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Marionetten

Marionetten

Titel: Marionetten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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der wir über Oberflächlichkeiten nicht hinausgekommen sind. Immer alles nur zum Schein. Alles an Findlay war vorgetäuscht. Unsere angebliche Vertrautheit am Telefon hätte in der Wirklichkeit nie und nimmer Bestand gehabt. Mr. Edward wünschte, daß ich zu seiner Impertinenz gute Miene machte, also machte ich gute Miene.«
    »Weshalb sind Sie so sicher, daß Findlay hinter den Lipizzanern steckte?«
    »Er hat sie sich ausgedacht!«
    »Gemeinsam mit Karpow?«
    »Teilweise gemeinsam mit Anatolij als Karpows Mittelsmann. Soweit ich das mitbekommen habe. Aus der Ferne. Aber die Idee stammte von ihm ganz allein. Er hat sich gebrüstet damit. Meine Lipizzaner. Mein kleines Gestüt. Mein Mr. Edward, hieß das eigentlich. Es war alles von ihm eingefädelt. Der arme Mr. Edward hatte gar keine Chance. Er wurde umgarnt. Erst der ach so reizende Anruf, um den Termin zu vereinbaren – privat und persönlich natürlich, nur sie beide, ganz inoffiziell. Dann die schmeichelhafte Einladung in die Britische Botschaft auf ein Gläschen mit dem Botschafter, um die Sache amtlich zu machen. Wie denn amtlich, bitte schön? An den Lipizzanern war nichts amtlich. Sie waren das genaue Gegenteil von amtlich. Ruhiggespritzt und mit gefesselten Vorderläufen, so sind sie ins Rennen gegangen. O-beinige Schindmähren, die als Vollblüter verkauft wurden!«
    »Stimmt ja, die Botschaft«, nickte Bachmann vage, als wäre ihm die Botschaft momentan entfallen gewesen – denn wer halbwegs gewieft im Vernehmen ist, tritt schließlich nicht die Tür ein. Aber von der Britischen Botschaft hörte er hier zum erstenmal, und Erna Frey würde es ebenso gehen. Nichts in Frau Ellenbergers Erklärung vor sieben Jahren hatte sie darauf vorbereitet, daß die Britische Botschaft in Wien mitgemischt haben könnte.
    »Wie war das gleich wieder mit der Botschaft?« fragte er in gespielter Verlegenheit. »Wenn Sie mir da noch mal kurz auf die Sprünge helfen könnten, Frau Ellenberger. Anscheinend habe ich meine Hausaufgaben doch nicht so gründlich gemacht, wie wir dachten.«
    »Mr.  Findlay hatte sich ursprünglich als britischer Diplomat vorgestellt«, erwiderte sie ätzend. »Als informeller Diplomat, wenn eine solche Spezies existiert, was ich bezweifle.«
    Nach Bachmanns Miene zu schließen, bezweifelte er es ebenfalls, auch wenn er dieser Spezies selbst angehört hatte.
    »Später hat er sich dann als Finanzberater ausgegeben. Wenn Sie mich fragen, war er eins so wenig wie das andere. Er war ein Scharlatan und sonst gar nichts.«
    »Das heißt, die Lipizzaner haben ihr Dasein mit freundlicher Genehmigung der Britischen Botschaft in Wien begonnen«, sinnierte Bachmann laut. »Ja, natürlich. Jetzt fällt es mir wieder ein. Verzeihen Sie meinen kleinen Lapsus.«
    »Wenn Sie mich fragen, ist der ganze Plan dort ausgeheckt worden. An dem Abend, als Mr. Edward von diesem ersten Treffen in der Botschaft zurückkam, hat er mir die Idee in ihren Grundzügen umrissen. Ich war entsetzt, aber es stand mir nicht zu, es zu zeigen. Alles, was danach an Verfeinerungen und Verbesserungen vorgenommen wurde, folgte ausnahmslos aus Beratungen mit Mr. Findlay. Teils irgendwo im Ausland, teils in Wien, aber immer schön weit weg von der Bank, und am Telefon nur in einer verkünstelten Geheimsprache, die Mr. Edward auch noch als Wortcode bezeichnete. Es war ein Ausdruck, den ich von ihm bis dahin nie gehört hatte. Guten Abend, Herr Schneider.«
    »Guten Abend, Frau Ellenberger.«
    Aber Bachmann rührte sich nicht. Und sie genausowenig. Nie in seiner ganzen Laufbahn, bekannte er hinterher Erna Frey, war er einem Gefühl von Telepathie so nahe gewesen. Frau Ellenberger hatte ihn zum Gehen aufgefordert, doch er war nicht gegangen, weil er spürte, daß sie unbedingt noch etwas loswerden wollte, sich aber scheute, es auszusprechen. Ihr Loyalitätssinn kämpfte mit ihrer Erbostheit. Abrupt trug die Erbostheit den Sieg davon.
    »Und jetzt ist er zurückgekommen«, flüsterte sie mit weit aufgerissenen Augen. »Und diesmal hat er es auf den armen Mr. Tommy abgesehen, der nicht halb soviel Manns ist wie sein Vater. Ich habe seine Stimme durchs Telefon riechen können. Ich habe den Schwefel gerochen. Er ist ein Beelzebub. Foreman nennt er sich dieses Mal. Foreman. Der Boß. Immer muß er überall der Boß sein. Nächste Woche heißt er wahrscheinlich Five man!«
    * * *
    Keine hundert Meter von der Stelle, wo Bachmanns Auto wartete, begann ein Wäldchen, durch das ein schmaler

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