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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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sie immer noch fragend an.
    »Warum ich das tue?«, wiederholte Marilene. »Weil ich nicht anders kann. Wenn ich nicht wahrgenommen hätte, wie traurig du warst, hätte ich mich vielleicht bloß gewundert, was du da draußen machst um die Zeit, aber ich hab’s nun mal gemerkt, und dann kann ich nicht so tun, als wäre alles in Ordnung.«
    »Ich muss aber jetzt so tun, wegen meiner Mutter«, entgegnete Antonia.
    »Das ist nicht leicht«, warnte Marilene. »Soll ich mal mit ihr reden?« Antonias Vorbehalten gegenüber dem neuen Mann ihrer Mutter maß sie keine Bedeutung bei, das Übliche, wenn ein Elternteil, den man lange für sich allein hatte, einen neuen Partner hat: Eifersucht und eine Spur von Trotz. Aber den Brief und was er implizierte, das nahm sie schon ernst.
    »Nee, bloß nicht.« Antonia schüttelte vehement den Kopf. »Aber wo ich herkomme, würde ich schon gern wissen.«
    Marilene sah sie prüfend an.
    »Zu wissen, wer mein Vater ist, heißt ja noch nicht, dass ich ihn kennenlernen muss, richtig?«
    »Absolut«, versicherte Marilene.
    »Christian wird sowieso immer mein Vater bleiben. Das wär mir sogar noch wichtiger. Zu wissen, wo er ist. Ich will ihm wenigstens ins Gesicht sagen, dass es nicht okay war, mich einfach so zu verlassen, ich kann doch nichts dafür, dass ich nicht seine richtige Tochter bin, und ich vermisse ihn total.«
    »Gut«, stimmte Marilene zu, »dann schreib ich mir jetzt alles auf, was ich wissen muss, und dann schauen wir mal, was mein Bekannter herausfinden kann. Hast du ein Handy?«
    »Logisch«, sagte Antonia entrüstet ob dieser überflüssigen Frage und nannte ihr die Nummer.
    »Ich ruf dich an, sobald ich mehr weiß.«
    » SMS wär besser. Ich bin ja in der Schule.«
    »Na gut, aber wundere dich nicht, wenn da Mist drinsteht, ich hab’s nicht so mit diesem modernen Kram.« Und es würde sie Stunden kosten, obgleich Arne ihr gerade erst zum wiederholten Mal gezeigt hatte, wie das funktionierte. »Oh, und bevor ich’s vergesse«, fügte Marilene hinzu, »wenn irgendwas ist, möchte ich, dass du dich bei mir meldest, ehe du wieder auf der Parkbank nächtigst, ja? Wie du siehst, hab ich Platz genug, das ist wirklich kein Problem.« Sie schob ihr eine Visitenkarte über den Tisch zu.
    »Danke. Das ist voll nett von Ihnen. Ich weiß echt nicht, was ich sagen soll.«
    »Lass gut sein«, entgegnete Marilene, »ich freu mich immer über Besuch.«
    »Besuch oder Notfall ist aber was anderes.«
    »Stimmt, da müssen wir eben dafür sorgen, dass du kein Notfall mehr bist.« Im Wiederholungsfall allerdings, überlegte Marilene, würde sie die Mutter informieren. Davon hatte sie dieses Mal nur abgesehen, um deren Hochzeitsnacht nicht zu verderben.
    »Haben Sie eigentlich letzte Nacht noch mal nach mir gesehen?«, fragte Antonia.
    »Nein, das hab ich mir verkniffen, dabei war das schon Gewohnheit, ich hatte nämlich bis gestern Besuch von einem kleinen Jungen.«
    »Auch ein Notfall?« Antonia schaute entgeistert.
    »Nein.« Jedenfalls nicht mehr, fügte sie im Stillen hinzu. »Er ist so was wie mein Patenkind. Eine komplizierte Geschichte. Warum fragst du?«
    »Ich bin davon wach geworden, dass ich dachte, jemand steht bei mir im Zimmer. Das war ein komisches Gefühl irgendwie, und ich hab mich nicht getraut, mich umzudrehen. Als ich es dann doch gemacht hab, war da niemand. Na ja, wenn Sie’s nicht waren, wird’s ein Traum gewesen sein.«
    * * *
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Lilian erschrocken, im Kopf einen Film, der in Endlosschleife sämtliche Katastrophen abspulte, die sie sich vorstellen konnte, jede erschreckender als die vorige. »Ja gut, Kathrin«, sagte sie mechanisch, »ich sag ihr, sie soll dich anrufen.« Sie beendete das Gespräch.
    »Hm?«, brummte Frank.
    »Antonia ist weg.« Lilian schlug sich die Hand vor den Mund, als könne sie noch zurücknehmen, was sie gesagt hatte, und es so ungeschehen machen.
    »Ich denke, sie wollte bei Kathrin übernachten?« Frank klopfte sein Frühstücksei auf.
    Genau genommen zertrümmerte er ringsum dessen Schale, registrierte Lilian, ohne es zu wollen. »Hat sie aber nicht. Sie ist verschwunden, gestern Abend schon.« Oh Gott, bitte mach, dass ihr nichts passiert ist!, flehte sie innerlich, sie könnte sich das nie verzeihen. Antonia hatte in all den Jahren nicht öfter als ein paarmal bei Kathrin übernachtet, und es war ihr nie wirklich recht gewesen; sie wusste, dass der Vater trank, die Brüder von der unberechenbaren Sorte

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