Marionetten
dieser wichtigen Aufgabe widmen, Mr. Brue« – die kleinen dunklen Augen unverwandt auf Brue gerichtet.
»Mein Kunde hofft, selbst eines Tages Arzt werden zu können. Um die Wunden zu heilen, die dem tschetschenischen Volk geschlagen wurden.«
»Einzig Gott heilt, Mr. Brue. Der Mensch leistet lediglich Beihilfe. Wie alt ist Ihr Kunde, wenn ich fragen darf? Haben wir es mit einem Mann reiferen Alters zu tun? Einem Mann beispielsweise, der sein eigenes Vermögen in einem legitimen Umfeld erworben hat?«
»Alter und gesellschaftliche Stellung meines Kunden tun hier nichts zur Sache. Er ist entschlossen, Medizin zu studieren, und wünscht der erste Empfänger seiner eigenen Großzügigkeit zu werden. Um das Geld, das er als unrein betrachtet, nicht selbst anrühren zu müssen, möchte er, daß eine muslimische Stiftung ihm ein Medizinstudium in einem europäischen Land finanziert. Die Kosten wären vernachlässigbar im Vergleich zu der Höhe der Schenkung. Aber ihm würde es die Gewißheit geben, ethisch zu handeln. In all diesen Fragen erhofft er sich Anleitung durch Sie persönlich. In Hamburg, zu einer Zeit und an einem Ort, der Ihnen beiden genehm ist.«
Dr. Abdullahs Blick kehrte zurück zu dem Blatt Papier und dann wieder zu Brue.
»Darf ich an Ihre besten Regungen appellieren, Mr. Brue?«
»Aber sicher dürfen Sie das.«
»Sie sind ein anständiger Mann, das kann ich sehen. Ehrenwert und anständig, ganz gleich, was Sie sonst sein mögen. Christ, Jude, danach frage ich nicht. Nur danach, ob Sie sind, was Sie scheinen. Sie sind Vater wie ich. Sie sind außerdem ein Mann von Welt.«
»So möchte ich mich jedenfalls gern sehen.«
»Dann verraten Sie mir bitte, warum ich Ihnen trauen soll.«
»Warum sollten Sie mir nicht trauen?«
»Weil dieses überwältigende Angebot einen unguten Beigeschmack für mich hat.«
Sie führen hier niemanden zur Schlachtbank – O-Ton Lantern. Durch Sie bekommt er die Chance, reinen Tisch zu machen. Also kein Grund zur Selbstzerfleischung. In einem Jahr wird er Ihnen dankbar sein.
»Wenn es das hat, dann ist das weder meine Schuld noch die meines Kunden. Vielleicht hat es mit der Art und Weise zu tun, auf die das Vermögen zustande kam.«
»Das hatten Sie schon gesagt.«
»Mein Kunde ist sich der unseligen Vorgeschichte des Geldes sehr bewußt. Er hat das Problem eingehend mit seiner Anwältin besprochen, und Sie sind die Lösung, auf die sie verfallen sind.«
»Er hat eine Anwältin?«
»Ja.«
»Hier in Deutschland?«
Das Verhör hatte wieder einen schärferen Ton angenommen, auf den sich Brue dankbar einließ.
»Hier in Deutschland«, bestätigte er stramm.
»Eine gute?«
»Ich nehme doch an. Nachdem seine Wahl auf sie gefallen ist.«
»Frauen genießen ja einen ausgezeichneten Ruf in der Branche. Hat sich Ihr Kunde bei der Wahl dieser Anwältin beraten lassen?«
»Ich nehme doch an.«
»Ist sie Muslimin?«
»Das müßten Sie sie schon selber fragen.«
»Ist Ihr Kunde ein vertrauensvoller Mann wie ich, Mr. Brue?«
Sie verraten ihm soviel und nicht mehr, hatte Lantern gesagt. Ein zarter Streifen Wade, gerade genug, daß ihm der Mund wäßrig wird, und damit Schluß.
»Mein Kunde ist ein Mann mit einem tragischen Schicksal, Dr. Abdullah. Er hat viel Unrecht erlitten. Er hat diesem Unrecht standgehalten. Er hat ihm getrotzt. Aber es hat Narben an ihm hinterlassen.«
»Und deshalb?«
»Und deshalb hat er meine Bank durch seine Anwältin beauftragt, das – wie er es empfindet – schmutzige Geld direkt an die Organisationen zu überweisen, die Sie und er gemeinsam bestimmen. In Ihrer beider Gegenwart. Von Brue Frères an die Empfänger. Er will keinerlei Mittelsmänner. Er weiß um Ihren hervorragenden Ruf, er hat Ihre Schriften studiert, und er will sich einzig und allein durch Sie leiten lassen. Aber er besteht darauf, den Transaktionen in Person beizuwohnen.«
»Spricht Ihr Kunde Arabisch?«
»Tut mir leid.«
»Deutsch? Französisch? Englisch? Wenn er Tschetschene ist, muß er Russisch sprechen. Oder kann er nur Tschetschenisch?«
»Ganz gleich, welche Sprache er spricht, ich versichere Ihnen, der entsprechende Dolmetscher wird bereitgestellt.«
Dr. Abdullah strich nachdenklich über das Blatt Papier vor ihm, dann richtete er den Blick wieder auf Brue und versank erneut in Schweigen.
»Sie sind guter Laune«, beschwerte er sich schließlich. »Sie wirken befreit. Warum? Ihre Bank trennt sich von einer Unsumme, und Sie lächeln, was
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