Mark Beamon 01 - Der Auftrag
sich bloß dabei gedacht, so mit dem Direktor zu reden?«
Beamon stieß sich kräftig vom Tisch ab, sodass sein Stuhl ein gutes Stück zurückrollte. »Warum denn nicht, verflucht noch mal? Calahan war einige Jährchen als Richter tätig und spielt Golf mit ein paar miesen Politikern – qualifiziert ihn das etwa dazu, mir zu sagen, wie ich meine Ermittlungen führen soll? Es wäre direkt zum Lachen, wenn es nicht zwanzigtausend Tote gäbe.«
Laura setzte sich auf den Stuhl neben ihn. »Okay, Calahan ist ein Idiot. Das ist kein Grund, dass Sie dauernd auf dem Selbstzerstörungstrip sind. Langsam wird man diese Masche ein wenig leid, Mark.«
»Ich bin’s auch leid, das können Sie mir glauben.« Laura schlug spielerisch mit der Faust gegen sein Knie. »Dann wollen wir besser zusehen, dass wir diesen Kerl schnappen, damit Sie zurück nach El Paso kommen, ehe Calahan Sie noch zum Hausmeister degradiert. Haben Sie einen Plan?«
»Ich denke, wir müssen ihn zur Fahndung ausschreiben. Hobart ist ein gerissener Hundesohn. Ich kann Ihnen beinahe garantieren, dass wir ihn bis heute Abend nicht fassen werden.«
»Das soll man den Polizeikräften am besten bei der morgendlichen Dienstbesprechung mitteilen. So können wir zumindest verhindern, dass es über Funk durchgegeben wird.«
Beamon nickte. »Darf ich ein paar Vorschläge machen?« Laura lächelte. »Ich glaube, ich habe noch nie gehört, dass Sie schon mal etwas vorgeschlagen haben. Anscheinend verbessert es Ihre Umgangsformen, für ein nettes kleines Mädchen zu arbeiten.«
»Darauf verlassen Sie sich mal lieber nicht.«
»Tue ich auch nicht. Also, was schlagen Sie vor?«
»Nun, wenn sich herausstellt, dass Hobart nicht in seinem Haus wohnt – und damit rechne ich –, muss er irgendwo anders leben, vermutlich in einem Mietshaus. Lassen Sie von einigen Jungs eine Liste aller Häuser erstellen, die ungefähr zu dem Zeitpunkt vermietet wurden, an dem die Nachbarn ihn nicht mehr gesehen haben. Das müsste man durch Makler und alte Zeitungen herausfinden können.«
»Sonst noch was?«
»Ja. Sobald er hört, dass wir hinter ihm her sind, wird er sich ein anderes Auto zulegen – falls er es nicht bereits getan hat. Die Mietwagenfirmen rund um Baltimore sollen uns von jedem einzelnen Kunden Führerscheinkopien faxen. Damit können wir gleich morgen früh anfangen.«
Laura nickte und machte sich auf ihrem Block Notizen.
»Haben Sie das wirklich über mich gesagt?«
»Was?«
»Sie wissen schon. Dass ich einer der besten Ermittler sei.«
Beamon lächelte. »Nee. Der gute Tom ist ein bisschen senil und bringt immer alles durcheinander. Ich hab schon seit Jahren meine liebe Not, das zu vertuschen.«
Officer Larry McFee hielt in der West Baltimore Street hinter einem anderen Streifenwagen. Er schaltete das Blaulicht ein, stieg aus und schob seinen Schlagstock in den Gürtel.
Eine kleine Gruppe Neugieriger hatte sich vor einem heruntergekommenen Reihenhaus versammelt. Fälle von häuslicher Gewalt waren zwar nichts Besonderes in dieser Gegend, aber immer eine interessante Ablenkung – eine kurze Unterbrechung der Langeweile an diesem ungewöhnlich warmen Märznachmittag.
McFee schob sich wortlos durch die Menge, die ihm nurwiderwillig Platz machte, um ihren mangelnden Respekt für das Gesetz zu demonstrieren. Er hasste Ehestreitigkeiten mehr als irgendwelche anderen Einsätze. Sie waren gefährlich und meist sowieso reine Zeitverschwendung. Zu einer Anklage kam es fast nie.
Das Reihenhaus war in vier kleine Wohnungen unterteilt. Eine Tür am rechten Ende des Korridors stand weit offen, und das Geschrei nahm an Lautstärke zu. Er umfasste seinen Schlagstock und trat mit energischen Schritten ein.
Ein untersetzter Farbiger, ungefähr fünfundvierzig Jahre alt, dessen nackte Brust blutverschmiert war, bedrohte mit einem Nudelholz einen jungen Polizisten, der eine 38er auf seinen Kopf gerichtet hatte. Immer wieder brüllte er ihn an, das Nudelholz fallen zu lassen und sich auf den Boden zu legen. McFee zog eine Grimasse und blickte sich um. Hinter dem Sofa half eine stämmige Polizistin einer Frau auf die Füße. Ihr Gesicht sah aus, als stamme von dort das Blut auf der Brust des Mannes.
McFee schüttelte angewidert den Kopf und spürte den alten Hass in sich aufsteigen. Ein Freund von ihm war in einer ganz ähnlichen Situation getötet worden.
»Was zum Teufel ist hier los?«
Der junge Polizist schaute sich hastig zu ihm um und schien sichtlich erleichtert
Weitere Kostenlose Bücher