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Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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hochzufrieden, als es ausblieb.
    »Sagen Sie mir doch einfach, was Sie zu Ihrer Beruhigung brauchen, Tommy«, schlug Lantern vor. Seine Stimme klang so monoton wie die Zeitansage.
    »Auf jeden Fall einen Verdienstorden. Dann Tee bei der Queen. Und zehn Millionen Pfund Schmerzensgeld dafür, daß Sie Frères zu einem russischen Waschsalon umfunktioniert haben.«
    »Das ist ein Witz, nehme ich mal an.«
    »Bingo. Genauso ein Brüller wie diese ganze Operation. Aber ich habe noch andere Forderungen. Knallharte.«
    »Und die wären, Tommy?«
    »Nummer eins – möchten Sie sich’s notieren oder meinen Sie, Sie können es sich so merken?«
    »Ich merke es mir so, vielen Dank.«
    »Ein offizielles Schreiben. Adressiert an Frau Annabel Richter, Kopie an mich. Unterzeichnet und abgestempelt von der zuständigen deutschen Behörde, die ihr für ihre Mitarbeit dankt und ihr zusichert, daß keine rechtlichen oder sonstigen Schritte gegen sie unternommen werden. Das mal als Anfang, kapiert? Fortsetzung folgt.« Und als er Lanterns ungläubigen Gesichtsausdruck sah: »Das ist keine Verarschung, Lantern. Das ist mein blutiger Ernst. Keine zehn Pferde kriegen mich morgen zu Abdullahs Tür rein, wenn ich keine bombensichere Zusage habe. Nummer zwei: Ich will Issa Karpows nagelneuen deutschen Paß sehen, gültig ab dem Moment, in dem er mit seiner Beute rüberrückt. Ich will ihn in der Hand haben, um ihn Annabel zu zeigen, und zwar vor dem großen Schlagabtausch, als unumstößlichen Beweis, daß ihre Strippenzieher sie nicht im Regen stehenlassen. Botschaft angekommen, oder hätten Sie’s gern mit Untertiteln?«
    »Das ist völlig unmöglich. Sie wollen, daß ich zu den Deutschen gehe und mir seinen Paß geben lasse, um ihn Ihnen zu borgen ? Sie müssen verrückt sein, Mann!«
    »Schwachsinn! Absoluter, hirnverbrannter Bockmist, entschuldigen Sie die drastische Wortwahl. Sie sind hier schließlich der Zauberer! Schwingen Sie Ihren Stab – oder von mir aus Ihr Stäbchen! Und ich sag Ihnen noch was!«
    »Nämlich?«
    »Wegen diesem Paß.«
    »Was ist damit?«
    »Pässe wachsen für Sie ja quasi auf Bäumen, was man so hört. Sie können sie nach Belieben fälschen, einziehen, annullieren oder mit heimtückischen Botschaften an ausländische Behörden präparieren. Richtig?«
    »Und?«
    »Ich habe Sie in der Hand, vergessen Sie das niemals. Und zwar auch dann noch, wenn Issa seinen Paß hat. Und wenn mir jemals zu Ohren kommt, daß Sie ihn aufs Kreuz gelegt haben, dann packe ich aus. Sehr öffentlich und sehr gründlich. Lantern von der Britischen Botschaft in Berlin. Der Spion, der sein Wort bricht. Und bis Sie mich erwischt haben, wird es schon zu spät sein. So, und jetzt gehe ich heim. Rufen Sie an, wenn Sie eine Antwort haben, Sie erreichen mich rund um die Uhr.«
    »Was ist mit Ihrer Frau?«
    * * *
    Gute Frage. Er lag im Bett, sah der Zimmerdecke beim Schwanken zu und wartete darauf, daß sie sich geraderückte. Zettel von Mitzi: »Gipfelkonferenz mit Bernhard.«
    Er wünschte ihr alles Gute. Jeder sollte irgendwann einen Gipfel erstürmen.
    Es war Mitternacht, als Lantern anrief
    »Können Sie reden?«
    »Ich bin allein, falls Sie das meinen.«
    Lantern hatte seinen Zauberstab geschwungen.
    * * *
    Brue setzte den rechten Blinker und sah in den Rückspiegel. Die Ausfahrt lag vor ihm, und sie waren immer noch hinter ihm: zwei Männer in einem BMW, die sich gleich beim Verlassen des Hauses an seine Fersen geheftet hatten. Damit Sie nicht so allein sind, hatte Lantern mit einem kleinen Zwinkern gesagt.
    Die Stadt hatte etwas von einem Ziegelhaufen, den jemand auf neblige Felder gekippt hat. Eine rote Kirche, ein rotes Bahnhofsgebäude, eine Feuerwache. Auf der einen Seite der Hauptstraße eine Reihe niedriger Pultdachhäuser. Auf der anderen eine Tankstelle und eine Schule aus Stahl und Beton. Daneben lag ein Bolzplatz, aber niemand spielte.
    An der Hauptstraße war das Parken verboten, also stellte er den Wagen in einer Seitenstraße ab und ging zu Fuß zurück. Lanterns Wachhunde waren verschwunden. In die Tankstelle vermutlich, um ihren falschen Identitäten einen Kaffee zuzuführen.
    Zwei untersetzte arabisch wirkende Männer in ausgebeulten braunen Anzügen blickten ihm entgegen. Der ältere ließ seine Gebetskette kreisen, der jüngere rauchte eine ungut aussehende gelbe Zigarette. Der ältere schlurfte einen Schritt auf ihn zu und streckte die Arme aus. Gut fünfzig Meter die Straße hinauf traten zwei uniformierte

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