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Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben

Titel: Marilene-Mueller 04 - Wenn Ostfriesen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Sommer
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unnatürlichen Todesfällen steckte nun mal selten der brutale Serienkiller, der sich als Romanfigur immer größerer Beliebtheit erfreute, sondern zumeist die Eskalation von Gewalt innerhalb von Familie oder Freundeskreis. Doch in diesem Fall würde es verdammt schwierig, den Täter festzunageln. Die Indizienlage war schlechter als dürftig, und die Todeszeit ließ sich bei einer skelettierten Leiche bestenfalls aufs Jahr eingrenzen. Was die Suche nach Zeugen so ziemlich unmöglich machte. Sie würden also auf ein Geständnis des Täters hoffen müssen. Sofern sie überhaupt die Identität des Opfers feststellen konnten. Zinkel seufzte. Solche Fälle waren ganz und gar nicht nach seinem Geschmack.
    »Wieder Schmerzen?«, fragte Lübben.
    »Nein, alles in Ordnung. Ich sehe bloß gerade eine Akte zu den ungeklärten Fällen wandern.«
    »Defätist«, schimpfte Lübben ihn, »ich sehe eher die Herausforderung. Ist doch mal was anderes als die immer gleichen Familiendramen.«
    »Du meinst, das hier ist keins?«
    »Eher nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Familienangehöriger eine Leiche vor dem Vergraben auszieht. Das sind doch meistens Affekthandlungen, wenn da jemand zu Schaden kommt. Denkt man in der Situation so weit?«
    »Wenn es eine Affekthandlung war, vielleicht nicht«, stimmte Zinkel zu, »aber was, wenn die Tat eine vorausgeplante war?«
    Die Frage blieb unbeantwortet.
    Zinkel schaute zum Fenster hinaus und wünschte sich auf eine Insel. Es musste traumhaft dort sein bei diesem Wetter. Die Sonne hatte sich in der Jahreszeit geirrt und knallte vom Himmel, als wolle sie den Ostfriesen einen Vorgeschmack auf den Klimawandel bieten. Wahre Horden von Menschen zog es ins Freie und Richtung Innenstadt, wo vor all den Cafés und Eisdielen kaum noch ein Platz zu ergattern sein dürfte. Dieser Tag taugte nicht zum Arbeiten. Er wollte raus, sich unters Volk mischen, von einem sonnigen Platz aus Leute gucken. Brautschau, dachte er und schaute einer hübschen Rothaarigen hinterher, deren türkisfarbenes Top wie eine zweite Haut anlag und wenig Raum für Phantasie ließ. Zu jung, befand er.
    »Notstand?«, feixte Lübben.
    »Hält sich in Grenzen«, entgegnete Zinkel, hielt jedoch das Gesicht abgewendet, damit sein rot anlaufender Kopf ihn nicht Lügen strafte.
    »Was ist denn mit der Kleinen vom Empfang?«, fragte Lübben, während er den Wagen abstellte. »Die himmelt dich total an.«
    Empfangsmaus, dachte Zinkel, ein Begriff aus seinem früheren Leben, als ihm noch relativ gleichgültig gewesen war, neben wem er aufwachte und wie sie hieß. Anhimmeln war auch eher langweilig. »Zu jung«, wiederholte er, diesmal laut, und stapfte missvergnügt hinter Lübben drein.
    Im Büro angekommen, machte Lübben sich an der Kaffeemaschine zu schaffen, während Zinkel die Computer hochfuhr und die Mails durchsah. »Du hattest recht«, sagte er, »hier ist die ›Erste Einschätzung Skelett‹.«
    »Lies vor«, bat Lübben.
    »›Männlich, Kaukasier, zwischen eins fünfundsiebzig und eins fünfundachtzig groß, eher kräftig, Linkshänder. Alter zum Todeszeitpunkt dreißig bis vierzig Jahre, Liegezeit zwischen zwei und zehn Jahren.‹« Zinkel stöhnte. »›Splitterbruch Schultergelenk, post mortem.‹«
    »Das war der Hund«, warf Lübben ein.
    »Vermutlich«, stimmte Zinkel zu, »ja, steht hier auch, ›neuesten Datums‹, ebenso wie die Bissspuren am Unterarm und rechten Ellenbogengelenk. ›Zähne intakt‹«, fuhr er fort, »›eine Lücke, mehrere Füllungen, Zahn drei – fünf aufgebohrt, aber ohne Füllung, möglicherweise eine nicht vollendete Wurzelbehandlung, Zahnstatus identifizierbar bei Bereitstellung von Vergleichsaufnahmen.‹«
    Jetzt stöhnte Lübben. »Oh nee, nicht schon wieder Zahnarzt.«
    Unvermeidlich, Zinkel verzog das Gesicht, wie unter Schmerzen. Sie beide würden einiges dafür tun, nicht selbst dorthin zu müssen. Er wandte sich wieder der Mail zu. »›Keine Hinweise auf frühere Verletzungen oder chirurgische Eingriffe, Ergebnisse bezüglich Hinweisen auf Krankheiten stehen noch aus. Schädelfraktur, peri mortem, entweder durch Sturz oder Schlag mit stumpfem Gegenstand erfolgt, vermutlich todesursächlich, da weder Schuss- noch Messerspuren nachweisbar sind. Genaueres folgt. Bitte Grabbeigaben beibringen.‹ Sehr witzig«, schloss Zinkel.
    »Zwei bis zehn Jahre.« Lübben stellte ungefragt einen Becher Kaffee vor Zinkel auf den Tisch. »Das werden nicht wenige sein. Linkshänder dürfte

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