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Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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seine Marschroute vor Augen. Und immer irgendwo ganz nahe: Annabel.
    »Dr. Abdullah. Verzeihen Sie«, begann er in autoritärem Ton.
    »Aber, Sir, was könnte ich zu verzeihen haben?«
    »Wie ich bereits bei unserem Telefonat erwähnt habe, besteht mein Kunde auf höchster Vertraulichkeit. Seine Situation ist, gelinde gesagt, prekär. Ich halte es darum für besser, wenn wir unser Gespräch unter vier Augen fortsetzen. Bedaure.«
    »Aber Sie sind ja nicht einmal bereit, mir seinen Namen zu verraten, Mr. Brue! Was für ein Risiko kann ich für Ihren geschätzten Kunden darstellen, wenn ich nicht weiß, wer er ist?«
    Er murmelte einige Worte auf arabisch. Fatima stand auf und verließ ohne einen Blick in Brues Richtung den Raum, gefolgt von den beiden Kleinen und zum Schluß Ismail. Brue wartete, bis die Tür hinter ihnen zugefallen war, dann zog er einen unverschlossenen Umschlag aus der Tasche und legte ihn vor Dr. Abdullah auf den Tisch.
    »Sind Sie den ganzen Weg hierhergekommen, um mir zu schreiben?« fragte Dr. Abdullah verschmitzt, doch als er Brues ernsten Gesichtsausdruck sah, setzte er sich eine verkratzte Lesebrille auf die Nase, öffnete den Umschlag, faltete das Blatt auseinander und studierte die darauf abgedruckten Zahlenkolonnen. Dann nahm er die Brille ab, fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und setzte sie wieder auf.
    »Ist das ein Scherz, Mr. Brue?«
    »Ein ziemlich teurer, meinen Sie nicht?«
    »Teuer für Sie?«
    »Für mich persönlich, nein. Für meine Bank, ja. Keine Bank verabschiedet sich leicht von Beträgen dieser Größenordnung.«
    Immer noch skeptisch, vertiefte Dr. Abdullah sich erneut in die Zahlen. »Ich finde es schon schwierig, Beträge dieser Größenordnung bei mir zu begrüßen, Mr. Brue. Was soll ich tun? Soll ich danke sagen? Nein danke sagen? Ja sagen? Sie sind Bankier, Sir. Ich bin ein einfacher Bettler im Namen Gottes. Sind meine Gebete erhört worden, oder wollen Sie mich für dumm verkaufen?«
    »Wie gesagt, es gibt Auflagen«, warnte Brue mit strenger Stimme, ohne auf die Frage einzugehen.
    »Ich bin froh, das zu hören. Je mehr Auflagen, desto besser. Was würden Sie schätzen, wieviel Geld meine sämtlichen Stiftungen in dieser Hemisphäre in einem Jahr einnehmen?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Ich dachte, Bankiers wüßten alles. Ein Drittel dieser Summe, wenn’s hoch kommt. Eher ein Viertel. Allah ist barmherzig.«
    Abdullah starrte immer noch auf das Blatt Papier vor ihm, die Hände besitzergreifend rechts und links davon gelegt. In seinem langen Bankiersdasein hatte Brue Männer und Frauen in jedweder Lebenslage dabei beobachten dürfen, wie ihnen das Ausmaß ihres neugewonnenen Reichtums aufging. Nie hatte jemand ein solches Bild unschuldiger Beglücktheit abgegeben wie nun der gute Doktor.
    »Sie machen sich keinen Begriff davon, was diese Summe für meine Glaubensbrüder bedeuten würde«, sagte er, und peinlich berührt sah Brue, wie Abdullahs Augen sich mit Tränen füllten, so daß er sie schließen und den Kopf senken mußte. Doch als er wieder aufblickte, war seine Stimme scharf und klar.
    »Darf ich Sie fragen, wo derart viel Geld herstammt? Wer es verdient hat? Auf welchem Weg es in den Besitz Ihres Kunden gelangt ist?«
    »Das meiste davon liegt seit zehn oder mehr Jahren bei meiner Bank.«
    »Aber das Geld kommt nicht ursprünglich von Ihrer Bank.«
    »Selbstredend nicht.«
    »Wo kommt es also her, Mr. Brue?«
    »Das Geld ist eine Erbschaft. Nach Ansicht meines Kunden ist es auf unehrenhafte Weise angehäuft worden. Es hat außerdem Zinsen abgeworfen, was, wenn ich recht informiert bin, gegen das islamische Gesetz verstößt. Ehe mein Kunde in aller Form Anspruch darauf erhebt, will er sichergehen, daß er in Übereinstimmung mit seinem Glauben handelt.«
    »Sie haben von Auflagen gesprochen, Mr. Brue.«
    »Bei der Verteilung seines Reichtums an Ihre Wohltätigkeitseinrichtungen wünscht mein Kunde, daß Tschetschenien Vorrang hat.«
    »Ihr Kunde ist Tschetschene, Mr. Brue?« Im selben Maß, in dem sein Ton an Schärfe verlor, wurde sein Blick härter, und um seine Augen bildeten sich kleine Fältchen, als verengte er sie gegen die Wüstensonne.
    »Meinem Kunden geht die Not der unterdrückten tschetschenischen Bevölkerung sehr nahe.« Brue vermied auch diesmal eine direkte Antwort. »Seine oberste Priorität wäre es, sie mit Arzneimitteln und Krankenhäusern versorgt zu wissen.«
    »Wir haben viele muslimische Einrichtungen, die sich

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