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Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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ihre Zustimmung.
    Axelrod versuchte, Mohr ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem er betonte, daß die von ihm und der Polizei befürworteten Sicherheitsvorkehrungen weder vor, während, noch nach MEILENSTEINS Besuch bei Brue Frères irgendwelche Spuren hinterlassen durften. Wenn etwas davon publik wurde – sei es in den Medien oder in der muslimischen Gemeinde, in der MEILENSTEIN in so hohem Ansehen stand –, konnten sie jede Hoffnung, einen wertvollen Informanten aus ihm zu machen, begraben.
    Und ja, lenkte Axelrod ein, von ihm aus dürfe Arni Mohr dabei sein, wenn die Polizei MEILENSTEIN faktisch festnahm, aber nur, falls Bachmann eine solche Verhaftung als Einschüchterungsmaßnahme für zweckdienlich hielt, um MEILENSTEIN auf Kurs zu bringen. Waren damit alle zufrieden?
    Anscheinend alle außer Bachmann. Dann war die Besprechung auf einmal vorbei. Die Geschworenen – unterstützt von ihren Beobachtern – zogen sich zur Beratung zurück, und Bachmann durfte wieder einmal hinübertrotten in seinen Stall, um bang des Urteils zu harren.
    »Ausgezeichnete Arbeit, Bachmann«, sagte Burgdorf und klopfte ihm in ungewohnter Kontaktfreudigkeit auf die Schulter.
    In Bachmanns Ohren klang das Lob wie ein Nachruf.
    * * *
    Bachmann saß an seinem Schreibtisch, den Kopf in den Händen vergraben, während ihm gegenüber Erna Frey konzentriert an ihrem Computer arbeitete.
    »Wie geht es ihr?« fragte er.
    »Den Umständen entsprechend gut.«
    »Und wie gut ist das?«
    »Solange sie glaubt, daß es Issa schlechter geht als ihr, hält sie durch.«
    »Gut.«
    »Findest du?«
    Was konnte Bachmann noch sagen? War es seine Schuld, daß nun auch Erna dem Mädel verfallen war? War es Ernas Schuld? Da ihr offenbar alle verfielen, warum nicht auch sie? Liebe war, was man verkraften konnte, ohne darüber den Job zu vernachlässigen.
    Auch sonst herrschte im Pferdestall eine gedrückte Stimmung. Maximilian und Niki entschlüsselten und überprüften stur die Eingänge des Tages – vornehmlich, so schien es, um nicht nach Hause gehen zu müssen. Aber keine menschliche Stimme drang an Bachmanns Ohr, kein Lachen, kein Ausruf, weder von den Auswertern nebenan noch von den Abhörern weiter hinten im Gang oder den Fahrern und Observierern im Stockwerk unter ihm.
    Vom Fenster aus sah Bachmann mit einem seltsamen Déjà-vu-Gefühl zu, wie erst Kellers Diensthubschrauber in Richtung Köln abflog und dann Burgdorf gen Berlin entschwebte, begleitet von einem Schwarm von Mitarbeitern sowie Axelrod. Die letzte, die an Bord ging, war Martha, ohne ihren Newton und ohne die aschblonde Unbekannte.
    Eine schwarze Mercedes-Kolonne rollte zum Haupttor. Die Schranke ging hoch und blieb oben.
    Das verschlüsselte Telefon auf Bachmanns Schreibtisch klingelte. Er hob ab und raunzte abwechselnd »Ja, Michael« und »Nein, Michael« in den Hörer.
    Erna Frey blieb am Computer.
    Bachmann sagte »Wiederhören, Michael« und legte auf. Erna Frey arbeitete weiter.
    »Wir haben es«, sagte Bachmann.
    »Was haben wir?«
    »Grünes Licht. Mit Auflagen. Wir können loslegen. So bald wie möglich. Sie haben Angst, daß wir auf einem Vulkan sitzen. Ich kriege ihn für die ersten acht Stunden.«
    »Acht. Keine neun.«
    »Acht reichen. Wenn er den Köder nach acht Stunden nicht geschluckt hat, kann Arni ihn festnehmen lassen.«
    »Und wohin bringst du ihn für deine acht Stunden, wenn man fragen darf? Ins Atlantic? Ins Vier Jahreszeiten?«
    »In deine sichere Wohnung unten am Hafen.«
    »Mit vorgehaltener Pistole?«
    »Ich lade ihn ein. Sobald er die Bank verläßt. Herr Doktor Abdullah, ich vertrete die deutsche Regierung, und wir würden uns gern mit Ihnen über gewisse illegale Transaktionen unterhalten, die Sie soeben getätigt haben.«
    »Und er sagt …?«
    »Er sitzt bis dahin im Auto. Er kann sagen, was er will.«

13
    Katatonie nennt sich so was.
    Die treiben sie in den Wahnsinn.
    Noch eine Woche länger, und sie legt ihnen einen Auftritt hin, gegen den Georgie sich verstecken kann. Wenn es nicht jetzt schon soweit ist. Wobei ich ihr im Zweifel genauso irr vorkomme.
    Bei unserem Treffen neulich im Atlantic war ich der gute alte Tommy Brue mit seiner angeschlagenen Bank und seiner angeschlagenen Ehe, ein treibendes Boot in der Strömung.
    Bei den Türken dann war ich ein schuldgeplagter alter Sack, der sich mit einem Scheck in ihr Leben einkaufen wollte, fünfzigtausend Euro, die sie nicht angerührt hat.
    Und wer bin ich jetzt, während ich mit Tempo

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