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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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haben? Unwahrscheinlich. Also spielte Antonia lediglich mit bei dieser seltsamen Inszenierung irregeleiteter Liebe, um – ja, was? Wartete sie auf eine Gelegenheit zur Flucht? Womit hatte Herzog sie überhaupt hierhergelockt? Boah, dachte sie entnervt, die Sache barg zu viele Unwägbarkeiten. War zu groß für sie. Sie wünschte, sie hätte darauf bestanden, Paul anzurufen, statt sich überreden zu lassen, selbst herzukommen.
    Herzog ließ Antonia los und ging aus ihrem Blickfeld. Antonia wandte sich um und schaute sie, so kam es ihr vor, direkt an. Blödsinn, beruhigte sie sich, sie würde sie nicht sehen können. Sie würde sie selbst dann nicht sehen können, wenn sie sich näher heranwagten. Marilene rappelte sich auf und bedeutete Olaf, ihr zu folgen.
    * * *
    Die CD war zu Ende.
    Frank ließ sie los und ging zur Anlage. Sie drehte sich um. Draußen war es jetzt völlig dunkel, sie sah nur sich selbst wie in einem schmutzigen Spiegel, ein kleines Mädchen, das Verkleiden spielte mit Mamas Sachen. War es Mamas Kleid? Sie wirbelte noch einmal um die eigene Achse, und der Rock schwang auf. Nicht mal so übel, fand sie wider Erwarten.
    »Wenn du auswandern wolltest«, fragte Frank, während er nach etwas suchte, »wohin würdest du gehen?«
    »Kanada«, antwortete sie, ohne zu zögern, seit jeher ein Traum, den Kathrin und sie gemeinsam gehegt hatten. Nicht denken, befahl sie sich, schon gar nicht an Kathrin und das, was mit ihr geschehen war, an das, was er mit ihr gemacht hatte? Doch die Gedanken schossen ihr glasklar durch den Kopf und ließen sich einfach nicht bremsen.
    Kathrin hatte sterben wollen, ja, aber es war kein Selbstmord gewesen, sie musste es sich anders überlegt haben, sonst hätte ja niemand einen Grund gehabt, sie zu ermorden. Und sie selbst hatte mit dem Finger auf Eddi gezeigt, weil es so logisch schien. Dabei war es das nicht. Eddi hätte Kathrin nicht verlieren wollen. Eddi wäre auch nie auf die Idee gekommen, dass Kathrin so was vorhaben könnte. Und er wäre zu faul gewesen, ihr nachzugehen, wenn sie gesagt hätte, dass sie zu ihr wollte, das war schließlich das Normalste von der Welt. Wieso hatte sie das nicht früher begriffen?
    Das Problem hat sich erledigt, hatte Frank gesagt. Wie kalt, wie gemein. Er hatte Kathrin umgebracht, da war sie sich ganz sicher, und nach allem, was sie über Spuren wusste, würde die Polizei das bestimmt feststellen können. Wenn sie hier je rauskam. Irgendwie musste sie es schaffen, und zwar ganz allein, denn niemand suchte nach ihr, niemand ahnte, dass Frank Herzog nicht der war, für den er sich ausgegeben hatte. Dass er wahrscheinlich auch Christian umgebracht hatte. Dass er sich an ihrer Mutter rächen wollte. Und nur, weil sie mit anderen Männern rumgemacht hatte. Das war doch kein Grund, auch wenn es ziemlich – nein, daran wollte sie jetzt auch nicht denken.
    »Dann lass uns abhauen, gleich morgen«, sagte Frank, »wir fangen ein neues Leben an.«
    Seine Worte verschlugen ihr die Sprache. Glaubte er im Ernst, dass sie mit ihm würde leben wollen? Als was? Seine »Tochter«? Seine Frau? Und Mama? Glaubte er, sie würde sie im Gefängnis versauern lassen, wo sie nicht mal was getan hatte? Sie musste sich auf die Zunge beißen, um nicht loszuplatzen, sie wusste, ihr Gelächter wäre voll hysterisch. Oh Gott, wie sollte sie bloß den Abend rumkriegen, ohne ihn wütend zu machen? »Erst nach Hause«, sagte sie, »zum Packen.«
    »Nicht nötig«, wies er ihr Ansinnen ab, »wir kaufen, was du brauchst.«
    Mist, sie atmete tief durch. »Ich denk drüber nach«, behauptete sie, ohne ihn anzusehen, damit er ihr die Lüge nicht anmerkte.
    »Aber nicht zu lange«, warnte er.
    Sonst was?, überlegte sie schaudernd. Bitte gib mir diese eine Nacht, dachte sie, bei Tag würde sich ein Ausweg auftun, sicherlich, er konnte sie nicht ständig im Auge behalten, und sie brauchte einen Vorsprung, ein paar Minuten wenigstens, um sich zu orientieren.
    Musik setzte wieder ein, Country-Gesülze, irgendwas von einem ring of fire , sie kannte es nicht.
    »Tanz für mich«, sagte er.
    »Ich kann nicht tanzen«, maulte sie.
    »Jeder kann tanzen«, behauptete er, »du hast das im Blut, glaub mir.«
    Er kam auf sie zu, nahm sie mit festem Griff um die Taille und ihre rechte in seine linke Hand, bevor er begann, sie hin- und herzuschieben und zu drehen, eindeutig nicht im Takt, er nicht, und sie schon gar nicht; immer einen Tick zu spät dran, versuchte sie, auf Zehenspitzen

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