Mark Brandis - Salomon 76 (Weltraumpartisanen) (German Edition)
auch in den Ruf des Hoffnungslos-Rückständigen, in den Ruf eines Individualisten, auf den die Menschheit gut und gern verzichten konnte.
Da ich auf jegliche Form der Kritik verzichtete und mich überdies an die Gesetze hielt, fühlte ich mich trotz des herrschenden Terrors verhältnismäßig sicher, ja ich versuchte sogar, mir einzureden, daß es dieses Terrors bedurfte, um unsere Gesellschaft ein für allemal von allen schädlichen Elementen zu reinigen.
Meine Verhaftung erfolgte in aller Frühe. Meine Proteste verhallten ungehört. Man schaffte mich in das überfüllte Zuchthaus REHABILITATION. Dort blieb ich einen Tag lang bis zu meiner Aburteilung.
Das Verfahren war eine Farce. Ein einziges Mal in meinem Leben war ich mit Henri Villiers zusammengetroffen, und dies zu einer Zeit, als er noch amtierender Justiz- und Polizeiminister war. Dennoch wurde ich zu fünfundzwanzig Jahren Zwangsarbeit auf dem Uranus verurteilt.
Bezeichnenderweise wurden an diesem Tag alle Angeklagten mit dem gleichen Strafmaß belegt, wie geringfügig ihre Vergehen – sofern es solche überhaupt gab – auch zu bewerten waren.
Ich bat um die Vergünstigung, meinem Mann einen Brief zu schreiben. Dies wurde mir verwehrt, und zwar mit den Worten: »Wozu schreiben? Ihr Mann kommt auch noch dran!« Die Polizisten – so mein Eindruck – waren völlig von der Rechtmäßigkeit ihres Tuns überzeugt. Einer von ihnen erklärte sogar: Wenn es SALOMON 76 schon vor tausend Jahren gegeben hätte, wäre es um die Menschheit besser bestellt.
Ich zählte zu den wenigen, die sich mit dem ergangenen Urteil nicht abfinden wollten und darum auf Flucht sannen. Die Mehrheit der Verurteilten ergab sich stumpf in das ihnen zudiktierte Schicksal. Das von ihnen am häufigsten benutzte Argument war: »Subjektiv mag ich unschuldig sein, doch objektiv hat SALOMON 76 zweifellos recht.«
Vierundzwanzig Stunden nach meiner Verurteilung wurden mir meine Kleider abgenommen. Ich erhielt die übliche Anstaltskluft und wurde einem Transport zugeteilt, der Metropolis wenig später verließ.
Als Transporter diente ein langsames Frachtschiff vom Typ Najade. An Bord befanden sich rund tausend Verurteilte. Die Verhältnisse waren katastrophal. Die sanitären Anlagen reichten bei weitem nicht aus. Wasser und Verpflegung wurden nur in kleinsten Rationen ausgegeben. Jeden Tag gab es neue Todesfälle. Die Verstorbenen wurden ohne jedes Zeremoniell dem Raum übergeben.
Zu diesem Zeitpunkt gab es für mich keinen Zweifel mehr, daß mit SALOMON 76 etwas nicht stimmte. Doch dies laut auszusprechen wagte ich nicht, nachdem mir zu Ohren gekommen war, daß jede Kritik an dieser Instanz die Todesstrafe heraufbeschwor.
Kapitel 09
Pünktlich um 08.00 Uhr Metropoliszeit setzte ich meinen Helikopter auf der gepflegten Rasenfläche vor dem Hauptportal des Instituts für angewandte Elektronik auf. Ein uniformierter Portier kam schimpfend und gestikulierend auf mich zugeschossen; ich stellte mich taub, und als er, durchdrungen von der Wichtigkeit seines Amtes, Hand an mich zu legen versuchte, stieß ich ihn zur Seite.
All dies entsprach nicht meiner Art; an diesem Morgen freilich lag ich mit der ganzen Welt in Fehde, und der zeternde Portier kam mir gerade recht, um wenigstens einen Teil des in mir angesammelten Grolls loszuwerden.
»Sir«, keuchte er, »ich werde das zur Anzeige bringen!«
»Tun Sie das!« fuhr ich ihn an. »Na los, tun Sie das! Aber passen Sie nur auf, daß Sie nicht noch vor mir von SALOMON 76 gegriffen werden! Auf Leute Ihrer Art hat er‘s nämlich abgesehen. Haben Sie nie gelogen, gestohlen oder im Dienst ein heimliches Nickerchen gemacht? Ich an Ihrer Stelle würde ganz klein und häßlich tun.«
Der Portier wurde kreideweiß und zog sich zurück.
An ihm vorüber betrat ich das Gebäude, fand einen länglichen Tresen mit der Aufschrift EMPFANG und wandte mich an die dahinter befindliche Dame.
»Commander Brandis. Ich möchte zu Professor Kalaschnikow.«
Weder mein Name noch meine Uniform schien auf die Dame vom Empfang Eindruck zu machen.
Sie musterte mich kühl und kritisch. »Ich bedaure, Sir. Der Professor empfängt nur nach Voranmeldung. Rufen Sie ihn an, schreiben Sie ihm – vielleicht, wenn er Zeit hat, gibt er Ihnen dann einen Termin.«
Die Dame wandte sich ab. »Augenblick!« sagte ich scharf. »Die Angelegenheit duldet keinen Aufschub. Nennen Sie ihm meinen Namen – und ich bin sicher, daß er mich empfangen wird.«
Die Dame vom Empfang warf
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