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Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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harmlose Beobachterin, ins Wort.
    »Öffentlich bloßgestellt und möglicherweise verhaftet zu werden.«
    »Möglicherweise?«
    Axelrod eilte ihm zu Hilfe: »Wir sind hier in Deutschland, Martha.«
    »Stimmt. Wir sind in Deutschland. Er kommt vor Gericht und wird zur Abwechslung tatsächlich verknackt. Und was kriegt er? Mickrige sechs Jahre, drei davon auf Bewährung? Ihr habt doch keine Ahnung, was Knast überhaupt ist. Und wer soll ihn verhören dürfen?«
    Das stand für Axelrod außer Frage. »Er wäre deutsches Eigentum und würde nach deutschem Recht vernommen. Vorausgesetzt, er weigert sich, mitzuspielen. Allerdings wäre es sehr viel besser, er würde bleiben, wo er ist, und mit uns kooperieren. Und wir glauben, daß er dazu bereit sein wird.«
    »Wieso sollte er? Er ist ein fanatischer Terrorist. Vielleicht sprengt er sich lieber in die Luft.«
    Bachmann nun wieder: »Wir schätzen ihn anders ein, Martha. Er ist ein Familienmensch, hat einen geregelten Lebenswandel, wird in der gesamten Umma geachtet und vom Westen bewundert. Er war seit dreißig Jahren nicht mehr im Gefängnis. Wir verlangen nicht von ihm, daß er zum Verräter wird. Wir bieten ihm eine neue Definition von Loyalität an. Wir festigen seine Position hier im Lande, wir versprechen ihm die deutsche Staatsbürgerschaft, um die er sich ein halbes Dutzend Mal erfolglos beworben hat. Gut, anfangs kommen wir ihm vielleicht mit Drohungen. Aber das ist nur das Vorspiel. Dann freunden wir uns mit ihm an. ›Schlagen Sie sich auf unsere Seite, und wir arbeiten kreativ zusammen, für einen besseren und gemäßigteren Islam.«‹
    »Warum nicht auch noch eine Amnestie für frühere Terrorakte?« schlug Martha vor, die sich jetzt an der Diskussion beteiligen zu wollen schien, anstatt sie zu sabotieren. »Würden Sie die als Zugabe auch noch obendrauf packen?«
    »Wenn er uns reinen Wein einschenkt. Falls Berlin es genehmigt. Als unverzichtbaren Teil des Gesamtpakets. Ja.«
    Der Schatten wechselseitiger Feindseligkeit hatte sich verzogen. Martha grinste breit. »Günther, Darling. Wie viele Jahre haben Sie eigentlich auf dem Buckel? Hundertfünfzig?«
    »Hundertneunundvierzig.« Bachmann spielte ihr Spiel mit.
    »Und ich Idiotin hab mir mein letztes Ideal mit siebzehneinhalb rausoperieren lassen!« rief Martha, wofür sie schallendes Gelächter erntete, allen voran von Ian Lantern.
    * * *
    Aber gewonnen hatte Bachmann noch lange nicht. Ein verstohlener Blick in die Runde bestätigte, was er von Anfang an befürchtet hatte: die Aussicht auf eine innige Freundschaft mit einem Zahlmeister des Terrors war nicht nach jedermanns Geschmack.
    »Dann verleihen wir heute also unseren Feinden die Staatsbürgerschaft«, bemerkte ein notorischer Sprücheklopfer aus dem Außenministerium bissig. »Wir empfangen nicht nur den bekannten internationalen Terroristen MEILENSTEIN mit offenen Armen, sondern auch noch unseren guten Freund FELIX, einen entflohenen russischen Knastbruder, der wegen einer ganzen Latte von islamistisch inspirierten Gewalttaten vorbestraft ist. Unsere Gastfreundschaft bei ausländischen Kriminellen kennt anscheinend keine Grenzen. Wir haben den Mann völlig in der Hand, und wir ködern ihn mit der deutschen Staatsbürgerschaft! Man fragt sich, wie weit wir es mit unserem Edelmut noch treiben wollen.«
    »Es geht um das Mädel«, knurrte Bachmann, dem die Zornesröte ins Gesicht stieg.
    »Ach ja, natürlich. Die holde Seele. Ich vergaß.«
    »Sie hätte sich nie zur Zusammenarbeit mit uns bereiterklärt, wenn wir ihr nicht feierlich versprochen hätten, daß FELIX ungeschoren davonkommt. Ohne die Kleine wären wir bei ihm nie so weit gekommen. Sie hat sein Vertrauen gewonnen, sie hat ihm MEILENSTEIN ans Herz gelegt.«
    Und als er mit seiner Antwort nur skeptisches, um nicht zu sagen argwöhnisches Schweigen erntete, nahm er den Kopf zwischen die Schultern und ging zum Angriff über. »Ich habe ihr mein Wort gegeben. Das kein Agentenführer gegenüber seinem Agenten jemals bricht. Das war der Deal, abgesegnet von der Zentrale.« Dieser letzte Seitenhieb galt Burgdorf persönlich, während Axelrod mit gerunzelter Stirn unbehaglich ins Leere starrte. »Sie ist seine Anwältin« – nun wieder an die ganze Runde gerichtet. »Als seine Anwältin ist sie verpflichtet, ihren Mandanten unter allen Umständen zu schützen. Sie kooperiert, weil wir ihr zugesichert haben, daß es zum Nutzen ihres Mandanten ist. Er geht straffrei aus, kann unbehelligt studieren

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