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Marina.

Marina.

Titel: Marina. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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Salvat verdankte.
    Salvat war einer der wenigen Privilegierten, die das Geheimnis des Lichts kannten. Er bezeichnete das Licht als eine launische Tänzerin, die um ihre Reize wisse. Unter seinen Händen verwandelte es sich in wundervolle Linien, die das Gemälde erleuchteten und in der Seele Türen öffneten. Das erklärte zumindest der Werbetext in seinen Ausstellungskatalogen.
    »Malen heißt schreiben mit Licht«, sagte Salvat. »Zuerst muss man sein Alphabet lernen, dann seine Grammatik. Erst dann kann man Stil und Magie entwickeln.«
    Quim Salvat erweiterte Germáns Weltbild, indem er ihn auf seine Reisen mitnahm. So zogen sie durch Paris, Wien, Berlin, Rom … Bald begriff Germán, dass Salvat seine Kunst ebenso gut verkaufte, wie er malte, vielleicht noch besser. Darin lag der Schlüssel zu seinem Erfolg.
    »Von tausend Menschen, die ein Bild oder ein Kunstwerk erwerben, hat nur ein einziger eine entfernte Vorstellung dessen, was er kauft.« Salvat lächelte. »Die anderen kaufen nicht das Werk, sondern den Künstler, das, was sie von ihm gehört haben, und fast immer das, was sie sich um ihn herum zurechtphantasieren. Dieses Geschäft funktioniert auf die gleiche Weise wie Quacksalberware oder Liebestränke verkaufen, Germán. Der Unterschied besteht nur im Preis.«
    Quim Salvats großes Herz blieb am 17. Juli 1938 stehen. Einige führten es auf die Exzesse des Malers zurück. Germán war immer der Ansicht, es seien die Schrecken des Bürgerkrieges gewesen, die den Glauben und die Lebenslust seines Mentors abgetötet hätten.
    »Ich könnte tausend Jahre malen«, murmelte Salvat auf seinem Totenbett, »und die Barbarei, Ignoranz und Bestialität der Menschen würde sich keinen Deut ändern. Die Schönheit ist ein Hauch gegenüber dem Wind der Wirklichkeit, Germán. Meine Kunst hat keinen Sinn. Sie ist unnütz …«
    Die endlose Liste seiner Geliebten, Gläubiger, Freunde und Kollegen, die vielen Menschen, denen er selbstlos geholfen hatte, beweinten ihn auf seiner Beerdigung. Sie wussten, dass an diesem Tag ein Licht in der Welt erlosch und dass sie künftig einsamer, leerer wären.
    Salvat vermachte ihm eine höchst bescheidene Summe Geld und sein Atelier. Er hieß ihn den Rest (was nicht viel war, denn er hatte immer mehr ausgegeben, als er verdient und ehe er es verdient hatte) unter seinen Geliebten und Freunden verteilen. Der mit der Testamentsvollstreckung beauftragte Notar gab Germán einen Brief, den ihm Salvat anvertraut hatte, als er sein Ende nahen fühlte. Er sollte ihn nach seinem Tod öffnen.
    Mit Tränen in den Augen und zerfetzter Seele streifte der junge Mann eine Nacht lang ziellos in der Stadt umher. Das Morgengrauen überraschte ihn auf dem Wellenbrecher im Hafen, und dort las er in den ersten Stunden des neuen Tages die letzten Worte, die ihm Quim Salvat hinterlassen hatte.
     
    Lieber Germán,
    das hier habe ich Dir zu Lebzeiten nicht gesagt, da ich den richtigen Moment abwarten wollte. Aber ich fürchte, ich bin nicht mehr da, wenn er kommt.
    Ich habe Dir Folgendes zu sagen. Nie habe ich einen Maler mit größerem Talent kennengelernt als Dich, Germán. Du weißt es noch nicht und kannst es auch nicht verstehen, aber es ist in Dir drin, und mein einziges Verdienst hat darin bestanden, es zu erkennen. Ich habe mehr von Dir gelernt als Du von mir, ohne dass Du es wusstest. Es wäre mir lieb, Du hättest den Lehrer gehabt, den Du verdienst, jemanden, der Dein Talent besser geleitet hätte als ich armer Lehrling. Das Licht spricht aus Dir, Germán. Wir anderen hören bloß zu. Vergiss das nie. Von nun an wird Dein Lehrer Dein Schüler und bester Freund sein, für immer.
    SALVAT
     
    Eine Woche später brach Germán, vor unerträglichen Erinnerungen fliehend, nach Paris auf. Man hatte ihm einen Lehrstuhl in einer Kunstakademie angeboten. Zehn Jahre lang sollte er keinen Fuß mehr nach Barcelona setzen.
     
     
    In Paris erwarb er sich den Ruf eines Porträtmalers von einigem Prestige und entdeckte eine Leidenschaft, die ihn nie mehr loslassen sollte: die Oper. Allmählich verkauften sich seine Bilder gut, und ein Händler, der ihn noch aus seinen Zeiten bei Salvat kannte, wurde zu seinem Agenten. Sein Professorengehalt und der Verkauf seiner Bilder erlaubten ihm ein zwar einfaches, aber würdiges Leben. Mit einigen Einschränkungen und der Hilfe des Schulleiters, der mit halb Paris verwandt war, konnte er sich für die ganze Spielzeit einen Platz in der Oper reservieren. Nichts

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