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Mark Bredemeyer

Mark Bredemeyer

Titel: Mark Bredemeyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Runenzeit 1- Im Feuer der Chauken (German Edition)
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kurze Zeit nach ihrem Aufbruch musste Julia sich frustriert eingestehen, dass sie ohne Licht in diesem dunklen Wald nicht weit kommen konnte – zumindest nicht, ohne sich der Gefahr ernsthafter Verletzungen auszusetzen. Außerdem waren ihre Filzpantoffeln bereits völlig durchnässt und feuchte Blätter klebten an ihren Füßen und Knöcheln. Ständig verlor sie einen – sei es, weil er an losen Zweigen hängen blieb oder weil ihre kalten, feuchten Füße aus den locker sitzenden Schuhen herausschlüpften. Panikartig tastete sie dann jedes Mal den Boden ab, um bloß keinen endgültig zu verlieren. Die Vorstellung, in der Nachtkälte auch noch mit nackten Füßen auf diesem Laubboden unterwegs sein zu müssen, war grauenhaft!
    Irgendwann hockte sie sich an einen Baumstamm und starrte leise und bitterlich schluchzend vor Angst in die Dunkelheit. Die Kälte der Nacht fraß sich unbarmherzig in jede Öffnung ihres Morgenmantels und durch den dünnen Stoff. Sie hatte sich die Kapuze über ihren Kopf gezogen, aber die viel zu dünne Pyjamahose hielt die Kühle nur unzureichend von ihren Beinen ab. Zitternd und schlotternd lauschte sie auf irgendein bekanntes Geräusch, doch sie hörte rein gar nichts!
    Die Angst hielt sie jedoch wach und schon bald wurde aus der tiefen Dunkelheit ein diffuses, gräuliches Dämmerlicht. Ihr Körper fühlte sich durch die stundenlange Kälte nur noch taub und dumpf an. Ihre nackten Knöchel und die Füße in den Hausschuhen spürte sie schon gar nicht mehr.
    Um sie herum erwachte der Wald ebenfalls langsam zum Leben, denn zahlreiche Vögel stimmten nun in ein gewaltiges Pfeif- und Zwitscherkonzert ein. Julia war maßlos darüber enttäuscht, dass sich das alles nicht als bloßer Traum herausstellte. Sie war tatsächlich hier, immer noch, der Wald war real, so wie die Kälte und ihr tauber Körper.
    Nach kurzer Zeit hatte die Dämmerung die Dunkelheit so weit verdrängt, dass sie ihre Umgebung mit ihren müden, verweinten Augen endlich genauer erkennen konnte. Geschockt hob sie beide Hände vor den Mund, betrachtete die sie umgebende fremdartige Kulisse und konnte ihre heißen Schocktränen nicht zurückhalten. Bebend und schluchzend starrte sie ungläubig das Gewirr von gigantisch dicken Baumstämmen, Felsbrocken und undurchdringlichem Gebüsch an. Alles war von Moosen und Flechten bewachsen, sah wild und beunruhigend ungebändigt aus.
    Nach einigen Minuten fing sie sich einigermaßen, rappelte sich langsam und etwas steif auf und begann, ein wenig auf der Stelle zu treten, um ihre eiskalten Beine wieder in Bewegung zu bringen. Mit dem Handrücken wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht, die unangenehm kühle Bahnen auf ihrer Haut gezogen hatten. Hilfe suchen, das war es, was sie jetzt dringend tun musste! Sonst würde sie hier noch erfrieren! Sie richtete ihren Morgenmantel so, dass möglichst viel von ihrem Körper bedeckt war, und setzte die Kapuze wieder auf. Dann lief sie los, dorthin zurück, von wo sie meinte, hergekommen zu sein.
    Stundenlang kämpfte sie sich durch das schwierige Gelände, wieder und wieder rief sie um Hilfe, doch sie hörte nie irgendein anderes Geräusch als das Rauschen der Äste im Wind und das vielfältige Konzert der Vögel.
    Plötzlich drang aus nicht allzu großer Entfernung ein mächtiges, tiefes Röhren zu ihr durch. Es klang so wild und urwüchsig, dass ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. Erschrocken fuhr sie zusammen und hockte sich im Schutze eines Findlings auf den Boden. Was war das? Sie wagte kaum zu atmen und wartete ab. Ein solches Röhren konnte nur von einem ziemlich großen Tier stammen! Ob es gefährlich war?
    Im nächsten Moment knackte es irgendwo im Gehölz und Äste brachen, beides ebenfalls in einiger Entfernung, aber trotzdem deutlich zu vernehmen. Zu erkennen war nichts; man konnte bei dem Gewirr aus umgestürzten Bäumen, mächtigen abgebrochenen Ästen, immergrünem Gestrüpp und herumliegenden Steinen sowieso nicht sehr weit schauen. Außerdem war das Gelände sanft hügelig. Offenbar brach irgendwo seitlich von ihr ein ziemlich großes Tier durch das Unterholz.
    Danach wurde es wieder ruhig und es waren bloß noch die Vögel und die sich im Wind wiegenden Baumkronen zu hören. Nach Hilferufen war ihr im Moment aber trotzdem nicht zumute, wer wusste schon, welche Kreatur sie damit auf sich aufmerksam machte.
    Hunger und Durst nahmen bei ihr in gleichem Maße zu wie Erschöpfung und die Angst vor einer weiteren Nacht

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