist ein Auto mit Seele, und sie liebt ihn. Du hast einen Passat und willst nur mit ihm rumfahren.«
    Bucher fragte sich still, was man sonst mit einem Auto machen sollte, als nur herumfahren, traute sich aber nicht seine Gedanken auszusprechen, denn noch immer drohte ihm ein alter Citroën mit Keilriemenschaden. Er mochte seinen Passat, trotz der Macken, und zog es vor zu schweigen.
    Robert brachte seine Stellungnahme zum Abschluss. »Damit auch du es verstehst, Johannes – dein Passat, das ist sozusagen Scheiblettenkäse, und der R4 von der Babette, das ist mindestens ein Salers oder Morbier oder ein Brie de Meaux, klar?«
    Bucher verstand jetzt ganz genau, nickte freundlich und langte nach der Kunstledermappe mit den Fahrzeugpapieren.
    »Kannst du überhaupt Automatik?«, keilte Peter dazwischen.
    »Sicher«, kam Buchers überzeugend klingende Antwort, und er wedelte zum Abschied mit dem Mäppchen.
    Auf dem Weg nach oben erinnerte er sich an seine letzte Fahrt mit einer Automatik . Er hatte mehrfach gekuppelt und einmal hatte es ihn dabei derart in den Sicherheitsgurt geschmissen, dass er längere Zeit Schulterschmerzen spürte. Aber er konnte Automatik.
    Oben im Büro legte er die Fahrzeugpapiere am Schreibtisch ab und sann darüber nach, was er tun sollte. Die Sache mit Frankreich hatte seine Gedanken auf Abwege gebracht, die wenig mit dem Fall zu tun hatten.
    Lara telefonierte. Hartmann war mit Batthuber unterwegs. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihm die Dächer von Neuhausen. Orléans tauchte vor ihm auf, die Loire, wild und weit. Es gab schöne Inseln zum Baden und die Loire war mächtig und voll ruhigem Gemüt. Sie brachte Wärme mit sich. Das Leben an ihren Ufern verging gemächlich und war lebenssatt. Satt von den Früchten, dem Wild und dem Wein – Pouilly, Sancerre, Vouvray. Mit der Isar war das anders. Sie kam von Bergen herunter, von Gipfeln, die lange Monate Schnee sahen. Schnell und sprudelnd brauste sie über den Kies und kühlte die Stadt, die das brauchte, weil ständig in Aufregung.
    Er musste seine Gedanken zurück zu Anne Blohm zwingen.
    Die hatte ihre Reise sehr genau geplant und vorbereitet – ein Managementtyp eben. Aber sie hatte noch etwas anderes gemacht – sie hatte diese Pilgerfahrt nicht von irgendwo in München begonnen: Sie war an den Marienplatz gefahren, hatte sich nochmals mit ihren Eltern getroffen, unter der Mariensäule fotografieren lassen, und war von dort auf die Reise gegangen. Ein ganz bewusster Start. Nicht einfach so losgegangen. Wenn er nun nach Frankreich fahren würde, verließe er sein Haus über dem Lech, räumte die Koffer ins Auto und führe los. Das wäre sein Startpunkt. Wäre Miriam da, würde er sich lange von ihr verabschieden. Anne Blohm hatte nicht ihr Elternhaus oder ihre

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