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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.M. Soedher
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hocken, an eine Wand gelehnt und spielen. Sie hörte es an seinem Stöhnen, wenn ein Leben verloren ging, an seiner lauten Freude, wenn er einen Level geschafft hatte, und am Scharren seiner Füße auf dem Boden, die er wie ein Gleichgewichtsorgan einsetzte, wenn er mit den Fingern wie wild in alle möglichen Richtungen wischte. Dann strampelte er mit den Beinen herum.
    Die Vorstellung bereitete ihr Ekel. Wie hatte sie ihm nur jemals Wohlwollen entgegenbringen können? Er war nicht gut. Nein, das war er nicht, weder zu den Tieren noch zu den Menschen.
    Ein Klingelton schnarrte laut und hallte durch die Räume. Die Stimme eines Komikers, der auf Migrationshintergrund machte und ein verhunztes Telefon! krähte . Infantil. Sie lauschte angestrengt, hörte aber nur die Schritte, die draußen vergingen – draußen, wo die Freiheit war.
    Er meldete sich erst, als er sich von ihr unbelauscht wähnte, und nahm beim Sprechen eine ängstliche, ja devote Haltung ein. Obwohl niemand hier sein konnte, sah er misstrauisch um sich. »Ja, sie ist bald so weit, ja sie lernt schnell … sicher, sicher … muss sie auch, ja. Noch zwei, drei Tage, denke ich. Morgen mache ich den ersten ernsthaften Durchgang … ja, es geht ihr gut …«, seine Stimme wurde gepresster und einen Tick hysterischer, »wirklich, ja … es geht ihr gut. Sie isst auch und trinkt … alles … ja, ich lasse sie in Ruhe … natürlich!« Er presste die Lippen aufeinander und trat mit dem Fuß zornig in den Boden. »Tobi ist nicht hier, nein … was!? Das kann nicht sein … Nein ! Kann nicht sein … die Polizei? Da also auch? Das muss jetzt schnell gehen, ja.«
    Er wurde leise, hörte zu und sah in die Sonne, als am anderen Ende aufgelegt wurde. Dann ging er wieder zurück und arbeitete weiter. Einige Seilzüge mussten justiert werden. Der Flaschenzug pendelte zu weit und die Stromversorgung musste auch noch überprüft werden.
    Sie lag da, schmeckte der Pizza nach, schloss die Augen und ging in Gedanken durch die Gänge, Schächte, Tunnels und Kamine, in denen Gemeinheiten versteckt waren. Von den zwei Türöffnungen im Vorraum die rechte nehmen, diejenige, die ins Dunkel führte. Die hellere links brachte einen in eine Sackgasse, an deren Ende Nägel warteten. Sie stachen nicht tief ein, wenn man auf sie trat, und es blutete nicht arg. Aber es tat dennoch weh und der Schreck lähmte. Der Gedanke an den Schmerz störte ihre Gedanken und sie begann den Parcours von Neuem, mit großer innerer Distanz dem gegenüber, was ihrem Körper widerfahren konnte.
    Die rechte Türöffnung, ins Dunkel gehen, die Stolperfallen überwinden. Hier konnte man langsam gehen. Dann schnell an der Wand entlang und in den Tunnel kriechen, der auf Hüfthöhe ansetzte, denn wenn man wartete, fielen die Eisenspäne herab, die sich überall festsetzten und in die Haut schnitten. War man zu langsam, dann war der Typ schneller und konnte den Durchgang mit einem Schieber versperren. Dann musste man wieder zurück und kam in den Bereich der Heißluft, die schrecklich auf der Haut brannte und ihr den Atem nahm. Einzig die Schnelligkeit und der Tunnel boten Sicherheit für einen kurzen Augenblick. Hinter ihm musste man auf der linken Seite in einen Schacht und nach oben klettern, bis in die oberste Ebene, wo sich eine weite Fläche öffnete und das viele Licht den Augen wehtat, die doch an das Halbdunkel gewohnt waren. Die alte Eisenkonstruktion überspannte kühn die Weite zwischen den Ziegelmauern. Das Gusseisen erinnerte an die Konstruktionen von Gustave Eiffel. Beidseits der Mittelachse war das Dach gekantet, wobei die Senkrechte mit langen Fensterbahnen versehen war. Das Glas war zwar von einer dichten, grauen Patina überzogen, doch schickte die strahlende Sonne genügend Licht hindurch.
    Es gab keine Möglichkeit, die Dachkonstruktion zu erreichen, oder an die seitlichen Mauern zu gelangen. Glatte Holzwände verhinderten jeden Kletterversuch und schirmten die Seiten ab. Hier oben genoss sie für einen Augenblick das Gefühl frei zu sein, über den Dingen zu schweben. Hier stand ein großer Plastikbecher mit Wasser, in der Mitte der Fläche.
    Nicht weit davon entfernt befanden sich zwei Löcher. Das rechte führte hinunter auf die Grundebene und in den großen Raum, wo das Pendel schwang. Das linke Loch endete nach einigen Windungen und Prüfungen wieder in einer Sackgasse. Wenn man zurückkrabbelte, kroch, kletterte, war der Strom mit einem Mal da. Im Dunkel war es

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