Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
Vom Netzwerk:
Georgie ihre Mutter auch eingeweiht hatte? Er hoffte es. Sue würde ganz aus dem Häuschen sein vor Freude. Ein Herz aus Gold, das hatte sie, die gute alte Sue, wenn man sich durch die rauhe Schale nicht abschrecken ließ. Schade eigentlich, daß er nicht schon ein bißchen eher dahintergekommen war. Vor Mitzi statt nach Mitzi, wenn man so wollte. Tja, passiert war passiert. Und Sue lag glücklich und zufrieden in den Armen ihres italienischen Weinbauern. Netter Bursche, das sagten alle. Vielleicht benannten sie ja eine Cuvée nach dem Baby.
    Dann verlor sich sein kurzzeitiges Hochgefühl im Zischen des nassen Asphalts, seine Gedanken kehrten zurück zu Annabel, und ihn packte neuerlicher Zorn über das, was sie aus ihr gemacht hatten: die roboterhaften Bewegungen, diese Apathie in ihrer Chorknabenstimme, die ihn bei Melik im Zimmer noch so furios angeklagt hatte: Ohne Ihre Scheißbank wäre mein Mandant nicht hierJ
    »Die Bank steht in Ihrer Schuld, Frau Richter«, verkündete er der Windschutzscheibe in einer Parodie auf seine eigene Geschraubtheit. »Um so mehr freut es mich, Ihnen sagen zu können: Die Bank ist im Begriff, ihre Schuld zu begleichen.«
    Die Bank liebt dich, fuhr er im Geiste fort. Sie will nicht Besitz von dir ergreifen, nein, nur dir helfen, neuen Mut zu fassen, damit du das Leben leben kannst, das zu leben ich so kläglich versäumt habe. Bist du in Issa verliebt, Annabel? Georgie würde sich auf der Stelle in ihn verlieben. Und dich würde sie auch lieben. Und sie würde dir sagen, daß du auf mich achtgeben sollst, denn so denkt Georgie. Immer will sie, daß alle aufeinander achtgeben. Deshalb wird sie so oft enttäuscht. Ist es überhaupt wichtig, ob du in Issa verliebt bist? Verliebt im landläufigen Sinne? Mit größter Entschiedenheitnicht.Wichtig ist einzig und allein, daß du ihn frei bekommst.
    * * *
    »Was passiert mit Annabel, wenn dieser ganze Hokuspokus vorbei ist?« hatte Brue bei ihrer Mammutbesprechung von Lantern wissen wollen, während er von seinem Scotch trank, beileibe nicht seinem ersten, und Lantern an seinem x-ten Mineralwasser nippte. Es war ein harter Tag gewesen, selbst nach Brues Maßstäben: beim Frühstück Mitzi, die ihre Bombe platzen ließ, im Büro Revolte der Buchhalterinnen, die ihre Feiertagsschichten nicht länger hinzunehmen gewillt waren, dann ein einstündiges Gespräch mit seinem altgedienten Anwalt in Glasgow, der das Wort Scheidung noch nie gehört zu haben schien, gefolgt von einem zweistündigen, nicht eben vernunftgeleiteten Lunch im A la Carte, bei dem er Kaskaden von Witzen auf ein humorloses reiches Ehepaar aus Oldenburg niederregnen ließ. Gefolgt von einem Kater, an dem er nun fleißig weiterarbeitete.
    »Was passiert mit ihr, Lantern?« wiederholte er.
    »Das ist rein Sache der Deutschen, Tommy«, antwortete Lantern, der Vertrauensschüler, besonnen. »Ich würde mal vermuten, sie lassen die Finger von ihr. Solange sie nicht ihre Memoiren schreibt oder sonstwie Staub aufwirbelt.«
    »Genügt mir nicht, tut mir leid.«
    »Was genügt Ihnen nicht?«
    »Irgendwelche Vermutungen. Feste Zusagen, das will ich. Schriftliche. An sie, in Kopie an mich.«
    »Zusagen welcher Art, Tommy? Ich glaube, Sie haben ganz leicht einen sitzen, kann das sein? Vielleicht heben wir uns das Thema besser fürs nächste Mal auf.«
    Brue stiefelte grimmig durch das schmuddelige Zimmer.
    »Wer sagt, daß es ein nächstes Mal gibt? Vielleicht gibt es ja keins. Nicht, wenn ich meine Kooperation einstelle. Wie wäre das, hm?«
    »Tja, in dem Fall, Tommy, wird London nichts anderes übrigbleiben, als zu gewissen Sanktionen Ihre Bank betreffend zu greifen.«
    »Nur zu, mein Junge, nur zu. Immer feste draufhauen. Tun Sie sich keinen Zwang an. Frères geht vor die Hunde. Großes Heulen und Zähneklappern. Aber für wie lange? Und bei wem? Hm?« Es ging hart auf hart, endlich. Schluß mit den Zimperlichkeiten. Die Messer waren gezückt, und gut so. »Banken gehen andauernd vor die Hunde. Gerade so alte, ineffiziente wie meine. Aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was euch Jungs erwartet, wenn ihr eure sagenhafte Operation in den Sand setzt! Ich hab einen Riecher für große Skandale, und das hier ist einer. Ein Jammer, das mit dem kleinen Ian; wir hatten so eine hohe Meinung von ihm. Hoffen wir, erfindet noch mal einen halbwegs anständigen Job irgendwo. Na denn, lassen Sie sich Ihr Prickelwasser schmecken. Prost!«
    Er rechnete halb mit einem »Prost« zur Antwort und war

Weitere Kostenlose Bücher