Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben
siegessicheres Funkeln in den Augen.
Blödes Spiel, dachte Zinkel. »Was gibt’s Neues?«
»Die Welt hat künftig einen praktizierenden Zahnarzt weniger.«
»Tatsache?« Das wenigstens hörte sich gut an. Zinkel schob den Moment des Unbehagens beiseite.
»Siebenhaar hat einiges an aufschlussreichem Material auf seinem schlecht gesicherten Computer. Kinderpornografie zum Beispiel. Aber er steht nicht nur auf Kinder, und er ist nicht nur bei Lilian übergriffig geworden. Der Trottel beliebt nämlich, seine Handlungen aufzuzeichnen. Ein Fest für Klawitter. Da kommen ein paar hübsche Anklagepunkte zusammen.«
»Super.« Zinkel applaudierte lautlos. »Allerdings hat er demnach kein spezifisches Interesse an Lilian Tewes, kommt also als Mörder von Körber noch weniger in Frage.«
»Wer weiß?« Lübben bleckte die Zähne. »Vielleicht bestand das spezifische Interesse ja auch eher an Antonia.«
»Ah«, sagte Zinkel genießerisch, »du beginnst, meiner Argumentation zu folgen.«
»Nur bedingt«, schränkte Lübben sogleich ein. »Siebenhaar mag ein Mörder sein, aber ein Massenmörder? Nä. Für ihn war das Thema Tewes, egal welche, mit dem gescheiterten Vergewaltigungsversuch gründlich erledigt. Somit hätte er weder einen Grund, Kathrin umzubringen, noch, einen Hund auf diesen Jungen zu hetzen.«
»An Siebenhaar glaub ich sowieso nicht. Ich halte die Bücherkiste für untergejubelt. Das passt einfach nicht. Wenn Siebenhaar Körber wegen seines Interesses an Lilian oder Antonia umgebracht hätte, dann wäre er in der Folge doch wohl subtiler vorgegangen, statt holterdiepolter über Lilian herzufallen. Er hat kein Motiv.«
»Zu schade, aber du wirst wohl recht haben«, gab Lübben zu. »Es hätte mir einfach gefallen. Allein die Schlagzeile: Der Mörder war immer der Zahnarzt.«
Zinkel prustete los; ihre Wellenlänge stimmte wieder annähernd überein.
»Scherz in den Keller«, sagte Lübben. »Ich glaube nach wie vor an drei voneinander völlig unabhängige Fälle. Körber – unklar. Kathrin – Eddi. Und Hund – dazu fällt mir gar nichts ein. Was macht’n der beruflich?«
»Gerrit? Irgendwas mit Computern. Er hat eine eigene Firma in Wiesbaden.«
Lübben legte den Kopf schräg und spitzte nachdenklich die Lippen. »Rein technisch oder mehr so anders?«, fragte er schließlich.
»Definiere ›mehr so anders‹.«
»Ist er ein Hacker?«
»Woher soll ich das wissen? Ich könnte höchstens Marilene mal fragen … Ach was«, winkte Zinkel ab, »das ist Quatsch. Gerrit ist ein superkorrekter Typ, sehr erwachsen, sehr umgänglich, sehr einfühlsam, das hab ich selbst mitbekommen, schon in Wiesbaden und jetzt wieder. Wie er mit Antonia umgegangen ist, das hat er richtig gut hinbekommen. Typ Schwiegermutter-Traum, weißt du?«
»Prinz Harry?«, spottete Lübben. »Ich misstraue Schwiegermüttern grundsätzlich.«
»Schlechte Erfahrungen?«, feixte Zinkel.
»Kannst du eh nicht mitreden. Frag deine Anwältin trotzdem mal nach Prinz Harry. Könnte ja ein Motiv hergeben. Eifersucht kann ich mir nicht vorstellen. Er und Antonia haben sich doch grad erst kennengelernt, das haut nicht hin.«
»Geht klar.« Zinkel machte sich eine entsprechende Notiz, um nicht vollständig den ohnehin schwierigen Überblick zu verlieren. »Was ist mit Eddi?«, fragte er.
»Vorläufig in Gewahrsam«, sagte Lübben. »Die Auswertung der Spuren an Seil und Handschuhen kriegen wir zwar erst morgen oder übermorgen, aber es besteht Fluchtgefahr, er hat nämlich grad den Job verloren, mal wieder.«
»Was sagt er selbst zu den Indizien?«
»Nur weil man ein Seil hat, ist man noch kein Mörder, und die Handschuhe hat er gestern für den Sperrmüll benutzt, die lagen da so rum, also hat er sie angezogen.«
»Lattenverschlag?«, erkundigte sich Zinkel.
»Ja, schon«, gab Lübben zu und zögerte. »Okay, du hast ja recht. Ich werd zwei Leute hinschicken, die die Nachbarn befragen nach Fremden, die ins Haus wollten. Sicher ist sicher.«
Wieder sprang die Tür auf. »Kann sein, ich hab was«, sagte Charlie und trat zu ihm an den Schreibtisch. Sie präsentierte ihm mit großer Geste einen Zettel, auf dem ein Bad Homburger Kennzeichen stand. »Also: Erstens halten sich nicht mal die Touris an Geschwindigkeitsbeschränkungen, das ist unglaublich. Vor einem Staatsbankrott müssten bloß flächendeckend Kontrollen durchgeführt werden, und zwar ohne Ankündigung, das Problem wär sofort aus der Welt. Will sagen, es waren eine Menge Leute
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