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Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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hier in Hamburg schwerer haben als sonstwo in Deutschland?«
    »Hamburg wird mein Zuhause sein, Herr. Es ist der Platz, wo sie mich gebracht haben. Es ist Allahs göttlicher Wille.«
    »Wer hat dich hierhergebracht? Wer sind sie?«
    »Es war Kombination, Herr.«
    »Eine Kombination aus was?«
    »Vielleicht türkische Leute. Vielleicht tschetschenische Leute. Wir zahlen sie. Sie bringen uns zu ein Schiff. Packen uns in ein Container. Container mit fast kein Luft drin.«
    Der Schweiß brach Issa aus, aber Melik war schon zu weit vorgeprescht, um noch einen Rückzieher zu machen.
    »Vt^ir? Wer ist wir?«
    »War Gruppe, Herr. Von Istanbul. Schlechte Gruppe. Schlechte Männer. Ich habe kein Respekt für diese Männer.« Wieder dieser überhebliche Ton, selbst in stockendem Türkisch.
    »Wie viele wart ihr?«
    »Vielleicht zwanzig. Container war kalt. Nach paar Stunden sehr kalt. Diese Schiff ging nach Dänemark. Ich war glücklich.«
    »Nach Kopenhagen, meinst du? Kopenhagen in Dänemark? Die Hauptstadt.«
    »Ja« – munterer jetzt, so als sei Kopenhagen ein guter Einfall »nach Kopenhagen. In Kopenhagen soll kommen neuer Plan für mich. Plan, der mich wegholt von schlechten Männern. Aber dies Schiff ging nicht gleich nach Kopenhagen. Dies Schiff muß erst nach Schweden. Nach Göteborg. Ja?«
    »Es gibt einen schwedischen Hafen, der Göteborg heißt, glaub ich«, räumte Melik ein.
    »In Göteborg das Schiff soll Fracht mitnehmen, dann weiterfahren nach Kopenhagen. Als Göteborg kommt, sind wir alle krank, alle hungrig. In Schiff sie sagen uns: ›Kein Lärm machen. Schweden böse Leute. Schweden töten euch.‹ Wir machen kein Lärm. Aber Schweden gefallen nicht unser Container. Schweden haben Hund.« Er überlegte kurz. »›Wie ist dein Name, bitte?«‹ donnerte er plötzlich, so laut, daß Melik hochfuhr. »Wo hast du Papiere, bitte? Du bist von Gefängnis? Welche Verbrechen, bitte? Du bist geflohen von Gefängnis? In welcher Art, bitte?‹ Ärzte sind tüchtig. Ich bewundere diese Ärzte. Sie lassen uns schlafen. Ich bin dankbar zu diese Ärzte. Eines Tages werde ich ein Arzt wie sie sein. Aber so Gott will, muß ich fliehen. Nach Schweden fliehen geht nicht. Sie haben Natodraht. Viel Wachmänner. Aber auch Toilette. Toilette mit Fenster. Nach Fenster ist Tor zum Hafen. Mein Freund kann diese Tor öffnen. Mein Freund ist von Schiff. Ich komme zurück zum Schiff. Das Schiff bringt mich nach Kopenhagen. Endlich, sage ich. In Kopenhagen steht Laster nach Hamburg. Ich verehre Allah, Herr. Aber ich verehre auch den Westen. Im Westen ich kann frei sein, IHN anzubeten.«
    »Du bist mit einem Laster nach Hamburg gekommen?«
    »War arrangiert.«
    »Ein tschetschenischer Laster?«
    »Erst bringt mein Freund mich zu Straße.«
    »Dein Freund aus der Besatzung? Dieser Freund? Der Typ vom Schiff?«
    »Nein, Herr. War anderer Freund. War schwer, zu Straße zu kommen. Eine Nacht, wir schlafen in Wiese.« Er sah auf, und in seine ausgemergelten Züge trat momentlang ein Ausdruck reinen Glücks. »So viel Sterne. Gott ist barmherzig. Lob sei Gott.«
    Melik, der so viel Aberwitziges erst einmal verdauen mußte, beschämt durch die Inbrunst der Erzählung und zugleich erbittert über ihre vielen Lücken und sein eigenes Unvermögen, sie zu schließen, merkte, wie es ihm in Armen und Fäusten zu kribbeln begann vor lauter Ohnmacht und wie seine Muskeln sich anspannten.
    »Und wo hat er dich abgesetzt, dieser Zauberlaster, der da aus dem Nichts aufgetaucht ist? Wo hat er dich abgesetzt?«
    Aber Issa hörte nicht mehr zu, wenn er denn überhaupt zugehört hatte. Urplötzlich – schien es zumindest dem braven, wenngleich begriffsstutzigen Melik – brach sich, was immer es war, das sich in ihm angestaut hatte, Bahn. Schwankend kam er auf die Füße und schleppte sich, die Hand vor den Mund gepreßt, zur Tür, kämpfte mit ihr, obwohl sie nicht abgesperrt war, und taumelte die Diele entlang ins Bad. Sekunden später hallte ein Würgen und Stöhnen durchs Haus, wie es Melik seit dem Tod seines Vaters nicht mehr vernommen hatte. Ganz langsam nur ließ es nach, dann hörte man Wasser platschen, die Badezimmertür öffnete und schloß sich, und die Leitersprossen knarzten leise, als Issa sich nach oben stahl. Woraufhin sich tiefes, unheilverkündendes Schweigen herabsenkte, alle Viertelstunde unterbrochen durch das Tschilpen von Leylas elektronischer Vogeluhr.
    * * *
    Nachmittags um vier kam Leyla mit Einkaufstüten beladen zurück, deutete

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