Marionetten
und beten, und mehr will er gar nicht. Nur deshalb spielt sie bei uns mit.«
»Und wie man hört, soll sie in ihn verliebt sein«, warf die bissige Stimme unbeeindruckt ein. »Fragt sich nur: Wieviel Liebe kann sie da noch für uns erübrigen?«
Und womöglich hätte ihm Bachmann trotz eines warnenden Blicks von Axelrod in Worten geantwortet, die er hinterher bitter bereut hätte, wäre nicht Lantern geschickt eingesprungen, um die Spannung zu entschärfen.
»Dürfte ich an dieser Stelle kurz meinen Union Jack schwenken, Ax?« – mit seinem britischen Humor Axelrod aufs Korn nehmend. »Mir ist so, als müßte ich ganz bescheiden darauf hinweisen, daß es ohne eine gewisse renommierte britische Bank gar keinen FELIX geben würde, der sein väterliches Erbe antritt, und keinen MEILENSTEIN, der ihm hilft, das Geld unter die Leute zu bringen!«
Aber der Einwurf wurde mit eher gehemmtem Gelächter aufgenommen, und die Stimmung blieb angespannt. Martha hatte mit Newton und der geheimnisvollen Aschblonden mit dem Raubvogelgesicht getuschelt. Jetzt hob sie ruckartig den Kopf.
»Günther. Ian. Ax. Okay. Beantwortet mir noch eine Frage. Glaubt ihr Jungs im Ernst, ihr kriegt das über die Bühne? Ich meine, seht euch doch mal an, was wir hier haben. Eine liberale Anwaltstussi am Rand des Nervenzusammenbruchs. Einen scheintoten britischen Banker, der scharf auf sie ist. Einen halbtschetschenischen Freiheitskämpfer, der auf der Flucht vor den russischen Behörden ist, Papierflieger baut, Musik hört und davon träumt, Arzt zu werden. Und ihr bildet euch allen Ernstes ein, ihr kriegt diese drei unter einen Hut, und sie liefern euch einen abgebrühten islamistischen Geldwäscher ans Messer, der sein Lebtag noch keinem über den Weg getraut hat? Verstehe ich das richtig? Oder bin ich schon ein bißchen weich in der Birne?«
Zu Bachmanns Erleichterung konnte Axelrod diesmal aus einer Position der Stärke heraus antworten:
»Was MEILENSTEIN angeht, ist FELIX nicht vom Himmel gefallen, Martha. Wenn Sie sich das Material ansehen, werden Sie feststellen, daß er auf den von uns kontrollierten islamistischen Internetseiten ziemlich gute Kritiken bekommen hat. Und die Kollegen von der technischen Aufklärung berichten, daß sich die Mühe gelohnt hat. Der schwedische Fahndungsaufruf und der russische Polizeibericht machen sich auch schon bezahlt. Internetseiten, von denen wir noch nie gehört haben, jubeln ihn zum großen tschetschenischen Kämpfer und Ausbrecherkönig hoch. Bis es soweit ist, daß FELIX sich mit MEILENSTEIN trifft, wird ihm sein Ruhm vorausgeeilt sein.«
* * *
Jemand erkundigte sich nach dem genauen operativen Ablauf. Wie lange würde Bachmann MEILENSTEIN festhalten können, nachdem dieser kompromittiert und einkassiert worden war, ohne daß mißtrauische Fragen nach seinem Verbleib laut wurden?
Alles hänge davon ab, was MEILENSTEIN für den Rest des Abends geplant habe, sagte Bachmann. Es würde ein Wettlauf gegen die Zeit. Sowohl das Mädel als auch FELIX seien mit den Nerven am Ende.
Die Aufmerksamkeit richtete sich auf Arni Mohr. Der hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, noch eine tragende Rolle spielen zu dürfen, und schilderte nun breit seinen Auftritt im Polizeipräsidium, wo er die geplante Operation am gestrigen Abend einem erlesenen Kreis von Zuhörern vorgestellt hatte – in Auszügen natürlich, nicht zur Gänze.
Bei Mohrs Ausführungen packte Bachmann abgrundtiefe Verzweiflung. Die Polizei wolle rings um die Bank Scharfschützen postieren, für den Fall, daß MEILENSTEIN einen Sprengstoffgürtel trug, verkündete Mohr stolz.
Und da man davon ausgehen müsse, daß MEILENSTEIN bewaffnet sein würde, wollten sie vor dem entscheidenden Treffen in Brues Bank auch alle fünf Zugangswege sichern: das Alsterufer sowie die beiden Straßenseiten und -einmündungen.
Und auch die Dächer, fuhr Mohr fort. Sein Masterplan sah vor, das ganze Gebiet großräumig abzusperren, sobald MEILENSTEIN die Bank betreten hatte, und es mit Geschöpfen aus seinem eigenen Kosmos bevölkern: in Pkw, auf Fahrrädern, zu Fuß. Mit polizeilicher Unterstützung sollten zudem alle benachbarten Häuser und Hotels evakuiert werden.
Keller stimmte zu.
Burgdorf widersprach nicht.
Martha, wiewohl nur Beobachterin, gab gern ihr Placet.
Newton bot jede Hilfe an: technisches Spielzeug, Nachtsichtgeräte, was immer ihnen an nützlichem Klimbim noch einfiel.
Die Aschblonde mit dem Raubvogelgesicht signalisierte schmallippig
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