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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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dich gut verstehen, Godagis! Aber du solltest nicht an Ingimundis Worten zweifeln. Ich bin sicher, er wird euch auch im kommenden Winter mit ausreichend Korn und Mehl versorgen, sodass ihr alle über den Winter kommen könnt.«
    Godagis spuckte aus. »Wir besprechen uns gerade, um zu entscheiden, wie es weitergeht. Eines ist aber sicher: Zum Thing wird es viele zornige Männer geben, die ihre Stimmen gegen Ingimundi erheben werden! Ingimundis Vater und die anderen Häuptlinge hatten mit den Römern vor vielen Jahren bereits Frieden geschlossen und seitdem lebten wir hier in Ruhe und Sicherheit, auch wegen der Tributzahlungen. Wir bestellten die Felder, züchteten Schweine und Rinder und gingen nebenbei auf die Suche nach den Eisenklumpen am Wiesenfluss. Seitdem aber Bliksmani und die Angrivarier Unruhen erzeugen und freie Männer sich wieder überall mit Waffen eindecken, sollen wir ausschließlich nach Eisen suchen und nichts anderes mehr tun! Die Gier nach dem Eisen war noch nie so groß. Wir sind wütend! Entweder Krieg und keine Tribute mehr oder Frieden und dafür Tributzahlungen an die Römer. Beides zusammen geht nicht!«
    Skrohisarn schwieg abwartend.
    Ein kurzer Moment unangenehmer Stille entstand, dann griff Skrohisarn hinter sich und in einen der zahlreichen Lederbeutel, die an seinem Pferd befestigt waren. Mit einer schnellen Bewegung seiner Hand warf er mir einen kleinen Beutel zu, den er aus dem größeren gezogen hatte. Die Handbewegung, die er dazu machte, deutete darauf hin, dass ich ihn offenbar an Godagis übergeben sollte.
    »Wir haben dir als Zeichen des Respekts natürlich etwas mitgebracht.«
    Ich überreichte Godagis den Beutel mit einer eleganten Geste. Wortlos öffnete er ihn und zog eine Handvoll eiserner Nägel heraus.
    Seine Augen leuchteten erfreut auf, offenbar hatte er ein so wertvolles Geschenk nicht erwartet. Schmiedbares Eisen war äußerst schwierig herzustellen, knapp und damit natürlich sehr kostbar. Alle Arten von Gebäuden wurden deshalb bis ins frühe Mittelalter hinein ausschließlich aus Naturstoffen wie Holz gebaut. Dabei musste die Stabilität insbesondere der tragenden Elemente regelmäßig überprüft werden. Fast jährlich wurden somit Teile der Bauwerke komplett erneuert, da die Witterung unerbittlich an Holz, Stroh und Lehm nagte. Mit eisernen Nägeln war es möglich, wichtige Verbindungselemente an oder in einem Gebäude dauerhaft zu sichern, ohne den regelmäßigen Austausch fauliger oder zerfressener Holzzapfen vornehmen zu müssen.
    »Ich danke dir vielmals, Schwager! Das ist ein sehr wertvolles Geschenk für uns und wir werden diese Eisenzapfen an den richtigen Stellen einzusetzen wissen. Aber – keine Gabe ohne Gegengabe! Seid meine Gäste und verlangt nach allem, was ihr braucht!«
    Er musterte auch mich wohlwollend und deutete dann mit einer Handbewegung auf die Ladung Eisenerz hinter sich auf dem Wagen. Ich schien nun irgendwie dazuzugehören und sein Ärger über Ingimundi war erst einmal verflogen. Wir konnten ohnehin nichts an der derzeitigen Situation ändern.
    Ich hatte den Eindruck, dass Godagis uns zwar nicht viel bieten konnte, aber immerhin verpflichtete er sich ernsthaft, alles dafür zu tun, dass es uns gut ging. Ich erkannte, dass in der Welt dieser Menschen alles auf dem Tauschen beruhte – nicht nur von materiellen Dingen. Es war undenkbar, etwas nur zu nehmen, immer wurde auch etwas gegeben, sei es eine Gabe oder eine Verpflichtung. Sie würden nun wohl ihr letztes Hemd opfern, um es uns recht zu machen.
    Godagis rief seiner Frau in dem Langhaus zu: »Schlachtet eine Sau und schenkt Honigwein aus! Heute Abend wollen wir meinem Schwager und seinem Gehilfen einen ehrenvollen Empfang bereiten!« Nun brach plötzlich freudige Hektik aus und alle eilten durcheinander. Die Aussicht auf einen kurzen Ausbruch aus dem tristen, harten Alltag beflügelte die Leute. Rund ein Dutzend Männer und Frauen, die ich bislang noch gar nicht bemerkt hatte, kamen aus den anderen Häusern, um zu unterstützen. Skrohisarn und ich standen einen Moment lang einfach nur da und beobachteten die Szenerie.
    Einige kräftige Frauen hatten sich einen großen Knüppel gegriffen und machten sich auf den Weg zu einem Schweinezwinger, der mit Weidenruten unter den Eichen und Buchen abseits der Häuser angelegt war.
    Kurz darauf hörten wir das erschreckend menschenähnlich klingende Kreischen der Schweine, die wohl ahnten, dass eines von ihnen gleich dem Totschläger zum Opfer

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