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Marina.

Marina.

Titel: Marina. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Ruiz Zafón
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seien Sergei und Tatjana entlassen.
    Er hielt Sergei ein Dossier mit Dokumenten und Beweisen für seine illegalen Aktivitäten in Wien, Warschau und Barcelona unter die Nase. Mehr als genug Material, um ihn für fünfzehn oder zwanzig Jahre hinter Gitter zu bringen. Alldem fügte er einen Scheck bei über eine Summe, die bei weitem überstieg, was Sergei mit seinen krummen Geschäften in seinem ganzen restlichen Leben erwirtschaften konnte. Das Angebot war folgendes: Verließen Sergei und Tatjana in einer Frist von höchstens achtundvierzig Stunden Barcelona für immer und verpflichteten sie sich, auf keinerlei Weise mehr mit mir Verbindung aufzunehmen, so durften sie das Dossier und den Scheck mitnehmen, andernfalls würde das Dossier der Polizei übergeben werden, begleitet von dem Scheck, um die Justizmaschinerie zu ölen. Sergei wurde halb wahnsinnig vor Wut. Er schrie wie ein Besessener, niemals werde er sich von mir trennen, Kolwenik müsse über seine Leiche gehen, wenn er seinen Willen durchsetzen wolle.
    Michail lächelte und verabschiedete sich. An diesem Abend unterhielten sich Tatjana und Sergei mit einem seltsamen Menschen, der sich als gedungener Mörder anpries. Als sie vom Treffpunkt weggingen, setzten anonyme Schüsse aus einem Fuhrwerk ihrem Leben beinahe ein Ende. Die Zeitungen veröffentlichten die Meldung mit unterschiedlichen Hypothesen über die Ursache des Anschlags. Am nächsten Tag akzeptierte Sergei Michails Scheck und verschwand mit Tatjana aus der Stadt, ohne sich zu verabschieden.
    Als ich von dem Vorfall erfuhr, begehrte ich von Michail zu wissen, ob er für den Anschlag verantwortlich sei oder nicht. Verzweifelt erhoffte ich mir ein Nein. Er schaute mich fest an und fragte, warum ich an ihm zweifle. Ich glaubte zu sterben. Dieses ganze Kartenhaus von Glück und Hoffnung schien gleich einstürzen zu wollen. Ich wiederholte meine Frage. Michail verneinte. Er sei nicht für den Anschlag verantwortlich.
    ›Wäre ich es, würde keiner der beiden mehr leben‹, antwortete er ungerührt.
    Nun verpflichtete er einen der besten Architekten der Stadt, um nach seinen Anweisungen die Villa neben dem Park Güell zu bauen. Über den Preis wurde keinen Augenblick lang diskutiert. Während der Bauzeit mietete Michail eine ganze Etage des alten Hotels Colón an der Plaza de Cataluña. Da richteten wir uns vorübergehend ein. Zum ersten Mal im Leben erfuhr ich, dass man so viele Bedienstete haben konnte, dass es unmöglich war, sich sämtliche Namen zu merken. Michail hatte nur einen einzigen Helfer, Luis, seinen Fahrer.
    Die Juweliere Bagués suchten mich in meinen Gemächern auf. Die besten Couturiers nahmen mir Maß, um mir eine kaiserliche Garderobe zu schneidern. In den vornehmsten Geschäften Barcelonas eröffnete Michail für mich Konten ohne Limit. Leute, die ich noch nie gesehen hatte, grüßten mich ehrerbietig auf der Straße oder in der Hotellounge. Ich bekam Einladungen zu Galabällen in den Palästen von Familien, deren Namen ich höchstens in der Klatschpresse gelesen hatte. Ich war knapp zwanzig. Noch nie hatte ich genügend Geld in der Hand gehabt, um mir auch nur eine Straßenbahnfahrkarte zu kaufen. Ich träumte mit offenen Augen. Langsam fühlte ich mich überladen von so viel Luxus und der Verschwendung um mich herum. Als ich Michail das sagte, antwortete er, Geld sei bedeutungslos, außer man habe keines.
    Wir verbrachten die Tage gemeinsam, spazierten durch die Stadt oder besuchten das Kasino des Tibidabo, obwohl ich Michail nie auch nur eine einzige Münze einsetzen sah, oder das Liceo-Theater. In der Dämmerung gingen wir wieder ins Hotel Colón, und Michail zog sich in seine Zimmer zurück. Bald bemerkte ich, dass er oft mitten in der Nacht ausging und erst im Morgengrauen wieder da war. Wie er sagte, hatte er berufliche Verpflichtungen.
    Doch das Gemunkel nahm zu. Ich merkte, dass ich einen Mann heiraten würde, den alle besser zu kennen schienen als ich. Hinter meinem Rücken hörte ich die Dienstmädchen tuscheln. Auf der Straße musterten mich die Leute hinter ihrem scheinheiligen Lächeln mit der Lupe. Allmählich wurde ich zu einer Gefangenen meiner eigenen Verdächtigungen. Und ein Gedanke begann mich zu quälen: All dieser Luxus, diese ganze materielle Verschwendung gab mir das Gefühl, bloß ein Einrichtungsgegenstand zu sein, eine weitere Laune von Michail. Er konnte sich alles kaufen: das Teatro Real, Sergei, Autos, Juwelen, Paläste. Und mich. Ich glühte vor

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