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Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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die sie hier beschrieb.
    »Es gab andere, die vorwitziger waren, Herr Schneider«, monierte sie, aber voll Nachsicht. »Sehr vorwitzig sogar, wenn ihnen das nur Mr. Edwards Aufmerksamkeit sicherte.« Ein Name wie ein Kleinod, wie ein kostbarer Besitz. »Aber das war nicht mein Stil, o nein. Es war meine Zurückhaltung, nicht meine Vorwitzigkeit, die ihn auf mich aufmerksam machte. Das hat er mir selbst gesagt. ›Elli, wenn du ein Mädchen für alles suchst, nimm lieber eins aus den hinteren Reihen.‹ Das war seine derbe Seite, die da sprach«, fügte sie verträumt hinzu. »Damit hatte ich nicht gerechnet, mit dieser derben Seite an ihm. Daran mußte ich mich erst gewöhnen. Man erwartet so etwas nicht bei einem so feinen Herrn wie Mr. Edward. Aber dann war es in Ordnung. Es war echt«., sagte sie stolz und verstummte erneut.
    »Und Sie waren gerade mal – wie alt waren Sie damals?« erkundigte sich Bachmann nach einer Weile, so behutsam er konnte, um nur ja den Bann nicht zu brechen.
    »Zweiundzwanzig, aber mit den besten Abschlußnoten. Mein Vater war gestorben, als ich noch sehr jung war, wissen Sie. Wie, darüber wurde der Mantel des Stillschweigens gebreitet, das sage ich Ihnen ganz offen. Er hat den Strick genommen – hieß es, aber nie offiziell. Wir waren ja Katholiken. Der Bruder meiner Mutter war Priester in Passau und nahm uns in seiner Güte bei sich auf. Wie es sich für einen Passauer Priester gehört. Nur entwickelte er im Laufe der Jahre eine übermäßige Zuneigung zu mir, darum hielt ich es für geraten, für meine Sekretärinnenausbildung nach Wien zu gehen, sosehr das meiner Mutter ins Herz schnitt. Ja. So war das. Er hat sich an mir vergangen, wenn Sie es unbedingt wissen müssen. Damals begriff ich das gar nicht richtig. Wenn man unschuldig ist, begreift man vieles nicht.«
    Wieder versank sie in Schweigen.
    »Und Brue Frères war Ihre erste Anstellung«, sagte Bachmann vorsichtig.
    »Ich kann Ihnen nur sagen«, beantwortete Frau Ellenberger eine Frage, die er nicht gestellt hatte, »daß Mr. Edward mich immer vorbildlich behandelt hat.«
    »Daran würde ich niemals zweifeln.«
    »Mr. Edward war der Anstand in Person.«
    »Meine Behörde stellt das nicht in Abrede. Wir sind der Ansicht, daß er auf Abwege gelockt wurde.«
    »Er war britisch im besten Sinne. Wenn Mr. Edward sich mir anvertraute, fühlte ich mich geschmeichelt. Wenn er mich einlud, ihn zu begleiten, etwa zu einem kleinen Dinner after a long day’s work, bevor er heimging zu seiner Familie, war ich stolz, daß er mich wählte.«
    »Wer wäre das nicht? Niemand.«
    »Daß er vom Alter her nicht nur mein Onkel hätte sein können, sondern praktisch mein Großvater, beunruhigte mich nicht über Gebühr«, fuhr sie fort, streng, wie fürs Protokoll. »Die Aufmerksamkeiten eines älteren Mannes war ich ja schon gewohnt, die nahm ich als normal hin für ein Mädchen in meiner Lage. Nur daß in Mr. Edwards Fall mehr Verve dahinter war. Er war nicht mein Onkel. Als ich meiner Mutter erzählte, was vorgefallen war, konnte sie an der Situation nichts Schlechtes finden, ganz im Gegenteil, sie riet mir dringend, sie nicht durch kleinliche Einwände aufs Spiel zu setzen. Mr. Edward hatte nur einen einzigen Sohn zu bedenken, da würde er ein hübsches junges Mädchen, das ihm auf seine alten Tage liebevolle Freundschaft bewies, doch sicher nicht vergessen.«
    »Und das hat er auch nicht, oder?« half Bachmann nach und ließ den Blick anerkennend durchs Zimmer wandern, aber sie war ihm schon wieder abhanden gekommen – und fast schien es ihm, auch sich selbst.
    »Und an welchem Punkt genau, Frau Ellenberger«, setzte er unverdrossen zu einem neuen Vorstoß an, »wurde Ihr gemeinsames Glück, wenn ich es so formulieren darf, durch das Auftauchen von Oberst Karpow getrübt?«
    Hatte sie ihn wirklich nicht gehört?
    Nach wie vor nicht?
    Ihre Augenbrauen hoben sich fast bis zum Haaransatz. Sie legte den Kopf schräg, als würde sie lauschen. Was folgte, war eine weitere Aussage fürs Protokoll:
    »Grigorij Borisowitsch Karpow trat als Frères-Kunde auf den Plan, als meine Beziehung zu Mr. Edward gerade ihre volle, ganz und gar ungeahnte Blüte erreichte. Ich hätte damals nicht zu sagen gewußt, welches Ereignis zuerst kam, und ich weiß es bis heute nicht. Mr. Edward, anders kann ich es nicht beschreiben, durchlebte seine zweite oder dritte Jugend. Seine Aufmerksamkeiten ließen nichts zu wünschen übrig, und er bewies mehr

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