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Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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(zeitverzögerte Antwort) Das kann ich. Inshallah.
    MEILENSTEIN: Bei der Lieferung von Prothesen und Rollstühlen an das Krankenhaus seines Bruders in Mogadischu ist es zu einer Verzögerung gekommen.
    RASHID: Was ist damit?
    MEILENSTEIN: Die Lieferung wird umgehend nachgeholt. Dann kann er seinen Urlaub in Zypern antreten. Würden Sie ihm das ausrichten? Er wird sehr froh sein. RASHID: Mein Schwiegervater wird die Nachricht erhalten. Inshallah.
    Scheich Rashid legt auf.

14
    »Frau Elli«, begann Brue, sein üblicher Auftakt.
    »Mr. Tommy«, erwiderte Frau Ellenberger in Erwartung des bewährten Rituals. Diesmal lag sie falsch. Brue kehrte den Chef heraus.
    »Sie werden sich freuen zu hören, daß mit dem heutigen Abend das letzte Lipizzanerkonto aufgelöst wird, Frau Elli.«
    »Das erleichtert mich, Mr. Tommy. Es wurde höchste Zeit.«
    »Ich empfange den Anspruchsberechtigten heute nach Geschäftsschluß. Das ist sein ausdrücklicher Wunsch.«
    »Ich habe heute abend keine sonstigen Verpflichtungen. Ich kann gerne noch dableiben«, erbot sich Frau Elli mit einem Eifer, der ihn erstaunte.
    Wollte sie sich mit eigenen Augen vom Hinscheiden des letzten Lipizzaners überzeugen – oder galt ihre Neugier dem Bankert von Oberst Grigorij Borisowitsch Karpow?
    »Danke, aber das wird nicht nötig sein, Frau Elli. Der Kunde besteht auf absoluter Vertraulichkeit. Es wäre allerdings nett von Ihnen, wenn Sie die entsprechenden Unterlagen ausgraben und mir auf den Schreibtisch legen könnten.«
    »Der Anspruchsberechtigte hat einen Schlüssel, nehme ich doch an, Mr. Tommy?«
    »Seiner Anwältin zufolge hat er einen ganz einwandfreien Schlüssel. Und wir haben unseren Schlüssel. Wo?«
    »Im Karzer, Mr. Tommy. In dem Safe an der Wand. Mit Doppelkombination gesichert.«
    »Neben den Schließfächern?«
    »Neben den Schließfächern.«
    »Ich dachte immer, wir achten darauf, die Schlüssel so weit von den Fächern entfernt aufzubewahren wie möglich.«
    »Das war zu Zeiten von Mr. Edward. In Hamburg haben Sie die Regeln etwas gelockert.«
    »Gut, dann seien Sie doch so nett und holen mir den Schlüssel heraus.«
    »Dafür brauche ich die Hauptkassiererin.«
    »Wozu das?«
    »Nur sie kennt die andere Kombination, Mr. Tommy.«
    »Ja, natürlich. Müssen Sie ihr sagen, worum es geht?«
    »Nein, Mr. Tommy.«
    »Dann sagen Sie es ihr besser auch nicht. Und wir schließen heute früher. Sorgen Sie doch bitte dafür, daß ab allerspätestens fünfzehn Uhr niemand mehr in der Bank ist.«
    »Niemand?«
    »Niemand außer mir, wenn’s recht ist.«
    »Selbstverständlich, Mr. Tommy.«
    Aber der Groll in ihren Zügen hatte ihn beunruhigt, um so mehr, als er keine Erklärung dafür wußte. Um fünfzehn Uhr war die Bank geräumt, wie befohlen, und Brue rief pflichtschuldigst bei Lantern an. Binnen Minuten klingelte es. Brue, jetzt auf sich gestellt, pirschte vorsichtig zur Eingangstür hinunter, um vier Männer in blauen Overalls vor sich zu sehen und dahinter, auf dem Vorplatz der Bank, einen weißen Lieferwagen, den sein Logo als Eigentum eines Lübecker Elektrobetriebs mit dem schönen Namen Drei-Meere-Elektrik auswies. ›Wanzen‹ nennen wir die Herren, einfallslos wie wir sind, hatte Lantern ihm anvertraut, als er ihn auf die Invasion einstimmte.
    Der älteste der vier hatte zwei Goldzähne, die der Stolz eines jeden Piraten gewesen wären.
    »Mr. Brue?« fragte er und ließ die Zähne blitzen.
    »Ja, bitte?«
    »Wir sind beauftragt worden, Sir, Ihr System zu überprüfen«, sagte er in schwerfälligem Englisch.
    »Na gut, kommen Sie rein«, antwortete Brue mürrisch auf deutsch. »Tun Sie, was Sie tun müssen. Versauen Sie mir bloß nicht den ganzen Putz, wenn das nicht zuviel verlangt ist.«
    Er hatte Lantern zigmal erklärt, daß seine Bank ohnehin schon von Überwachungskameras starrte, drinnen wie draußen. Wenn Lanterns Wanzen partout noch mehr einbauen mußten, warum benutzten sie nicht wenigstens die vorhandenen Leitungen? Doch die waren »unseren deutschen Freunden«, wie Lantern sie nannte, offenbar nicht gut genug. Eine geschlagene Stunde tigerte Brue ohnmächtig in seinem Büro auf und ab, während die Männer ihr Werk vollbrachten: Foyer, Rezeption, Treppenhaus, der Computerraum, in dem die Kassierer saßen, das Sekretärinnenzimmer, die Toiletten, der Karzer, den er ihnen mit seinem eigenen Schlüsselbund aufschließen mußte.
    »Und nun bitte noch Ihr Büro, Mr. Brue, Sir. Wenn Sie gestatten«, sagte der Mann mit

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