Marionetten
widersinnig ist. Ist das das hinterlistige englische Lächeln?«
»Vielleicht hat mein englisches Lächeln ja einen Grund.«
»Dann ist es vielleicht der Grund, der mir Sorgen macht.«
»Mein Kunde ist nicht der einzige, dem die Herkunft dieser Gelder anrüchig erscheint.«
»Aber Geld stinkt nicht, heißt es doch immer. Und ganz gewiß doch nicht für einen Bankier?«
»Dennoch darf ich wohl sagen, daß meiner Bank ein kleiner Erleichterungsseufzer entfährt.«
»Dann ist Ihre Bank für ihre Integrität zu bewundern. Verraten Sie mir bitte noch etwas.«
»Wenn ich kann.«
Der einzelne Schweißtropfen war wieder unterwegs, diesmal auf der anderen Seite von Brues Brustkorb.
»Diese ganze Sache hat etwas so Dringliches. Woher rührt diese Eile? Was für ein seltsamer Motor treibt uns hier an? Kommen Sie, Sir. Wir sind beide aufrechte Männer. Wir sind allein.«
»Meinem Kunden läuft die Zeit davon. Jeden Tag kann der Fall eintreten, daß es nicht mehr in seiner Macht steht, diese Schenkungen vorzunehmen. Was ich darum so bald wie nur möglich von Ihnen bräuchte, ist eine Liste der Organisationen, die Sie empfehlen, und eine Beschreibung der von ihnen unterstützten wohltätigen Zwecke. Diese Liste leite ich dann an seine Anwältin weiter, die sie unserem Kunden zur Genehmigung vorlegt, und der Handel ist perfekt.«
Als Brue sich zum Gehen anschickte, hatte Dr. Abdullah zu seinem energiesprühenden, verschmitzten Selbst zurückgefunden.
»Dann habe ich also keine Zeit und keine Wahl«, klagte er, während er Brues Hand mit beiden Händen schüttelte und mit seinen zwinkernden Äuglein zu ihm emporlächelte.
»Genau wie ich«, stimmte Brue ihm gutgelaunt zu, im gleichen Beschwerdetonfall wie er. »Bis sehr bald, hoffe ich.«
»Dann wünsche ich Ihnen eine sichere Heimfahrt, Sir. Mögen Sie heil in den Schoß Ihrer Familie zurückkehren, wie wir sagen. Allah sei mit Ihnen.«
»Passen Sie auch gut auf sich auf«, sagte Brue ebenso herzlich, während sie sich etwas unbeholfen die Hand gaben.
Bei seinem Auto angekommen, entdeckte Brue, daß sein Hemd schweißdurchtränkt war und der Kragen seines Sackos ihm feucht und schlaff im Nacken klebte. Als er auf die Autobahn auffuhr, scherten seine beiden Bewacher hinter ihm ein, grinsend wie zwei Idioten. Brue wußte nicht, was so lustig sein sollte. Oder wann er sich jemals so gehaßt hatte.
* * *
In den acht Stunden, seitdem Brue von Dr. Abdullah weggefahren war, hatten Erna Frey und Günther Bachmann kaum ein Wort gewechselt, obgleich sie nur Zentimeter voneinander entfernt vor Maximilians Phalanx von Bildschirmen saßen. Einer der Bildschirme war mit der technischen Aufklärung in Berlin verbunden, ein anderer mit der Satellitenüberwachung, ein dritter mit fünf von Arnie Mohrs Fahndern, die mit dem Auto vor Ort waren.
Um 15.48 Uhr hatten sie, stumm und mit halbgeschlossenen Augen, das Ende des Gesprächs Brue/Abdullah mitgehört, das Brues wachsamer Füller an Lanterns Männer übermittelte, die in der Autowerkstatt gegenüber saßen und es chiffriert in den Pferdestall weiterleiteten. Die einzige Reaktion von Bachmann war ein lautloses Händeklatschen gewesen. Erna Frey zeigte gar keine Reaktion.
Um 17.10 Uhr ging das erste einer Reihe abgefangener Telefonate aus Abdullahs Haus ein. Eine Simultanübersetzung aus dem Arabischen lief über den Bildschirm der technischen Aufklärung. Bachmann, der Nahost-Veteran, hätte auf diesen Service verzichten können. Erna Frey und die meisten anderen in Bachmanns Truppe waren heilfroh darum.
Bei jedem Telefonat erschien am unteren Bildschirmrand der Name des Angerufenen. Ein Bildschirm gleich daneben lieferte Angaben zur Person und zur Verbindung. Die Angerufenen, sechs an der Zahl, waren ausnahmslos angesehene muslimische Spendensammler und Vorsitzende wohltätiger Stiftungen. Gegen keinen von ihnen liefen, den Kommentaren der Auswerter zufolge, derzeit irgendwelche Ermittlungen.
Die Botschaft an sie alle war identisch: Wir erhalten eine Spende, der barmherzige Allah in seiner unermeßlichen Güte hat uns eines großen, eines historischen Geschenks für wert erachtet. Eine Absonderlichkeit war all diesen Gesprächen gemeinsam: Dr. Abdullah stellte es – nicht sehr überzeugend – so hin, als handelte es sich bei dem Geschenk um amerikanischen Reis und nicht um amerikanische Dollars. Und aus Millionen wurden in seinem schlichten Code Tonnen.
Die Verschleierung war laut mitgeliefertem Kommentar reine
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